Marco Tullner (CDU):

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich war ganz kurz erschrocken, aber ich trete gern zurück, weil ich bekenne, ich bin auch Lions-Mitglied. Deswegen freue ich mich sehr, dass ich diese Gelegenheit habe, nach dem guten Begriff der Lions etwas zu sagen. 

Ich will freimütig bekennen, dass ich eigentlich für zwei Dinge dankbar bin. Erstens dafür, dass der Kollege von der AfD in das Thema überraschend sachlich eingeführt hat. Das hatte ich gar nicht erwartet.

(Oliver Kirchner, AfD: Oh!)

Ich finde, dass man bei allem Streit, bei allen Begrenzungen und bei allen Differenzen im politischen und akademischen Diskurs doch immer wieder eine gewisse Sachlichkeit an den Tag legen sollte. 

(Unruhe bei der AfD)

Das will ich an dieser Stelle anerkennen. 

(Eva von Angern, Die Linke: Ist das zynisch gemeint oder ist das ernst gemeint? - Hendrik Lange, Die Linke: Ja! Das meinen Sie doch nicht ernst, oder?)

- Ich weiß gar nicht, warum hier so große Unruhe aufkommt. 

(Eva von Angern, Die Linke: Nur, dass wir das für das Protokoll festhalten!)

Vielleicht habe ich die Gelegenheit, liebe Kolleginnen und Kollegen, meinen Redebeitrag zu Ende zu bringen. 

(Eva von Angern, Die Linke: Aber man erkennt doch Zynismus nicht immer!)

Dann überlasse ich ihn Ihrer kritischen Bewertung. Ich würde gern ungestört diesen Gedanken weiterführen. 

(Zustimmung von Stephen Gerhard Stehli, CDU)

Der zweite Punkt ist, dass ich dem Minister hundertprozentig beipflichte, weil ich denke, die Prinzipien und Kriterien, die er benannt hat, sind tragend und am Ende auch elementar für alles, was wir an der Stelle tun. 

Ich will, bevor ich meinen eigentlichen Gedanken zu Ende bringe, noch einen ganz kurzen Seiteneinstieg wagen. Ich war am Himmelfahrtstag im Gewandhaus zu Leipzig. Dort hat der, wie ich finde, große Schauspieler Klaus Maria Brandauer aus einem Buch gelesen, das heißt „Der menschliche Makel“ und ist von Philip Roth. Er hat aus einem Buch gelesen, das sehr kritisch und sehr reflektierend den akademischen Betrieb beleuchtet, mit den ganzen Schattierungen und Gefahren, die damit verbunden sind. Das will ich an dieser Stelle auch nicht aus dem Blick verlieren. 

Wir leben in Zeiten, in denen auch der akademische Betrieb sich über viele Dinge kritisch hinterfragen muss. Wenn wir nach Berlin gucken - der Minister hat darauf hingewiesen, dass wir hier in Sachsen-Anhalt sind und nicht nur über Dinge reden sollten, die anderswo problematisch sind - und auf die schwierigen Debatten - so will ich es einmal ganz neutral formulieren  , die durch den Nahostkonflikt in die Academia hineingetragen werden - das konnten wir, von Amerika kommend, auch in anderen Bereichen sehen  , dann müssen wir schon gucken, dass wir uns hier Pluralität, Meinungsfreiheit und Wissenschaftsfreiheit in allen Dimensionen bewahren. Dabei ist Sachsen-Anhalt, wie ich finde, im Moment eine sehr kostbare Insel. Damit komme ich zum Kern des Ganzen zurück. 

Ich bin froh darüber, dass wir eine Hochschullandschaft mit akademischer Selbstverwaltung und Rektorinnen und Rektoren haben, die es geschafft haben, uns aus diesem schwierigen Fahrwasser weitgehend herauszuhalten. Ob das ein momentaner Befund ist, der sich auch einmal ändert, das weiß ich nicht. In Halle ist man immer nah an Leipzig und in Leipzig gab es auch schon die eine oder andere Debatte. Das will ich einmal sagen. 

Auch ich erinnere mich an die Fridays-for-Future-Geschichten, die in Halle gelaufen sind. Aber die Rektorin hat auch hierbei klug und deeskalierend die politischen Stürme ein Stück weit so kanalisiert, dass die akademische Welt in ihren Grenzen das machen kann, was sie machen soll, einen Freiraum schaffen für Kreativität, für Forschung, für Forscherdrang, am Ende für das Verbessern der Welt. Das müssen wir uns, finde ich, in der Form erhalten. 

Weltverbesserei darf nicht in Politisiererei ausarten. Das können wir hier besser. Wir müssen es schaffen, diese Diskursfähigkeit, diese Pluralität an unseren Hochschulen zu bewahren. Dabei müssen wir aufpassen; denn es lauern hier und da Gefahren. Das will ich an dieser Stelle auch sagen. Und nicht erst seit Corona können wir, kritisch zurückblickend, sagen, wir alle haben die Wissenschaft manchmal ein bisschen einseitig bemüht, um sehr verengte Diskussionen zu führen, 

(Oliver Kirchner, AfD: Aha!)

die uns am Ende nicht nur geholfen haben. Daraus zu lernen und den Hochschulen einen Schutzraum der Freiheit zu bewahren, wäre ein wichtiges Anliegen. Wenn das der Kern der Debatte ist, dann bin ich nicht traurig darüber. Aber die Motivlage des Antrags 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Herr Tullner!


Marco Tullner (CDU): 

- damit ist mein letzter Satz erreicht - deutet auf anderes hin. Deswegen werbe ich sehr intensiv für unseren Änderungsantrag, den ich für außerordentlich gelungen halte und dem ich eine große Mehrheit in diesem Hause wünsche. - Vielen Dank. 

(Zustimmung bei der CDU)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Herr Tullner hat es mühelos geschafft, die zusätzliche Minute noch zu überziehen - Punkt 1. Punkt 2, Herr Tullner, es gibt keinen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, 

(Dr. Katja Pähle, SPD: Alternativantrag!)

aber Sie meinen möglicherweise den Alternativantrag.

(Marco Tullner, CDU: Ganz genau!)

- Gut, in Ordnung.

(Marco Tullner, CDU: Vielen Dank, Herr Präsident!)