Tobias Krull (CDU): 

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt KZV hat mit der Vorstellung des Versorgungsatlas 2030 und der Aussage, dass im Jahr 2030 rund 500 000 Menschen in unserem Bundesland, also fast ein Viertel der Bevölkerung, nicht mehr ausreichend zahnmedizinisch versorgt sein werden, eine große mediale Aufmerksamkeit erregt, und das aus meiner Sicht zu Recht.

(Zustimmung von Sandra Hietel-Heuer, CDU)

Die Kassenzahnärztliche Vereinigung setzt die Aufklärungsarbeit fort. So startete vor wenigen Tagen die Reihe „Vorstand on Tour - Krisengespräche zur Versorgungslage im Land“. Offensichtlich möchte die beantragende Fraktion diesen medialen Schwung gern für sich nutzen und stellt heute den hier vorliegenden Antrag.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Aber nicht zum ersten Mal!)

Denn dieses Thema wird bereits im zuständigen Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung behandelt. Der Antrag mit dem Titel „Zahnärztliche und kieferorthopädische Unterversorgung verhindern - Landeszahnarztquote einführen, mehr Weiterbildungsangebote entwickeln“ wird dort gerade behandelt und stammt von derselben Fraktion.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Und warum? - Eva von Angern, DIE LINKE: Weil wir dran bleiben! Herr Krull, wir meinen das ernst! Wir bleiben dran! - Unruhe)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Ich staune. Hier herrscht eine Unruhe, die, denke ich, dem Thema nicht angemessen ist. - Danke für die Konzentration.


Tobias Krull (CDU): 

Ein solches Vorgehen der Antragsteller sollte uns nicht daran hindern, uns ernsthaft und zielorientiert mit dem Thema auseinanderzusetzen.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Kann man das nicht, wenn man einen Antrag auf dem Tisch hat?)

Die CDU hat das Vorhaben der Einführung einer Landzahnarztquote bei der Vergabe von Studienplätzen damals im Koalitionsvertrag der Deutschlandkoalition verankern können.

(Zustimmung von Sandra Hietel-Heuer, CDU)

Dies wird von der KZV ausdrücklich unterstützt. Uns ist bewusst, dass die Einführung der Landzahnarztquote nicht dazu führen wird, dass die bestehenden Defizite vollständig abgebaut werden können. Nichtsdestotrotz ist es ein wichtiges Signal, dass das Land die Zeichen der Zeit erkannt hat.

Bezüglich der Quote für die Vergabe von Studienplätzen wäre es wünschenswert, dass wir hier im Land mehr Spielraum eingeräumt bekommen. Dazu bedarf es an der Stelle aber einer Anpassung des Staatsvertrages.

Jedoch ist eine große Anzahl weiterer Maßnahmen notwendig, um das Szenario, das die Kassenzahnärztliche Vereinigung entworfen hat, nicht Realität werden zu lassen. Bereits bei den Menschen, die in unserem Land die Hochschulreife ablegen, müssen wir aktiv werden. Wir müssen dafür werben, dass sie nicht nur ein zahnmedizinisches Studium absolvieren, sondern danach auch im Land bleiben. Einige Kommunen in unserem Bundesland sind in diesem Sinne bereits aktiv geworden und vergeben Stipendien, um junge Menschen frühzeitig an sich zu binden.

Auch durch die KZV werden erfolgreich Stipendien vergeben, die ein deutschsprachiges zahnmedizinisches Studium im Ausland ermöglichen, unter der Bedingung, dass nach dem erfolgreichen Abschluss hier im Land praktiziert wird. Als Land können wir die dort praktizierten Auswahlkriterien gern auch bei der Vergabe der Landzahnarztquote verwenden. Wir müssen das Rad an dieser Stelle nicht neu erfinden.

(Zustimmung von Sandra Hietel-Heuer, CDU)

Andere Bundesländer unterstützen solche Stipendienprogramme bereits auch finanziell. Wir sollten dieses Thema für zukünftige Haushaltsberatungen nicht aus dem Blick verlieren.

(Zustimmung von Sandra Hietel-Heuer, CDU)

Diejenigen, die in Halle/Saale ihr Studium aufgenommen haben, müssen regelmäßig über die Vorteile Sachsen-Anhalts als Lebensmittelpunkt informiert werden. Die KZV ist insoweit bereits aktiv. Gemeinsam mit den Kommunen werden Vor-Ort-Termine organisiert, um Studentinnen und Studenten davon zu überzeugen. Das Land ist hierbei gefordert, nach seinen Möglichkeiten zu unterstützen.

Die Kommunen sind mit der Unterstützung Dritter wie bspw. lokaler Unternehmen gefordert, bei Zahnärzten und Zahnärztinnen sowie bei Kieferorthopäden und Kieferorthopädinnen aktiv für eine Ansiedlung zu werben. Kreative und erfolgreiche Beispiele dafür gibt es. Dabei werden fast Rundum-sorglos-Pakete geschaffen, angefangen von Wohnraum über Arbeitsplatzangebote für die Partnerin oder den Partner bis hin zu Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten für den Nachwuchs.

Daneben müssen die finanziellen Rahmenbedingungen stimmen. Vielleicht möchten die Ärztinnen und Ärzte zuerst im Angestelltenverhältnis beginnen, bevor die Praxis in eigener Verantwortung übernommen wird. Oder es bedarf Unterstützung für den Aufbau bzw. die Renovierung der entsprechenden Praxisräume. Eine Generallösung gibt es leider nicht. Vielmehr sind unterschiedliche Maßnahmen gefragt, um eine Lösung zu finden, die den Interessen aller Beteiligten gerecht wird.

Die Ministerin hat ausgeführt, dass sie Überlegungen anstellt, die Niederlassungsfreiheit für Zahnärztinnen und Zahnärzte wieder einzuschränken. Das steht nicht im Koalitionsvertrag der Deutschlandkoalition. Über ein solches Vorhaben müssen wir sehr intensiv beraten. Denn ich glaube, die Niederlassungsfreiheit ist an dieser Stelle ein hohes Gut. Ein solcher Eingriff in die Berufsfreiheit muss wohlbegründet sein.

(Zustimmung von Xenia Sabrina Kühn, CDU - Zuruf von Dr. Katja Pähle, SPD)

Da wir das Thema bereits im zuständigen Ausschuss behandeln, bitte ich auch um die Überweisung dieses sachlich und inhaltlich gleichgelagerten Antrags zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und zur Mitberatung in den Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt, weil es bei diesem Thema auch um die Studienbedingungen hier in unserem Land geht.

(Zustimmung bei der CDU - Hendrik Lange, DIE LINKE: Immer wieder gern!)