Franziska Weidinger (Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich einfach zu dem Antrag kommen. Mir ist das Anliegen der Industrie- und Handelskammern Halle-Dessau und Magdeburg durchaus bekannt und wichtig. 

(Zuruf von Holger Hövelmann, SPD) 

Die Hauptgeschäftsführer der IHK Halle-Dessau und der IHK Magdeburg haben sich im Dezember 2023 schriftlich mit einer Unterstützungsbitte wegen der gestiegenen Kriminalitätsbelastung im Einzelhandel an mich gewandt. Im Februar 2024 haben wir im Beisein der stellvertretenden Generalstaatsanwältin die Situation gemeinsam ausführlich erörtert. Insgesamt wurde das Gespräch als positiv und durchaus hilfreich aufgenommen. Wir haben uns dabei auf ein gemeinsames Maßnahmenpaket verständigt. 

Unter anderem sind gemeinsam mit den IHK regionale Veranstaltungsreihen für Unternehmen beabsichtigt. Hierzu sind Händler, Gastronomen und Dienstleister eingeladen. Auf den fortlaufenden Veranstaltungen sollen Informationen zur Prävention, zu Eigenaktivitäten der Unternehmen sowie zu Abläufen und Verfahren nach Anzeigenerstellung von Polizei und Staatsanwaltschaft gegeben werden. Konkrete Einzelheiten bleiben den notwendigen Schlussabstimmungen im Bereich der Kammern aber noch vorbehalten.

Das Anliegen der von den Kammern vertretenen Händler ist deshalb im Geschäftsbereich des Generalstaatsanwalts bereits bekannt. Dazu habe ich in den Beratungen des Rechtsausschusses am 3. April 2024 auch schon ausführlich berichtet. Die Nachfragen der AfD-Fraktion waren in dem Fall sehr spärlich.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Ja, das stimmt. - Guido Kosmehl, FDP: Eine!) 

Die im März 2024 veröffentlichten Geschäftszahlen der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg weisen einen landesweit erheblichen Anstieg der Anzahl der erfassten Diebstahltatverdächtigen aus. Dieser Anstieg liegt im bundesweiten Trend eines zu beobachtenden Anstiegs der Diebstahlzahlen nach einem zuvor deutlichen Rückgang im Zusammenhang mit den sogenannten Coronamaßnahmen.

Diesen Verfahrensanstieg bewältigen unsere Bediensteten in den Staatsanwaltschaften auch jeden Tag pflichtbewusst. Mein Haus unterstützt die personelle und notwendige Ausstattung der Staatsanwaltschaften und Gerichte permanent. Die Sachbehandlung von Ermittlungsverfahren wegen Ladendiebstahls durch die Staatsanwaltschaften hat dabei auch nur wenig Anlass zu Beanstandungen gegeben. So sind mir im Wege der Fachaufsicht keine konkreten Fälle angetragen worden, in denen sich die geschädigten Einzelhändler etwa mit einer Beschwerde an das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz wandten, weil sie mit Einstellungsentscheidungen der Staatsanwaltschaft unzufrieden waren. Ähnliches berichtete mir auch der Generalstaatsanwalt aus seinem Geschäftsbereich, in dem die Wiederaufnahmequote bei Beschwerden gegen Einstellungsbescheide der Staatsanwaltschaften generell zuletzt weniger als 1 % betragen hat.

Es besteht für mich daher kein Anlass, im Wege der Fachaufsicht behaupteten vermeintlich ungerechtfertigten Einstellungsentscheidungen im Einzelfall nachzugehen. Ein Zusammenhang mit der im Antrag ebenso wie im Alternativantrag unterstellten mangelnden Sensibilität der Staatsanwaltschaften für dieses Kriminalitätsphänomen zeigt sich offenbar auch nicht. Dies hat die Generalstaatsanwaltschaft im Gespräch mit den IHK auch betont. 

Vor diesem Hintergrund sehe ich keinen Anlass, die Staatsanwaltschaften anzuhalten, jeden einzelnen Ladendiebstahl ohne Geringfügigkeitsgrenze bis zur gerichtlichen Entscheidung zu verfolgen und damit die Möglichkeiten auszuschließen, die der Bundesgesetzgeber eben für eine anderweitige Erledigung in hierfür geeigneten Fällen gerade ausdrücklich vorgesehen hat. Dies gilt auch und gerade im Bereich des Jugendstrafrechts, wo die sorgfältige Auswahl der zur Einwirkung auf die Täterpersönlichkeit erforderlichen Sanktionen besonders wichtig erscheint und sich jeder schablonenhaften Bewertung von vornherein entzieht. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.