Gordon Köhler (AfD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Januar des letzten Jahres haben wir hier im Landtag selbst über das Problem der drohenden zahnärztlichen Unterversorgung in Sachsen-Anhalt gesprochen. Seinerzeit gab Anträge, Alternativanträge so, wie heute auch, und unterm Strich eine Beschlussempfehlung.
Die Mehrheiten im Landtag führten damals zusammengefasst zu folgendem Ergebnis: Die Kassenzahnärztliche Vereinigung ist in der Pflicht; sie ist verantwortlich für die Sicherstellung des Versorgungsauftrages. Zu der Landzahnarztquote selbst gab es den Auftrag, dass die Landesregierung hierzu prüft, was möglich ist.
Nach mehr als einem Jahr lässt sich nun festhalten, dass zwar geprüft wurde, der Ball selbst aber wieder zurück zur KZV gespielt wurde. Man kann also sagen, dass seitens der Landesregierung seit einem Jahr nichts weiter passiert ist.
Das Jerichower Land, mein Heimatlandkreis, wurde heute schon mehrfach als Negativbeispiel bemüht. In keinem anderen Landkreis des Landes Sachsen-Anhalt ist es um die zahnmedizinische Versorgung so schlecht bestellt wie im Jerichower Land. Nur zum Vergleich die Zahlen: Als wir uns im letzten Jahr über das Jerichower Land unterhielten, gab es noch 42 Zahnärzte. Mittlerweile, aktueller Stand, sind es noch 35. Das bedeutet unterm Strich: Für knapp 2 600 Bürger gibt es nur noch einen einzigen Zahnarzt. Das ist jenseits von Gut und Böse.
Wenn man sich mit einem Zahnarzt jenseits der 60 Jahre unterhält - ich hatte das Vergnügen , dann weiß man, dass sein Antrieb nicht wirtschaftlicher Natur ist, sondern dass er aus Pflichtgefühl gegenüber seinen Patienten, aber auch aus Pflichtgefühl gegenüber seinen Mitarbeitern noch tätig ist. Dafür können wir alle verdammt dankbar sein.
(Beifall bei der AfD)
Wenn es dann aber einen Bundesgesetzgeber gibt, der es mit der Bürokratie übertreibt, oder wenn Neubürger in der Praxis randalieren so wie in Burg, dann mindert das die Motivation weiterzumachen. Unter Umständen führt es auch zur frühzeitigen Praxisaufgabe. Das gehört hier mit erwähnt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Jan Scharfenort, AfD: Ja!)
Im Oktober sprach die KZV sogar von einer Hinhaltetaktik der Landesregierung im Bereich der Zahnarztquote. Dann, Ende November, erfolgte vom Verband selbst eine Resolution mit klaren Forderungen an die Politik. Es ging um finanzielle, aber auch um regulatorische Maßnahmen. Nicht wenige waren Forderungen, über die wir als AfD-Fraktion auch schon im letzten Jahr in Antragsform hier im Plenum diskutiert haben.
Deswegen möchte ich meine Worte direkt an die Frau Ministerin richten: Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die KZV LSA, auch wenn sie rechtlich zuständig ist, am Ende ihrer Möglichkeiten zu sein scheint. Daher mein Appell: Wir dürfen uns nicht auf Zuständigkeiten ausruhen, es muss gehandelt werden.
(Beifall und Jawohl! bei der AfD)
Nicht zuletzt die Zahnärzte und auch die Bürger haben verdient, dass hier endlich mehr kommt. Geld, das sage ich gleich dazu, darf hierbei keine Rolle spielen; denn es geht um die Gesundheitsversorgung der Bürger.
Nun zu dem Antrag, über den wir zu diskutieren haben. Erst im letzten Plenum habe ich betont, dass wir als AfD-Fraktion genau hinschauen, was im Antrag steht. Wir schauen nicht darauf, von wem der Antrag kommt. Deswegen kann ich sagen, dass wir den Antrag für unterstützungswürdig halten.
Die Forderungen sind nicht komplett neu; sie enthalten Positionen der KZV selbst. Dabei geht es um die Gewinnung von Fachkräften, die umfassend unterstützt werden muss. Auch geht es darum, die Kommunen selbst zu befähigen, überhaupt erst einmal Stipendien und Selbsthilfe zu ermöglichen.
Ein Beispiel aus dem Jerichower Land: In der vergangenen Woche haben wir im Kreisausschuss für Soziales und Gesundheit gemeinsam ein eigenes Stipendienprogramm auf den Weg gebracht, und zwar auf die Initiative meiner Fraktion hin. Das macht man trotz klammer Kassen, weil man die Hoffnung aufgegeben hat, dass vom Land diesbezüglich noch irgendetwas kommt. Ich empfinde das als absolutes Armutszeugnis.
(Beifall bei der AfD)
Dass neue Wege beschritten werden müssen, ist unstrittig. Daher können wir uns mit dem Konzept einer kommunalen medizinischen Versorgung anfreunden. Ja, die Versorgung könnte dadurch verbessert werden. Mediziner können also ohne risikoreiche und aufwendige Niederlassungen selbst tätig werden. Natürlich muss die Botschaft stehen: Wer sich dann doch niederlässt, dem wird ebenfalls geholfen bzw. derjenige wird finanziell unterstützt werden.
Ein Gedanke zu dem Strukturfonds, dieser wurde heute bereits von der Ministerin bemüht: Ja, dieser Strukturfonds wurde aufgelegt. Er wird zu 50 % von den Kassen und zu 50 % von der KZV finanziert, aber man sollte das bis zum Ende denken. Wenn in den nächsten Jahren rund die Hälfte der Zahnmediziner in Rente geht, in den Ruhestand geht, dann fallen auch 50 % der Finanzierer der KZV selbst weg. Das heißt, der eigentliche Finanzierungsanteil, der den Strukturfonds ausfinanziert, steht dann auf der Kippe. Auch das muss bei dieser Debatte berücksichtigt werden.
Wenn man über die weichen Standortfaktoren spricht - ÖPNV, Kitas, Schulen, all das muss selbstverständlich verfügbar und erreichbar sein , dann gehört zur Wahrheit dazu, dass es hierbei nicht nur um die Straßenbahntaktung geht, sondern auch um Sicherheitsaspekte. Die Landeshauptstadt gehört mittlerweile zu den gefährlichsten Städten Deutschlands. Angesichts dessen muss bei den weichen Standortfaktoren auch über das Thema Sicherheit gesprochen werden. Den nötigen Feinschliff können wir dann im Ausschuss vornehmen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Danke schön.
(Beifall bei der AfD - Ulrich Siegmund, AfD: Jawohl!)