Dr. Katja Pähle (SPD):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Zu Beginn ein Service-Tweet für Herrn Kirchner: Die Farben dieser Koalition sind schwarz, rot und gelb,
(Zustimmung - Olaf Meister, GRÜNE, lachend: Ja! Das war die alte Rede!)
aber das übt sich noch.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass der Ministerpräsident heute seine Regierungserklärung abgegeben hat, ist ebenso wie die Konstituierung der Landtagsausschüsse in den letzten beiden Wochen ein untrügliches Zeichen. Die Legislaturperiode hat jetzt tatsächlich begonnen. Die neu gebildete Koalition nimmt in Parlament und Regierung ihre Arbeit auf.
Gleichzeitig stehen wir auch und gerade im Bund an einem Neubeginn. In Deutschland liegt ein politischer Aufbruch in der Luft - und dass nicht nur wegen neuer Mehrheiten und der Möglichkeit für einen Farbwechsel im Kanzleramt. Es geht um den Aufbruch in eine neue Politik, weil wir Herausforderungen meistern müssen, die keine Generation vorher hatte.
Ich finde, es ist ein besonders gutes Vorzeichen, dass Olaf Scholz diesen Aufbruch in eine neue Politik in den Geist des Respekts gestellt hat. Respekt ist dabei mehr als eine zwischenmenschliche Haltung. Respekt muss sich ausdrücken in konkreter, messbarer Wertschätzung für das, was Menschen leisten. Deshalb ist die Einführung eines Mindestlohns von 12 € so wichtig.
(Zuruf: Warum nicht 13?)
Denn es ist eben nicht respektvoll, Menschen für ihre Arbeit schlecht zu bezahlen, sodass sie davon nicht leben können und später die Rente nicht reicht. Gerade in Ostdeutschland, gerade in Sachsen-Anhalt mit noch immer zu niedrigen Löhnen und mit viel zu geringer Tarifbindung sind 12 € Mindestlohn ein messbarer praktischer Zugewinn für den Lebensalltag vieler Menschen.
(Zustimmung)
Das gilt auch für einen Vergabemindestlohn, den wir im Koalitionsvertrag für öffentliche Aufträge in Sachsen-Anhalt für die Fälle verankert haben, in denen nicht ohnehin Tarifverträge zugrunde gelegt werden können.
Der Begriff „Respekt“ hat aber über den Mindestlohn hinaus eine wichtige Bedeutung für Ostdeutschland. Denn wir können vielfach beobachten, dass sich das Gefühl der Nachwendezeit, dass die Arbeits- und die Lebensleistungen der Menschen in der DDR im gesamtdeutschen Maßstab nicht wertgeschätzt wurden, auch in späteren Generationen fortsetzt. Das ist 31 Jahre nach der Wiedervereinigung keine gute Grundlage für unser Gemeinwesen. Deshalb muss sich Respekt für unterschiedliche Lebenswege und Erfahrungswelten auch in der Korrektur von Fehlentscheidungen ausdrücken.
Ich bin deshalb sehr froh, dass wir hier in Sachsen-Anhalt im Koalitionsvertrag das Ziel verankert haben, dass der Bund gemeinsam mit den Ländern einen Gerechtigkeitsfonds auflegt, um zumindest einen teilweisen Ausgleich für die Berufsgruppen zu schaffen, deren DDR-Rentenansprüche mit der Überleitung in das gesamtdeutsche Rentenrecht entwertet wurden.
Ich habe in den letzten Monaten mit vielen Frauen und Männern gesprochen, die teilweise 30 Jahre lang Auseinandersetzungen, Einsprüche und Gerichtsverfahren hinter sich haben, aber letztlich mit ihren Forderungen an den wasserdichten Regelungen des Einigungsvertrages gescheitert sind. Diese Menschen warten auf ein Zeichen, dass ihr Anliegen gehört wird.
(Zustimmung)
Zu einer Kultur des Respekts gehört auch menschenwürdiges und bezahlbares Wohnen für alle. Ohne Frage gibt es in den Ballungsräumen eine schärfere Problematik als in den meisten Orten Sachsen-Anhalts. Aber auch in meiner Heimatstadt Halle kann man schon beobachten, dass die Sanierungsstrategien der großen Wohnungsunternehmen dazu führen, dass bestimmte Stadtviertel aufgrund stark steigender Mieten tendenziell nur noch von wohlhabenden Bevölkerungsgruppen genutzt werden können. Das zeigt, wie wichtig auch in unserem Land sozialer Wohnungsbau ist - sowohl im Bestand als auch beim Wohnungsneubau.
Was für viele Menschen aber aktuell noch drängender ist, ist die Problematik der zweiten Miete: das Risiko steigender Nebenkosten aufgrund höherer Energiepreise. Deshalb ist es wichtig, Klimaschutz nicht nur mit marktwirtschaftlichen Instrumenten über den Preis zu organisieren, sondern gleichzeitig sicherzustellen, dass die Vermieter in Energieeffizienz investieren und damit die Nebenkosten im Zaum halten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein politischer Aufbruch liegt in der Luft. Ich will deshalb einen Blick darauf werfen, wie unser Land in fünf, sechs, vielleicht zehn Jahren aussehen wird oder jedenfalls aussehen kann, wenn wir die neuen Herausforderungen ernsthaft angehen. Denn eines steht fest: Unser Land wird sein Gesicht verändern.
Fangen wir mit dem Offensichtlichen an: Die Energiewende wird kommen, auch wenn sich einige noch immer vorstellen mögen, sie können sich dagegen stemmen. Um genau zu sein: Wir sind schon mittendrin. Ich möchte meine Partei möchte alle demokratischen Kräfte dazu einladen, diesen technologischen und gesellschaftlichen Umbruch als große gemeinsame Chance zu betrachten, weil er neue Werte, neue Arbeitsplätze und neue Verdienstmöglichkeiten schafft, weil wir ihn gerecht und sozialverträglich gestalten können, weil wir dafür sorgen, dass alle daran teilhaben können, und weil er uns vor ökologischen und wirtschaftlichen Krisen bewahrt, die wir nicht mehr in den Griff bekommen könnten.
Eine gelungene Energiewende wird man dem Land ansehen. Wir werden sie in Energieparks überall im Land sehen. Wir werden uns daran gewöhnen, dass Solaranlagen auf jedem Dach dazugehören.
(Beifall)
Wir werden die Stromtrassen bekommen, die dafür sorgen, dass Strom aus erneuerbaren Quellen dort hingebracht wird, wo er gebraucht wird.
Olaf Scholz hat vor der Wahl nicht ohne Grund immer wieder darauf hingewiesen, dass diese Infrastruktur schnell aufgebaut werden muss und dass wir unser Planungsrecht dafür radikal beschleunigen müssen.
Diese sichtbaren Spuren im Land sind aber nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite wird man den Regionen, die für uns alle in Größenordnungen Windenergie und Solarstrom produzieren, aber auch ansehen, dass sie von dieser Entwicklung profitieren; denn die Dividende der Energiewende muss in den ländlichen Regionen ankommen; dafür müssen wir sorgen.
Wo Strom produziert wird, da müssen die Anwohnerinnen und Anwohner, da müssen die Kommunen an den Gewinnen teilhaben. Sie müssen die Chance bekommen, selbst in Projekte der Bürgerenergie zu investieren.
Überhaupt: Der ländliche Raum. Wir in Sachsen-Anhalt haben längst erkannt, was für ein Irrtum es ist, den ländlichen Raum als Defizitregion zu betrachten, als eine Art verhinderte Stadt. Nein, Leben, Arbeit und gesellschaftlicher Zusammenhalt auf dem Land haben eine eigenständige Qualität, die für uns und unser Land nutzbar ist. Es ist nicht zuletzt der technologische Fortschritt, der die Bedingungen dafür schafft.
Wenn wir bei der nächsten Etappe des Ausbaus der digitalen Infrastruktur die Fehler der Vergangenheit vermeiden, dann entstehen auch in Regionen, die für Außenstehende heute noch als abgehängt erscheinen mögen, neue Potenziale für Wertschöpfung und neue attraktive Chancen zum Arbeiten und zum Leben. Anders - vielleicht drastisch ausgedrückt -: Auch am Arsch der Welt kann man gutes Geld verdienen, wenn das WLAN stabil ist.
(Beifall)
Aber dafür darf man eben nicht zulassen, dass private Investoren ihren Gewinn maximieren, indem sie bei der Netzabdeckung neue Täler der Ahnungslosigkeit schaffen. „Flächendeckend“ heißt „flächendeckend“. Das muss für das schnelle Internet, für alle aktuellen Mobilfunkstandards und erst recht für 5G gelten. Ich möchte nie wieder etwas von der „letzten Milchkanne“ hören.
Wer in der Altmark oder im Mansfelder Land im Homeoffice oder in der eigenen Firma arbeitet, der braucht nicht nur virtuelle Netze, sondern auch persönliche Mobilität, der braucht vielleicht den Service von Lieferdiensten, und das alles CO2-neutral. Deshalb sind die Modellprojekte für umweltverträgliche Mobilität im ländlichen Raum, die wir im Koalitionsvertrag verankert haben, so wichtig, also Tür-zu-Tür-Verkehr, 24/7, ein 365-€-Ticket, flexible Anrufbusse. Und: Neben gestärkten leistungsfähigen öffentlichen Verkehrsmitteln wird sich auch der Individualverkehr verändern. Flächendeckend verfügbare Ladesäulen für Auto und Fahrrad und hoffentlich viele neue Radwege werden zu den Dingen gehören, die das Gesicht unseres Landes im Alltag verändern. Auch die Ergebnisse der Verkehrswende werden wir in wenigen Jahren sehen und hören.
Das Land wird sein Gesicht verändern und vieles, was uns heute altvertraut erscheint, wird uns in neuer Form begegnen. Ein Beispiel dafür wird die Krankenhauslandschaft sein. Wir alle sind uns einig darin, dass wir eine gute und hochwertige medizinische Versorgung in allen Regionen unseres Landes brauchen. Aber die Behandlungszentren von morgen werden sich in vielerlei Hinsicht vom klassischen Krankenhaus unterscheiden, nämlich erstens deshalb, weil sich stationäre und ambulante Behandlungen in Kombination anbieten - ein Ergebnis des medizinischen Fortschritts, der uns heute viele stationäre Aufenthalte erspart und zugleich eine große Chance ist, auch künftig die ganze Bandbreite medizinischer Angebote in allen Regionen des Landes zu sichern , und zweitens deshalb, weil die Telemedizin immer mehr Möglichkeiten bietet, auch in kleineren Krankenhäusern und Behandlungszentren, am Know-how von Spitzenmedizin und Forschung teilzuhaben.
Nicht nur das Gesicht des Landes wird sich verändern, auch die Gesichter der Menschen, die dort leben, werden sich verändern. Denn zu den Chancen, die eine neue Bundesregierung eröffnet, gehört auch eine neue, moderne Zuwanderungspolitik im Interesse unseres Wohlstands.
Die rechtlichen Voraussetzungen wurden in der letzten Wahlperiode im Bund im Wesentlichen schon geschaffen. Aber sie müssen jetzt auch offensiv genutzt werden. Dazu gehört eine Willkommenskultur in allen Regionen Sachsen-Anhalts. Denn es sind heute meist nicht die Arbeitsplätze, die uns fehlen, sondern die Menschen, die diese ausfüllen. Es ist unabweisbar: Wir brauchen zusätzliche Fachkräfte, ob im Tourismus, in der Industrie oder in vielen Dienstleistungsbereichen. Nicht der Geburtsort ist dabei entscheidend, sondern Qualifikation und Einsatzbereitschaft.
(Beifall)
Wenn wir die Voraussetzungen dafür hinbekommen, dass Menschen aus anderen Bundesländern, aus der Europäischen Union, aber genauso aus anderen Ländern Chancen für sich und ihre Familien in Sachsen-Anhalt sehen und ergreifen, dann bringen wir unser Land ein gutes Stück voran.
Umbrüche hat unsere Gesellschaft schon viele durchgemacht. Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen wir im Land, im Bund und zukünftig im Bundeskanzleramt dafür ein, dass es bei den jetzt vor uns liegenden Veränderungen in der Industriegesellschaft gerecht zugeht. Dass es gute Entwicklungsbedingungen für Stadt und Land gleichermaßen geben muss, hatte ich schon gesagt. Genauso müssen wir dafür sorgen, dass die Energiewende nicht nur auf dem Null-Energie-Stadthaus und dem Tesla vor der Tür beruht, sondern dass auch Mieterinnen und Mieter, Pendlerinnen und Pendler daran teilhaben.
Funktionieren kann das nur, wenn Klimaschutz zugleich ein industriepolitisches Projekt ist, ein Programm des sozialökologischen Umbaus der Industriegesellschaft. Für uns in Ostdeutschland und in Sachsen-Anhalt bedeutet das insbesondere, dass die neuen klimaneutralen Industrieinvestitionen dort ankommen, wo Arbeitsplätze in der traditionellen Energiewirtschaft wegfallen. Das Revier, seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, stehen dafür bereit.
Zur Gerechtigkeit gehört natürlich auch, dass die öffentlichen Kosten des Umbaus genauso wie die Folgekosten der Coronakrise solidarisch verteilt werden. Wie immer gilt: Starke Schultern können und müssen mehr tragen als schwache.
Ich will zum Schluss einen Punkt nennen, bei dem wir ganz besonders auf positive Veränderungen im Bund setzen. Neben vielen anderen Folgen hat die Coronakrise dazu geführt, dass ehrenamtliches Engagement schwieriger geworden ist. Viele Freiwillige haben sich zurückgezogen und wir wissen noch nicht, ob wir alle zurückgewinnen können. Wir unterstützen das im Land mit der Ehrenamtsstrategie. Was wir jetzt noch brauchen, ist Rückenwind aus dem Bund.
Es war fatal, dass das vom SPD-geführten Familienministerium fertig ausformulierte Demokratiefördergesetz in der letzten Legislaturperiode blockiert wurde. Gerade die, die sich unter schwierigsten Bedingungen für unsere Demokratie starkmachen, die Rechtsextremisten entgegentreten und Menschen über Verschwörungstheorien aufklären, brauchen ein solches Gesetz, das ihre Arbeit dauerhaft sichert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor sich jemand das mit den „Frühaufstehern“ ausdachte, warb Sachsen-Anhalt für sich mit dem Motto „Land der Reformation, Land der Reformen“. Das ist ein kluges Motto, weil es das große geistesgeschichtliche Erbe Mitteldeutschlands mit einem nach vorn gerichteten Gestaltungsanspruch von heute verband. Ich bin mir sicher, wenn wir die Reformen mutig anpacken und die Aufbruchstimmung von heute in die nächsten Jahre mitnehmen, dann bringen wir unser Land gemeinsam voran, im Bund genauso wie hier. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. - Da fällt mir gerade der Hashtag „#moderndenken“ ein. Also, wir entwickeln uns weiter. - Aber jetzt hat Herr Gallert eine Nachfrage.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
Frau Dr. Pähle, ich habe eine Nachfrage zu einer Redepassage von Ihnen. Es geht mir dabei um Folgendes:
Es gibt in der Koalitionsvereinbarung den kryptischen Satz, dass die Landesregierung an sich jetzt erst mal keine Krankenhausstandorte infrage stellen wolle. Das war auch immer die Position der vorhergehenden und jetzigen Sozialministerin. Jetzt haben Sie aber sehr viel über die dringende Modernisierung, die Veränderungen im stationären Krankenhausbereich, Telemedizin usw. gesagt.
Nun wissen Sie selbst, dass auch ich sehr intensiv in einer solchen Debatte in Havelberg stecke und sehe, dass man durchaus über Alternativen diskutieren kann. Aber diese Alternativen werden erst diskutiert als Legitimation für die Schließung eines Krankenhauses und später sehen wir mal, ob wir die irgendwie realisieren können.
Ich frage Sie: Ist das, was Sie gesagt haben, ein Abrücken von der Position der jetzigen und vorherigen Sozialministerin, dass die Krankenhausstandorte in Sachsen-Anhalt gesichert sein sollen?
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Bitte.
Dr. Katja Pähle (SPD):
Werter Kollege Gallert. Natürlich nicht! Aber Sie wissen sehr gut gerade das Beispiel Havelberg zeigt es , dass es Entwicklungen in der Krankenhausversorgung gibt, die einzelnen Standorten und Betreibern große Schwierigkeiten machen. Wir haben zum Beispiel auch in verschiedenen Fachabteilungen Probleme. Wir haben heute anfänglich schon über den ambulanten, über den niedergelassenen Bereich diskutiert: Findet man die notwendigen Fachärzte?
Es muss uns gelingen Havelberg ist mit der vorgelegten Idee einer „Nachgesundheitsversorgungseinrichtung“ ein gutes Beispiel , an den Standorten, an denen ein Krankenhaus anscheinend nicht tragfähig ist, weil die Fallzahlen nicht stimmen und weil keine Ärzte gefunden werden, die ambulante und die stationäre Versorgung unter einem Dach zu gewährleisten. Das kann nur gelingen, wenn der Bund das Finanzierungssystem für stationäre und ambulante Leistungen verändert. Die Kombination dieser beiden Leistungstypen unter einem Dach ist aktuell gesetzlich nicht möglich.
Ich kenne das von einem Beispiel in Halle, wo es ein Ärztehaus mit einer ganz kleinen Station gibt, auf der operierte Patienten über Nacht noch einmal kontrolliert werden. Die Finanzierung über die Krankenhäuser in diesem gemischten Modell ist eine unglaublich große Schwierigkeit. Diese Modelle einer wohnortnahen, spezialisierten Versorgung müssen wir aber möglich machen, um die Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten. Das ist kein Abrücken von der Aussage, dass wir politisch keine Krankenhäuser schließen werden. Diese Aussage gilt.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
Herr Präsident, gestatten Sie mir noch eine Nachfrage?
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Ja, die gestatte ich Ihnen.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
Das ist schön. - Es gibt einen Unterschied; deswegen frage ich Sie noch einmal. Diese kryptische Formulierung, nämlich „Wir werden keine politischen Entscheidungen treffen, Krankenhäuser zu schließen“, würde ohnehin nur die beiden Unikliniken betreffen, weil alle anderen nicht dem Land gehören. Das ist aber eine andere Zielstellung als die, nach der ich gefragt habe, Frau Dr. Pähle. Die Sozialministerin hat nämlich in der vergangenen Legislaturperiode die Zielstellung formuliert, alle Krankenhausstandorte zu sichern, und zwar unabhängig davon, ob sie dem Land oder jemand anderem gehören.
Dieses Modell des integrierten Gesundheitszentrums und das Problem der Finanzierung kennen wir beide wahrscheinlich besser als viele andere. Die Frage ist jedoch, ob ein solches Modell in Zukunft Krankenhausstandorte ersetzen soll oder ob die Standorte additiv gebildet werden sollen.
Dr. Katja Pähle (SPD):
Herr Gallert, Sie haben gerade selbst darauf hingewiesen, dass das Land im Krankenhausbereich mit zwei Universitätskliniken am Markt vertreten ist. Alle anderen Standorte werden von gemeinnützigen Institutionen oder von privatrechtlichen Institutionen geführt, geleitet und betrieben. Das macht doch schon deutlich, dass Veränderungen an den Standorten aus unterschiedlichsten Gründen gar nicht vom Land beeinflusst werden können. Unsere Aufgabe als Politik ist es, Gesundheitsversorgung sicherzustellen und deshalb auch stationäre Versorgung in ländlichen Regionen abzusichern. Um etwas Anderes geht es nicht.
Wenn Ameos sich entscheiden sollte die Diskussionen haben wir im Bereich Staßfurt alle schon einmal geführt , einen Standort zu schließen und der Kreistag das möglicherweise auch noch befürworten sollte, dann wird Sachsen-Anhalt als Land nichts dagegen tun können. Für den Fall jedoch, dass der Kreistag Nein sagt und wir die einzige Chance, das sicherzustellen, in einer Rekommunalisierung sehen, haben wir im Koalitionsvertrag auch für diesen Fall Vorsorge getroffen. Von der Warte her stärke ich meine Ministerin in ihrer bisherigen und auch zukünftigen Auffassung. - Vielen Dank.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. - Es gibt noch eine weitere Nachfrage von Herrn Waehler.
(Zuruf)
Von Herrn Lizureck, Verzeihung.
Frank Otto Lizureck (AfD):
Kein Problem. - Meine Frage bezieht sich auf Ihre Ausführungen hinsichtlich der energetischen Umwälzung in unserem Land. Eine breite Masse in der Bevölkerung zittert jetzt schon. Ich spreche dabei von dem sozialen Aspekt. In vielen Haushalten hängt jetzt schon ein Münzzähler, weil die Menschen ihre Rechnungen einfach nicht mehr bezahlen können. Können Sie mir versprechen, dass der Strompreis quasi der alte bleibt und die Kostensteigerungen hier irgendwie abgefedert werden?
Ich denke auch, dass viele Menschen, die mit dem Auto zur Arbeit fahren, wirklich erhebliche Probleme bekommen, weil sich Arbeit einfach nicht mehr lohnt. Sie haben erhebliche Aufwendungen, um zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen. Das ganze Modell trägt sich dann irgendwann nicht mehr. Ich habe wirklich die Befürchtung, dass die Dinge, die hier geplant sind, in den untersten sozialen Schichten überhaupt nicht abgefedert werden können. - Danke.
Dr. Katja Pähle (SPD):
Ich glaube, eine solche politische Zusage kann Ihnen niemand geben, allein schon aus dem Grund, dass wir hier auch abhängig sind von politischen Entscheidungen der Europäischen Union, von politischen Entscheidungen des Bundes und vor allen Dingen von das darf man an dieser Stelle einmal ausdrücklich betonen Marktmechanismen.
(Zustimmung)
Deshalb kann ich Ihnen diese Zusage nicht geben. Ich habe in meiner Rede zum Ausdruck gebracht, dass wir diese Folgen sehen und uns in dieser Regierung und sicherlich auch im Bund dafür einsetzen werden und dafür Sorge tragen werden, diese Folgen in einem vernünftigen Maß abzufedern, sodass tatsächlich das, was Sie gerade beschrieben haben, nicht zur Realität wird oder das, was schon Realität ist, zurückgedrängt wird. Eine andere Zusage kann Ihnen niemand geben.