Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Deutschland ist auf die legale Zuwanderung von Fachkräften und Arbeitskräften angewiesen. Das gilt auch für Sachsen-Anhalt.
Nicht nur die im Land ansässige Wirtschaft klagt seit Jahren über die zunehmenden Schwierigkeiten, neue Mitarbeiter oder auch Auszubildende für den Betrieb zu gewinnen. Auch die öffentliche Verwaltung hat zunehmend Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Hinzu kommt, dass Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren bedeutsame Unternehmensansiedlungen gelungen sind, unter anderem Daimler-Truck in Halberstadt, das finnische Unternehmen UPM Biochemicals im Chemiepark Leuna und natürlich Intel in Magdeburg.
Mit jeder neuen Unternehmensansiedlung wächst die Nachfrage nach Fach- und Arbeitskräften. Deshalb ist gerade auch Sachsen-Anhalt auf die Zuwanderung ausländischer Fach- und Arbeitskräfte angewiesen.
(Dr. Jan Moldenhauer, AfD: Das klappt ja wunderbar!)
Der Bundesgesetzgeber hat erst im Sommer des letzten Jahres das Gesetz und die Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung geschaffen. Ziel der Neuregelungen ist es unter anderem, die Einwanderung ausländischer Fach- und Arbeitskräfte zu erleichtern, indem Hürden abgebaut werden.
(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)
So wird bspw. die Verdienstgrenze bei der Blauen Karte EU abgesenkt. Wer zwei Jahre Berufserfahrung und einen Abschluss im Heimatland hat, der kann als Fachkraft nach Deutschland kommen. Neu ist zudem eine Chancenkarte mit einem Punktesystem. Wie sich diese neuen Regelungen auf die Zahlen neu zugewanderter Fachkräfte auswirken, sollten wir zunächst abwarten, bevor über weitere Maßnahmen zur Vereinfachung der Fach- und Arbeitskräfteeinwanderung diskutiert wird.
Kritisch sehe ich weitere Maßnahmen für Möglichkeiten des sogenannten Spurwechsels von Asyl- und Fluchtmigration hin zu dauerhaften Bleibeperspektiven zum Zweck der Ausbildungs- und Arbeitsaufnahme. Das Aufenthaltsgesetz enthält schon heute eine Vielzahl von Regelungen, welche einen sogenannten Spurwechsel ermöglichen. Ich nenne nur beispielhaft die Bleiberechtsregelung für gut integrierte Jugendliche und junge Volljährige oder die Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration.
Darüber hinaus ist auf die gerade erst am 1. März in Kraft getretene Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer hinzuweisen. Auch das Chancenaufenthaltsrecht gehört zu diesen Regelungen. Alle diese gerade genannten Regelungen beinhalten jeweils eine Durchbrechung des Grundsatzes, dass unberechtigte Asylanträge nicht die Tür zu Aufenthalten zu anderen Zwecken öffnen sollen.
Dieser Grundsatz, dass unberechtigte Asylanträge nicht die Tür zu Aufenthalten zu anderen Zwecken öffnen sollen, darf nicht weiter ausgehöhlt werden. Weitere Aufweichungen wären mit dem erheblichen Risiko verbunden, dass sie sich zu zusätzlichen Pull-Faktoren für irreguläre Migration entwickeln. Dies ist gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen Belastungen der Aufnahmesysteme durch irreguläre Migration abzulehnen.
Wer die legale Zuwanderung von ausländischen Fach- und Arbeitskräften will, der muss diese auch willkommen heißen. Das Welcomecenter Sachsen-Anhalt ist eine erste Anlauf- und Informationsstelle für ausländische Fachkräfte.
Auch die Ausländerbehörden müssen sich als Willkommensbehörde für Fach- und Arbeitskräfte verstehen. In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass das Innenministerium bereits in den Jahren 2016 bis 2019 die meisten Ausländerbehörden im Land im Rahmen des Projektes „Willkommenskultur in Sachsen-Anhalt“ dabei begleitet hat, kundenorientierter, interkultureller und vielsprachlicher zu denken und zu handeln. An den Willkommensstrukturen für Fach- und Arbeitskräfte muss in den Ausländerbehörden stetig weiter gearbeitet werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE nimmt in der Begründung zu ihrem Antrag unter anderem Bezug auf eine Berichterstattung in der „Mitteldeutschen Zeitung“ zu Straftaten gegenüber Asylsuchenden und Flüchtlingen. Wie Sie wissen, gibt es die Statistik zur politisch motivierten Kriminalität. Hierbei werden unter anderem auch Straftaten gegen Asylbewerber und Flüchtlinge sowie Straftaten gegen Asylunterkünfte bundesweit erfasst.
Wir sind im Augenblick dabei, diese Statistik zu erstellen. Sie ist noch nicht final abgeschlossen. Ich kann Ihnen aber sagen, dass wir im Jahr 2023 einen Rückgang bei den politisch motivierten Straftaten gegen Asylunterkünfte zu verzeichnen hatten. Wir hatten im vorigen Jahr fünf Angriffe dieser Art. Wenn wir die politisch motivierten Gewaltstraftaten in den Blick nehmen, die sich gegen Asylbewerber und Flüchtlinge richten, dann mussten wir einen Anstieg um 31 % feststellen.
Diese Fallzahlen sind valide, aber dadurch, dass alle anderen Bundesländer wie wir auch die Statistik zur politisch motivierten Kriminalität erst noch erstellen, können wir im Augenblick noch keine bundesweiten Vergleiche anstellen. Unabhängig davon verurteilt die Landesregierung jede Form von fremdenfeindlichen Angriffen. Solche Straftaten werden konsequent verfolgt und geahndet.
Die Landesregierung wendet sich zudem entschieden gegen jede Form von Intoleranz und Rassismus. Unter dem Dach des Landesprogramms für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit wird eine Fülle von Projekten gebündelt, um Weltoffenheit zu stärken und Rassismus entschieden zu begegnen. Hierüber und über alles Weitere werden wir sicherlich in den Ausschüssen vertieft beraten. - Vielen Dank.
(Zustimmung von Tobias Krull, CDU)