Kathrin Tarricone (FDP):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich stehe vor Ihnen mit einem konstruktiven Beitrag.
(Beifall)
Im Grunde sind wir uns hier fast alle einig. Es wäre gut, wenn mehr Geräte repariert würden, anstatt sie wegzuwerfen. Das würde nicht nur Treibhausgas und Ressourcen sparen, die für die Produktion eines Ersatzgeräte emitiert oder gebraucht werden. Auch die heimische Handwerkerschaft hätte mehr zu tun. Dass wir als Freie Demokraten das natürlich sehr gern unterstützen würden, versteht sich von selber.
(Beifall)
Der Antrag der LINKEN verfehlt die in der Begründung aufgeführten Ziele jedoch deutlich, und zwar einfach deshalb -
(Zuruf)
- lassen Sie es mich bitte ausführen -, weil das thüringische Modell, das wir nach dem Willen der antragstellenden Fraktion hierzulande übernehmen sollen, in seiner Ausgestaltung dafür ungeeignet ist.
(Beifall)
Die Fraktion der LINKEN hat sich Angaben zum Umfang des Förderprogramms gespart, weswegen ich davon ausgehen muss, dass auch der sich ebenfalls an Thüringen orientieren soll. Und just in dieser Woche - es ist auch schon erwähnt worden - kann man dort keine Anträge mehr stellen. Es ist ein bisschen überraschend, oder vielleicht doch nicht, dass von vornherein kein Rechtsanspruch auf Gewährung des Thüringer Reparaturbonus bestanden hat; schließlich war von Anfang an klar, dass die Mittel womöglich nur für ca. 1 500 Geräte und etwa bis zum Termin der ursprünglich angedachten Landtagswahl reichen werden.
(Zurufe)
Sie hören mir bitte zu, wie ich Ihnen nachher auch zuhören darf.
(Zuruf: Genau! - Beifall)
Wer sich also etwa ein 1 200 € teures Smartphone geleistet hat, konnte letzte Woche noch 100 € für eine Reparatur den Thüringer Steuerzahlern in Rechnung stellen. Wessen Herd in dieser Woche kaputt geht, schaut buchstäblich in die kalte Röhre.
(Beifall)
Gerecht ist das nicht und sonderlich sozial auch nicht. Eine Bedürftigkeitsprüfung findet nicht statt und würde zu einem noch größeren personellen Aufwand in der Thüringer Verbraucherzentrale führen, die ohnehin schon sechs bis acht Wochen für die Genehmigung eines Antrages benötigt.
Will man das vermeiden, müsste man ehrlicherweise nicht 150 000 € wie in Thüringen fordern, sondern jährlich womöglich bis zu 185 Millionen €; damit alle Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhalter über 18 Jahre - und das haben wir in den Gesprächen vorher vielleicht noch auf die jüngere Generation ausweiten wollen - den Reparaturbonus nutzen können.
Bei den Beträgen wie in Thüringen lassen sich Mitnahmeeffekte nicht nur nicht ausschließen, sie sind auch sehr wahrscheinlich. Das Gefühl, dass heutzutage weniger repariert wird, ist zwar nicht falsch, es ist aber auch nicht so, dass kaum noch etwas repariert wird. Eine Studie des Bitkom aus dem Sommer dieses Jahres ergab, dass 37 % derjenigen, deren Smartphone einmal defekt war, dieses reparieren ließen. Der Umsatz für die Reparatur von Elektrogeräten aller Art betrug auch in Sachsen-Anhalt zuletzt mehr als 20 Millionen € im Jahr.
Das schnelle Ausschöpfen des Thüringer Programms spricht also nicht für einen wesentlichen Erfolg, um Reparaturen anzuregen, die ansonsten vorgenommen wären. Vielmehr bestätigt es die Lebenserfahrung, dass sich Leute von Ihren Steuern gerne etwas zurückholen.
Sehr viel mehr wäre zu erreichen, wenn wir dafür sorgen, dass das Handwerk besser in neue Technologien investieren kann. Die Reparaturbranche ist dafür übrigens ein hervorragendes Beispiel. Die Kosten für eine Reparatur sind ja nur ein Faktor. Auch die Zeit, bis Ersatzteile eintreffen, ist alles andere als unwichtig. Mit 3-D-Druckern lässt sich da einiges beschleunigen und eine Reparatur attraktiver machen.
(Beifall)
Genau aus diesen Gründen freue ich mich darauf, in den schon erwähnten Ausschüssen für Finanzen, Recht und Verfassung, Wirtschaft und auch im Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt um die besten Ideen zu streiten, um diesem Ansinnen, der dem Antrag zugrunde liegt, gerecht zu werden. Aber - und das ist mein Anspruch, unser Anspruch daran - wir möchten es besser machen als Thüringen. Wir möchten ressourcenschonender, gerechter, nachhaltiger und für die regionale Handwerkerschaft attraktivere Lösungen finden. - Herzlichen Dank.
(Beifall)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank Frau Tarricone. - Es folgt jetzt Herr Aldag. - Es gibt zuvor aber noch eine Frage von Herrn Lange. Frau Tarricone, würden Sie eine Zwischenfrage beantworten?
Kathrin Tarricone (FDP):
Ich versuche es.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Sie versuchen es. - Herr Lange, bitte.
Hendrik Lange (DIE LINKE):
Ich fand den Ansatz jetzt durchaus interessant, allerdings enttäuschend die Antwort der FDP, dass das alles Mitnahmeeffekte seien usw.
Was ich noch nicht verstanden habe, ist dieses: Was ist denn jetzt eigentlich der Ansatzpunkt der FDP, wie man die Reparaturquote tatsächlich anheben kann und wie man die Nutzerinnen und Nutzer von Produkten, die repariert werden müssen, tatsächlich dazu anregen kann, diese auch reparieren zu lassen und sie nicht neu kaufen zu müssen?
Bisher habe ich die FDP immer als sehr marktliberale Partei wahrgenommen.
(Zuruf von der FDP)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Lange, die Frage ist, glaube ich, klargeworden.
Hendrik Lange (DIE LINKE):
Okay, Frau Präsidentin, das akzeptiere ich gerne.
Kathrin Tarricone (FDP):
Ich nehme die Zwischenfrage an, die da heißt: Welche Ideen haben die Freien Demokraten? Und das habe ich Ihnen und allen hier im Plenum gerade darzustellen versucht. Wir möchten
(Zuruf)
Dann sage ich es noch einmal ein bisschen klarer:
Ihr Ansinnen, das wir verstanden haben - Ressourcenschutz und, und, und, die ganzen Dinge - möchten wir in den genannten Ausschüssen so diskutieren, dass dabei nachhaltige Effekte herauskommen. Das ist unser Ansatz dazu.
(Beifall)