Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gutenberg-Gemeinschaftsschule in Wolmirstedt ist erfolgreich. Sie ist so erfolgreich, dass sie im Jahr 2011 den Deutschen Schulpreis gewonnen hat. In der Laudatio zur Preisvergabe wurde die Schule explizit dafür gelobt - ich zitiere -: „wertvolle Elemente der Schulkultur in der DDR-Zeit, die es - trotz berechtigter Kritik - ja durchaus gegeben hat, auf organische Weise mit ‚westlichen‘ Ideen zu binden und auf fruchtbare Weise zu neuen Qualitäten zu bringen.“
Zu diesen wertvollen Elementen gehörte nicht nur eine gute Taktung der Ganztagsstruktur der Schule, dazu gehört auch die Idee des längeren gemeinsamen Lernens. Doch leider reichte auch dieser Schulpreis nicht aus, damit die Gutenberg-Schule in Wolmirstedt ihre gymnasiale Oberstufe behalten durfte. In diesem Jahr wird der letzte Abiturjahrgang die Schule verlassen. Danach ist Schicht im Schacht für Lernen ab der 11. Klasse an diesem Schulstandort. Und warum? - Weil die Gutenberg-Schule die Vorgaben aus der - meine Güte, was für ein Wort - Schulentwicklungsplanungsverordnung nicht einhalten kann. Vorgaben, die völlig an der Realität von Gemeinschaftsschulen vorbeigehen.
Es ist eigentlich total logisch. Idealerweise kann ein Mensch an einer Gemeinschaftsschule entweder einen Abschluss nach der 10. Klasse machen oder nach zwölf bis 13 Schuljahren das Abitur machen. Logisch ist dann natürlich auch, dass ab der 11. Klasse weniger Schüler auf der Gemeinschaftsschule sind als noch in der 5. Klasse. Die, die nach der 10. Klasse Schluss gemacht haben, gehen ja dann ab.
Unlogisch sind deswegen Festlegungen zu einer Mindestschuljahrgangsstärke in einer gymnasialen Oberstufe für Gemeinschaftsschulen. Es entkernt den eigentlichen Sinn von Gemeinschaftsschulen, wenn diese dann aufgrund der aktuellen Schulentwicklungsplanung keine gymnasiale Oberstufe mehr haben. Das ist dann eben keine echte Gemeinschaftsschule mehr. Es macht Gemeinschaftsschulen gegenüber Gymnasien dadurch um einiges unattraktiver.
Am Beispiel der Gemeinschaftsschulen lässt sich die Unwucht der aktuellen Schulentwicklungsplanungsverordnung gut darstellen. Schulen, die in ländlichen Räumen schließen müssen, weil sie Mindestschuljahrgangsstärken nicht erreichen, Schüler*innen, die deswegen stundenlang mit dem Bus zur Schule fahren müssen. Deswegen ist es ein richtiges Anliegen, dass DIE LINKE mit ihrem Antrag die Schulentwicklungsplanung anpassen wollen. Es ist ein erster richtiger Schritt dahin, dass mehr Schulen in Sachsen-Anhalt erhalten bleiben können getreu dem Motto: kurze Beine, kurze Wege.
Aber es ist eben nur ein erster Schritt. Wir als Bündnisgrüne lehnen starre Schuljahrgangsstärken als alleiniges Instrument für Schulentwicklungsplanung ab. Stattdessen sollen andere Parameter wie der Schulerfolg, wie regionale Gegebenheiten, wie z. B. die Länge von Schulwegen, wie auch Strukturdaten usw. für die Entscheidungen herangezogen werden. Dennoch ist es ein erster wichtiger Schritt. Ich freue mich auf die Debatten im Ausschuss. - Vielen Dank.