Tagesordnungspunkt 6
Erste Beratung
Entwurf eines Gesetzes zum Fünften Medienänderungsstaatsvertrag
Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 8/4240
Herr Robra steht bereits als Einbringer in den Startlöchern und hat nunmehr das Wort. -Bitte sehr.
Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat nach der Vorunterrichtung des Landtages und der Unterzeichnung durch die Ministerpräsidenten den Entwurf eines Gesetzes zum Fünften Medienänderungsstaatsvertrag eingebracht.
Der Gesetzentwurf beinhaltet die Anpassung des Medienstaatsvertrags als solchen und des Jugendmedienschutzstaatsvertrags an die europäischen Vorgaben des Digital Service Acts und an das Digitale-Dienste-Gesetz auf Bundesebene. Das Digitale-Dienste-Gesetz dient der Umsetzung des Digital Service Acts auf nationaler Ebene. Der Bundestag hat im März 2024 das DDG-Begleitgesetz verabschiedet. Mit beiden Gesetzen, auf nationaler und auf Länderebene, sollen Hass und Hetze sowie Desinformationen, illegale Inhalte und Produkte im Netz bekämpft werden. Der Digital Service Act trat am 16. November 2022 in Kraft und ist seit dem 17. Februar 2024 vollständig anwendbar. Die Übergangsfristen sind also abgelaufen.
Für sehr große Plattformen und Suchmaschinen, wie z. B. Google und Amazon, gelten aufgrund ihrer Reichweite besondere Vorschriften. Während diese von der Europäischen Kommission beaufsichtigt werden, werden kleinere Plattformen, von den - Europa hat das so formuliert - nationalen DSA-Koordinatoren beaufsichtigt. In Deutschland sind dies die Bundesnetzagentur sowie weitere zuständige Behörden, zu denen die Landesmedienanstalten gehören. Das haben die Länder ganz bewusst durchgesetzt, weil die Landesmedienanstalten bereits eine große praktische Anwendungserfahrung haben.
(Zustimmung bei der CDU - Marco Tullner, CDU: Bravo!)
Zudem enthält der Fünfte Medienänderungsstaatsvertrag klarstellende Anpassungen, etwa zur Verpflichtung, Regionalfensterprogramme in den reichweitenstärksten Fernsehvollprogrammen der beiden größten Sendergruppen Deutschlands auszustrahlen. Dazu gab es schlicht Veränderungen in den Reichweiten, die zu dieser Anpassung geführt hatten, weil unklar war, wie weit die bisherige Verpflichtung unter diesen veränderten Bedingungen weiterhin gilt.
Auf Initiative Sachsen-Anhalts ist mit den Ländern Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, die keine oder keine flächendeckenden regionalen Fenster haben, eine abgestimmte Protokollerklärung im Nachgang zur Vorunterrichtung ergänzt worden. Das haben wir im Ausschuss für Bundes- und Europangelegenheiten, Medien sowie Kultur so verhandelt. Der Ausschuss hat die Protokollerklärung ausdrücklich begrüßt.
Weitere Regionalfenster zu schaffen ist für Bayern und Nordrhein-Westfalen als Sitzländer privater Anstalten, die schon unter dem Druck der großen Plattformen stehen, ein absolutes No-Go. Dies wäre auch mit den Belangen unserer kleinen privaten Veranstalter, die ebenfalls unter Druck stehen, nur dann wirtschaftlich vertretbar, wenn die Sender verpflichtet würden, mit diesen, unseren kleinen Veranstaltern zusammenzuarbeiten. Das ist aber rechtlich nicht durchsetzbar.
In der Protokollerklärung wird deshalb die Fortsetzung der Bemühungen um Maßnahmen zur Sicherung regionaler und lokaler Medienvielfalt und um ein zukunftsfähiges Medienkonzentrationsrecht betont. Dabei sollen weiterhin ausdrücklich auch Regelungen einbezogen werden, die zur Vielfalt der Angebote beitragen können, ohne private Sender mit Regionalfenstern zu beauflagen, was, wie gesagt, aus verschiedenen Gründen nicht durchsetzbar ist. Der Protokollerklärung haben sich außerdem das Land Baden-Württemberg und das Saarland angeschlossen.
Wir hatten vor Jahren schon einmal eine Initiative, die darauf hinauslief, die privaten Veranstalter zu verpflichten, eine Abgabe an einen zentralen Fonds zu entrichten oder an eine zentrale Stiftung, die dann ihrerseits regionale Berichterstattung- diese allerdings durch unsere privaten Lokalen - finanzieren helfen könnte.
Uns ist die Stärkung und langfristige Sicherung der regionalen und lokalen Medienvielfalt ein extrem wichtiges Anliegen, weil die Bedeutung einer vielfältigen regionalen und lokalen Berichterstattung groß ist und Angebote für die freie und pluralistische Meinungsbildung zwingend erforderlich sind. Wir haben es deshalb auch zu einem Themenschwerpunkt des Vorsitzes der Regierungschefinnen und -chefs der ostdeutschen Länder gemacht. In der Sitzung der Ost-MPK - vereinfacht gesagt - in der nächsten Woche, am 18. Juni 2024, wird das Thema erörtert und eine Beschlussfassung angestrebt.
Öffentliche Anhörungen sind in den Staatsvertrag, dessen Ratifikation wir jetzt hier betreiben, eingeflossen. Sie waren vom 9. bis zum 24. November 2023. Im Anschluss an den Umlaufbeschluss der Regierungschefinnen und Regierungschefs wurden noch redaktionelle, rechtsförmliche Änderungen vorgenommen. Vom 27. Februar 2024 bis zum 7. März 2024 haben die Länder den Fünften Medienänderungsstaatsvertrag unterzeichnet, sodass die Ratifizierung jetzt ansteht. Er soll am 1. Oktober dieses Jahres in Kraft treten.
Das war das, was ich jetzt hier einzubringen hatte. - Danke schön.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Danke, Herr Robra. Es gibt eine Frage von Herrn Kosmehl und eine Frage von Frau Frederking. Aber zuerst Herr Kosmehl. - Bitte.
Guido Kosmehl (FDP):
Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrter Herr Robra, Sie werden es wahrscheinlich erwartet haben. Der Fünfte ist ja immer sozusagen der nach dem Vierten und vor dem Sechsten.
(Stefan Gebhardt, Die Linke, lacht)
Deshalb würde ich Sie, weil ich in meiner Rede darauf eingehen werde, einfach fragen, welcher Stand der Beratungen zum Reformstaatsvertrag
(Zustimmung von Stefan Gebhardt, Die Linke)
sich derzeit zwischen den Staatskanzleien abzeichnet.
Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):
Dass ich das nicht gut finde, dass wir das Medienrecht in Salamitaktik fortschreiben, habe ich hier schon beim letzten Mal deutlich gemacht. Nun besteht die Besonderheit, dass wir den Digital Services Act ratifizieren müssen. Das muss ja im europäischen Kontext geschehen. Ein föderal organisierter Staat wie die Bundesrepublik Deutschland braucht eben zwei gesetzgeberische Anläufe, einmal auf Bundesebene, einmal auf Landesebene. Deswegen konnte man sich dem jetzt nicht entziehen.
Wir haben jetzt auf Arbeitsebene einen Referentenentwurf für den Reformstaatsvertrag, über den wir in den nächsten Wochen verhandeln werden. Das Ziel ist nach wie vor, ihn bis zum Oktober zu finalisieren und dann auf die Reise zu bringen in der bekannten Weise, die im Einzelnen auszuführen hier den Rahmen sprengen würde. Aus der Sicht der Länder ist das ein ganz wesentlicher Punkt, der auch im Zusammenhang mit der Beitragsfestsetzung steht. Also, die Synergien, die dieser Reformstaatsvertrag zu heben vermag, an die die KEF auch noch ein Preisschild heften soll, könnten nach Auffassung der Länder dazu beitragen - ich weiß, dass die KEF das anders sieht , dass eine etwaige Beitragsanpassung moderater ausfällt. Vielleicht könnte auch ganz darauf verzichtet werden. Dass wir den 1. Januar als Termin für eine Beitragsanpassung ohnehin nicht erreichen, ist klar. Das hat viele Gründe, unter anderem die Wahlen in den drei Nachbarländern. Insofern ist auch für mich eine wesentliche Voraussetzung für eine geordnete weitere Diskussion über all diese Prozesse, dass der Reformstaatsvertrag wie geplant im Herbst fertig sein wird.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Dann haben wir noch eine Frage von Frau Frederking. - Sie haben das Wort.
Dorothea Frederking (GRÜNE):
Herr Robra, Sie haben die alte Idee erwähnt, eine Abgabe von RTL und Sat.1 zu erheben, die Mittel in einen Fonds zu packen, um damit Regionalfenster zu finanzieren. Meine Frage ist, bei dieser alten Idee, die ja eigentlich nicht mehr im Raum steht, aber dennoch interessant ist, wer sollte denn diese Regionalfenster nutzen und Sendungen mit dem zur Verfügung stehenden Geld ausstrahlen.
Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):
Diese zentrale Einrichtung, von mir aus gern eine Stiftung, sollte die privaten Lokalen in die Lage versetzen, im Verbund flächendeckend Regionalfenster auszufüllen. Das ist aus Gründen gescheitert, die ich gar nicht mehr im Einzelnen rekapitulieren kann. Die ersten Verhandlungen mit den Privaten hatten wir schon um die Jahre 2003, 2004 in Braunschweig geführt. Ich hatte auch persönlich das Gefühl, wir sind auf einem guten Wege. Das ist dann nicht mehr geschehen.
Seitdem verknüpfe ich es immer mit den Bestrebungen der westdeutschen Länder, das Medienkonzentrationsrecht zu stärken, was ja im Interesse der großen privaten Veranstalter liegt, die sich gerne aneinander und an anderen Gesellschaften beteiligen wollen, wobei es immer wieder verwunderlich war, dass die internationalen Konzerne Anteile erwerben konnten, aber das Medienkonzentrationsrecht Fusionen untereinander verhinderte. Wir sind auch dabei in den vergangenen Jahren nicht wesentlich weitergekommen. In diesem Kontext spielt das eine Rolle, weil auch etwaige Veränderungen des Medienkonzentrationsrechts der Sicherung der Vielfalt dienen.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Noch eine kurze Nachfrage, Frau Frederking.
Dorothea Frederking (GRÜNE):
Ich habe deshalb die Frage gestellt, weil Sie ja weiterhin dabei sind, die Vielfalt zu sichern und noch ein Konstrukt zu entwickeln für ein Regionalfenster in Anführungszeichen. Sie haben gesagt, damals sollte es aus einem Fonds finanziert werden. Jetzt sprechen Sie von einem Verbund aus privaten Fernsehsendern. Sollte das jetzt an mehrere gehen oder meinetwegen für das Regionalfenster XY an MDF.1? Das habe ich nicht verstanden.
Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):
Nein, es ging darum, einen Topf zu schaffen, um die kleinen privaten Lokalen in die Lage versetzen zu können, ihre Berichterstattung in den jeweiligen Ländern zu verstärken. Wir haben ja inzwischen ein kleines Förderprogramm aufgelegt, aus dem wir Mittel über die Medienanstalt ausreichen. Das soll in gewisser Weise einen substituierenden Effekt haben. Ich halte es nach wie vor für eines der wenigen klugen und auch funktionierenden Instrumente, um die Sicherung der regionalen Vielfalt so zu organisieren, dass die Belange der nationalen reichweitenstarken privaten Veranstalter und die Belange der privaten lokalen Veranstalter auf einen gemeinsamen Nenner kommen.