Tagesordnungspunkt 12

Beratung

Sicherung und Transparenz der Briefwahl

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/221

Alternativantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/256


Ich möchte Herrn Scharfenort um die Einbringung bitten.


Jan Scharfenort (AfD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich denke, in diesem Haus sitzt kein Abgeordneter, der gerne an den Stendaler Briefwahlbetrug erinnert wird; dennoch werde ich das heute tun.

Trotz zahlloser engagierter und ehrlicher Wahlhelfer gibt es auch immer einige schwarze Schafe. Wahlbetrug braucht nur wenige Beteiligte, um das Wahlergebnis signifikant zu beeinflussen. Ich möchte daran erinnern, dass der Wahlbetrug in Stendal kein Einzelfall ist. Die Untersuchungen haben damals offenbart, dass es in dem Landkreis sowohl bei der Landratswahl 2012 als auch bei der Kommunalwahl 2009 Fälschungen gab. Im selben Jahr übrigens bemängelte die OSZE die Briefwahl, wie sie in Deutschland durchgeführt wurde und immer noch wird; denn von der Organisation wurden vielfach Wahlmissbrauchsfälle gemeldet.

Aktuell hinterlässt die Bundestagswahl in Berlin einen unangenehmen Beigeschmack. Bei der Briefwahl konnten Minderjährige anonym nicht nur bei der Bezirksverordnetenversammlungswahl abstimmen, sondern auch bei der Bundestagswahl. Mittlerweile gibt es sichtbare Zweifel in der Bevölkerung an der Briefwahl. Eine INSA-Umfrage vom letzten August zeigte, dass 18 %, also fast ein Fünftel aller Wähler, weitreichende Wahlfälschungen erwarten. In Ostdeutschland lag der Wert sogar bei 32 % aller Wahlberechtigten. Unfassbar!

Gehen Sie, werte Mitglieder dieses Hohen Hauses, einmal in sich und stellen Sie sich die Frage: Wie viele Wahlskandale gab es bei der Wahl im Wahllokal und wie viele bei der Briefwahl? Bei den Antworten auf die beiden Fragen gibt es eine erhebliche Differenz, die den Vertrauensverlust begründet. Aus diesem Grund haben wir den Antrag gestellt. Unser Landeswahlgesetz und die Landeswahlordnung machen es den Betrügern zu einfach.

Welche Defizite wir haben, ging aus der Antwort auf unsere Kleinen Anfrage, Drucksache 8/43, hervor: Erstens gibt es keinerlei Vorschriften zur Versiegelung der Urne mit einem amtlichen Siegel der Gemeinde. Zweitens. Der Personenkreis, der Zugriff auf die eingetroffenen Briefwahlstimmen hat, ist nicht begrenzt. Drittens. Die Art und Weise, wie Stimmzettel vor der Wahl gelagert werden, ist nicht geregelt. Viertens. Die Stimmzettel sind nicht genormt. Jede Gemeinde kann hier machen, was sie will. In einem Land, in dem das Wort „Demokratie“ einen so hohen Stellenwert hat, ist das nicht hinnehmbar.

Mit zunehmender Anzahl an Briefwahlstimmen vergrößert sich logischerweise das Wirkungspotenzial des Betrugs an Stimmzetteln. Bei der Einführung der Briefwahl im Jahr 1957 wurde nicht vorgesehen, dass große Teile der Bevölkerung in dieser Form einmal votieren werden. In einigen Gemeinden werden die Urnen mit Vorhängeschlössern oder wenigstens Klebestreifen verschlossen. In anderen Gemeinden werden allerdings keinerlei solche Maßnahmen getroffen. Ohne eine amtliche Versiegelung der Urne besteht die Möglichkeit, diese zu öffnen und die darin enthaltenen Stimmzettel zu tauschen; denn im Gegensatz zur Wahl im Wahllokal sind die Briefwahlurnen tagelang unbeobachtet.

Ein anderes Thema ist die Auszählung. Erfreulicherweise lässt sich diese beobachten, wenn man denn weiß, wo und wann diese stattfindet; denn Auszählungsort und -zeit werden von den Ämtern im Regelfall nicht öffentlich bekannt gegeben. So etwas sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Erst auf Anfrage bekommt man den Ort mitgeteilt.

Wir, die AfD-Fraktion, wollen hier nachbessern. Die von uns vorgeschlagenen Änderungen der Wahlordnung und -gesetze des Landes beheben gravierende Sicherheitslücken bei einem minimalen Aufwand für die Gemeinden. Das ist erstens die ausschließliche Verwendung von amtlich versiegelten Wahlurnen. Das verhindert das Öffnen der Urne, da ein gebrochenes Siegel nicht so einfach zu ersetzen ist. Dem Herausnehmen und Ersetzen von Briefwahlstimmen wird somit also vorgebeugt.

Zweitens. Die Bekanntmachung von Auszählungsort und -zeitraum stellt für die Gemeinden keinerlei Herausforderung dar, hat aber einen großen Mehrwert für das Vertrauen der Wähler; denn letztendlich geht es um Vertrauen. Fragen Sie sich doch einmal, wie viel Vertrauen die Bürger aus Stendal noch haben, die um ihre Stimme betrogen wurden. Im Wahllokal gesagt zu bekommen, dass man schon per Brief gewählt habe, obwohl das nicht der Fall ist, welchen Eindruck hat man da von unserer Demokratie?

Vertrauen in unser Wahlsystem braucht Generationen, um sich aufzubauen. Mit nur einer schlechten Erfahrung wird dieses Vertrauen schlagartig eingerissen. Weit in die Vergangenheit muss man dabei nicht gehen. Ganz aktuell ist der Ablauf der Bundestagswahl in Berlin. Hier wird rasant das Vertrauen der Bürger in unsere Demokratie verspielt, und Deutschland macht sich international lächerlich.

Anstatt nun die Schuld bei Parteien oder Einzelpersonen abzuladen, sollten wir, die Legislative dieses Landes, anfangen, Systemlücken zu stopfen. Unser Antrag legt den Grundstein dafür und macht es Ihnen heute damit einfach.

Wir beantragen die Überweisung in den Ausschuss für Recht und Verfassung. - Vielen Dank.

(Beifall)