Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Unsere Schülerinnen und Schüler, ihre Eltern und alle an unseren Schulen Beschäftigten haben während der pandemiebedingten Einschränkungen sehr Großes geleistet. Die Kinder und Jugendlichen haben Lernprozesse aus der Ferne eigenverantwortlich gestaltet sowie auf viele Freiheiten und Möglichkeiten der Persönlichkeitsentwicklung verzichtet, um uns Erwachsene zu schützen. Aufgrund der konsequenten Umsetzung der im Rahmenhygieneplan verankerten Maßnahmen sind die Voraussetzungen für den Präsenzunterricht heute gänzlich besser als vor einem Jahr. Der vollständige Präsenzbetrieb hat im Schuljahr 2021/2022 die oberste Priorität. Hierzu haben sich alle Kultusminister und die Gesundheitsministerinnen und  minister unmissverständlich bekannt.

Auch wenn wir mit etablierten Hygienekonzepten, geimpftem pädagogischen Personal, etablierten Testverfahren und nunmehr auch einer Impfung für Kinder ab zwölf Jahren einen großen Schritt in Richtung Normalität gegangen sind, dürfen wir nicht verkennen, dass im Herbst bzw. Winter eine höhere Infektionsdynamik zu erwarten ist.

Verehrte Anwesende, man stelle sich eine ruhige Straße vor, die in der Unfallstatistik bislang keine große Rolle spielte, keine Unfälle, dann also weg mit den Straßenschildern, fort mit den Ampeln, alle Zebrastreifen übermalen, die Rechts-vor-links-Regel kann ebenso abgeschafft werden wie das Rechtsfahrgebot. Ja, bislang ist nichts passiert. Oder das bekannte Bild eines Menschen, der vom Dach eines Hochhauses gesprungen ist und bei der Hälfte der Stockwerke meint, bislang ist ja eigentlich alles gutgegangen. Verehrte Anwesende, wozu diese Vergleiche oder diese sprachlichen Bilder?

(Zurufe)

Nun, exakt so argumentiert die AfD.

(Beifall - Lachen - Zuruf: Lächerlich! - Weitere Zurufe)

Bislang ist nichts passiert, sprich: keine schweren Verläufe bei Schülerinnen und Schülern, also weg mit den Coronaregeln.

(Zuruf: Das Beispiel mit dem Sprung können Sie mal den Mittelständlern erzählen! Machen Sie das mal! - Weitere Zurufe)

Sie sind wirklich eine echte Alternative für Deutschland, allerdings eine Alternative ohne Vorsicht, Rücksicht und Umsicht - ganz klar eine Alternative zum Schlechteren.

Jetzt auf alle bewährten Maßnahmen sofort zu verzichten wäre fahrlässig und gefährdet die hart erarbeitete Öffnung unserer Schulen. Die im Antrag formulierten Forderungen der AfD sind auch nicht neu. Ich erinnere an die April-Sitzung des Landtags mit der Beratung zu dem Antrag 7/7561 „Hände weg von unseren Kindern - Coronatests an Schulen sofort einstellen“.

(Beifall - Zurufe: Bravo!)

Da verlangten Sie vergleichbare Maßnahmen, die im Plenum damals auch keine Unterstützung fanden, und ich hoffe, dass das dieses Mal genauso ist. - Vielen Dank.

(Beifall)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Ministerin Feußner. - Eine Frage. Entschuldigung. - Bitte, Herr Siegmund, und dann Herr Dr. Tillschneider.


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Feußner, Sie haben gerade damit argumentiert, dass die Vorsicht das entsprechende Maß ist, warum Sie diese Maßnahmen anwenden. Wenn Sie einen Blick in andere Länder lenken, z. B. nach Schweden, nach Dänemark, in die Niederlande, werden Sie feststellen, dass dort gar keine Maßnahmen an den Schulen bestehen und dass die Situation wunderbar ist, die Kinder glücklich sind und es keinerlei Probleme gibt. Woran machen Sie genau fest, dass diese Vorsicht, von der Sie gerade sprachen, ausschließlich bei uns nötig ist?


Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Sehr geehrter Kollege, ich mache das daran fest, dass man sich einfach einmal die konkreten Zahlen anschaut, auch die Todesfälle, die Personen, die mit und an Corona verstorben sind.

(Zurufe: Bei Kindern, oder was? - Die gibt es doch bei Kindern nicht!)

Da ist die Anzahl in genau diesen Ländern, die Sie eben beschrieben haben, wesentlich höher als in Deutschland. Wir haben mit unseren Maßnahmen versucht, solche schwerwiegenden Fälle weitestgehend einzudämmen bzw. zu verhindern.

(Zuruf: Aber doch nicht bei Kindern!)

Das sind unsere Maßnahmen, um Kinder und auch die Erwachsenen zu schützen.

(Zuruf: Wovor?)

Ich bin felsenfest davon überzeugt   ich nehme einmal ein Bundesland innerhalb von Deutschland, das hohe Impfquoten hat wie Schleswig-Holstein, die haben auch hohe Impfquoten bei Kindern und die haben sehr niedrige Inzidenzen  , dass das ein bewährtes Mittel ist, die Coronapandemie einzudämmen.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Es hat sich noch ein Kollege aus Ihrer Fraktion gemeldet. Deshalb denke ich, wäre es besser    

(Zuruf)

Sie müssten sich einigen, Nachfrage oder der zweite. - Herr Dr. Tillschneider.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Was mich jetzt interessiert, ist: Wie genau sind Schulkinder und Jugendliche durch dieses Virus gefährdet? Da hätte ich gern von Ihnen eine substanzielle, am besten auch irgendwie statistisch unterfütterte Antwort. Ich denke, als Bildungsministerin werden Sie in der Lage sein, hier konkret zu antworten, und ich will jetzt kein Blabla hören.

(Beifall)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Dr. Tillschneider, Ministerinnen blablaen nicht. Das wäre vielleicht ganz gut zu berücksichtigen. - Frau Ministerin Feußner.


Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Herr Tillschneider, natürlich ist es so, dass Kinder und Jugendliche wesentlich geringer gefährdet sind als Erwachsene. Aber   und jetzt kommt das große Aber   Kinder und Jugendliche leben nun einmal in Elternhäusern mit Familien, mit weiteren Kindern, mit Eltern, Großeltern usw. Wenn sich Kinder anstecken und das in die Elternhäuser einbringen, haben wir genau die Gefährdung der Erwachsenen, die wesentlich größer ist, die wir aber vermeiden wollen. Das heißt, wir müssen Erwachsene genauso in Betracht ziehen, und da sehe ich insbesondere die Eltern in der Pflicht, dass sie sich zugunsten ihrer Kinder impfen lassen,

(Zustimmung)

dass sie ihre Kinder schützen, damit wir den Präsenzunterricht in der Schule aufrechterhalten können. Deshalb ist es wichtig, dass wir alle Personengruppen schützen, und die Kinder gehören genauso dazu. Sie sind zwar nicht so gefährdet von der Krankheit, von der Infektion an sich, aber sie tragen es auch woanders ein.

(Zurufe: Das ist Tatsache! - Das tragen Geimpfte auch weiter!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Das war die Antwort der Ministerin. - Frau Dr. Schneider.


Dr. Anja Schneider (CDU):

Frau Ministerin, Herr Dr. Tillschneider hat gerade zu Recht erwähnt, dass Kinder mehrheitlich durchaus geringere Symptome aufweisen als Erwachsene. Er hat auch das Thema Spätfolgen, Long Covid und den medialen Umgang damit erwähnt. Für Studienberichte ist die Zeit einfach noch zu kurz. Aber gibt es verifizierbare Erfahrungsberichte von Kinderärzten zu diesem Thema?


Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Natürlich. Wir haben sehr viele Kinder, die an Long Covid erkrankt sind bzw. noch daran leiden. Die Zahl ist nicht gering, sondern sie ist in den letzten Monaten erheblich gestiegen.

(Zuruf: Höher als bei Erwachsenen!)

Die ist wesentlich höher als bei Erwachsenen, genau. Das muss man alles mit in Betracht ziehen. - Vielen Dank für die Frage.

(Beifall)