Kerstin Eisenreich (Die Linke):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundesrepublik stellt 1 % der Weltbevölkerung, stößt aber 2 % klimaschädlicher Gase aus.
(Zuruf: Ja!)
Wir leben also weit über unsere Verhältnisse. Daher ist es logisch, dass wir beim Klimaschutz radikal umsteuern müssen. Dazu braucht es erneuerbare Energiequellen, die umweltfreundlich sind und das Klima weniger belasten. Aber - klar - der Motor beim Ausbau der erneuerbaren Energien ist insbesondere bei der Windenergie schon lange ins Stottern gekommen. So vergehen im Bundesdurchschnitt mehr als zwei Jahre von der Antragstellung bis zur Erteilung einer Genehmigung. Bis eine Windkraftanlage in Betrieb genommen werden kann, werden noch einmal durchschnittlich drei bis fünf Jahre ins Land gehen. Die Genehmigungsverfahren sind also viel zu lang, viel zu kompliziert. Darin sind sich die meisten im Hohen Hause einig.
Hinzu kommt, dass der Netzausbau in den Verteilnetzen hinterherhinkt und massive Engpässe beim Anschluss von Anlagen an das Stromnetz drohen, weil Netzanschlusspunkte fehlen. Obwohl die Energiewende und der Ausbau der erneuerbaren Energien nun schon seit vielen Jahren vorangetrieben werden und von vornherein klar war, dass die Verteilnetze an die neuen Anforderungen dezentraler Energieerzeugung angepasst werden müssen, wurde deren Ausbau bisher nicht mit gleichen Tempo forciert. Dabei rächen sich nun die langwierigen und bürokratischen Planungs- und Genehmigungsverfahren.
Und, ja, sehr umfangreiche Gesetzesvorgaben sind sowohl von den Antragstellern als auch von den Genehmigungsbehörden zu berücksichtigen. Denken wir nur einmal an die Historie des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Allein dieses Gesetz wurde über die Jahre in den Regelungen immer umfangreicher. Das ist mit einem erheblichen Aufwand an Personal, Zeit und Kosten verbunden. Immer noch müssen deswegen Antragsteller die gesammelten Werke der Antragsunterlagen ausgedruckt zu den Behörden bringen. Dabei kommen locker 15 Aktenordner zusammen.
(Zuruf von der FDP)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was für ein Irrsinn in Zeiten, in der die Digitalisierung selbstverständlich sein sollte.
(Zustimmung bei der Linken)
An dieser Stelle setzt nun der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Recht an. Ja, es beginnt bereits bei der Bekanntmachungspraxis. Es ist niemandem zu erklären, warum das nicht rein digital passiert. Wer - wie die Koalitionsfraktionen in ihrem Vertrag - Bürokratieabbau fordert, der muss genau hier ansetzen. Das Land Sachsen-Anhalt ist in diesem Bereich jedenfalls nicht früher aufgestanden.
(Zustimmung bei der Linken)
Musterunterlagen, standardisierte Anforderung an Gutachten, eine Katalogisierung von Auflagen, Nebenbestimmungen, ein breites automatisiertes System für notwendige Auskünfte bringen zahlreiche Vorteile. Diese werden sowohl in der Arbeit von Behörden als auch für die Antragsteller zu Vereinfachungen und im Übrigen zu mehr Transparenz führen; denn es ist nicht nachvollziehbar, warum auf der Genehmigungsebene oder sogar beim Personalwechsel während der Antragsbearbeitung unterschiedliche Auflagen und Anforderungen an Anträge gestellt werden.
Wir unterstützen die in Punkt 8 geforderte Möglichkeit, die Genehmigung schon zu erteilen, wenn der Baulastnachweis noch nicht in das Baulastenverzeichnis eingetragen worden ist, aber vom Eigentümer unterzeichnet wurde. Dabei vergehen tatsächlich einige Wochen bis Monate. Man kann diesen formalen Schritt nachvollziehen und erledigen, bis der Baustart überhaupt beginnen kann.
Zurückhaltend ist meine Fraktion im Hinblick auf Ihre Vorschläge zu einer Stabsstelle und einer Taskforce „Energiewende“. Ja, Gesetze und Verordnungen sind sehr umfangreich und ändern sich häufig. Die Genehmigungsbehörden müssen hier immer wieder auf den neuesten Stand gebracht werden. Aber: Vielleicht sollten wir an der Stelle besser auf vorhandene Ressourcen wie die Landesenergieagentur zurückgreifen. Auch sie berät in großem Umfang Kommunen.
Ob es für weitergehende Vorschläge zur Verfahrensbeschleunigung allerdings einer Taskforce mit Branchenvertreterinnen bedarf, ist aus unserer Sicht tatsächlich fraglich, weil wir der Auffassung sind, Branchen und Interessenverbände haben inzwischen sehr viele Vorschläge zur Verfahrensbeschleunigung vorgelegt. Der direkte Austausch wird bzw. sollte dazu stattfinden. Wie das in Sachsen-Anhalt umgesetzt werden sollte und richtig ist, ist zwingend im Landtag in den zuständigen Ausschüssen zu thematisieren.
(Beifall bei der Linken)
Die Standardisierung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen will gut überlegt sein. Ich verstehe Ihren Ansatz. Fraglich bleibt, wie dies konkret aussieht und wie praktikabel das vor Ort unter unterschiedlichen Gegebenheiten ist.
Letztlich möchte ich eindringlich auf die notwendige Akzeptanz der Energiewende und der erneuerbaren Energien in der Bevölkerung hinweisen, auch wenn das entsprechende Gesetz inzwischen auf den Weg gebracht ist. - Vielen Dank.