Konstantin Pott (FDP): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf einige Punkte, die in der Debatte angesprochen wurden, noch einmal eingehen.

Sehr geehrter Herr Siegmund, wir haben uns durchaus mit unterschiedlichen Akteuren über Gründe, warum die Ausbildung abgebrochen wird, unterhalten. Aber uns ist auch ein gewisser qualitativer Anspruch an die Pflege wichtig, den wir sicherstellen wollen. Wir sollten nicht, nur weil uns die Abschlusszahlen nicht passen, sagen, dann schrauben wir einfach einmal die Anforderungen herunter und die Qualität ist egal.

(Beifall bei der FDP)

Das kann doch nicht der Anspruch sein, den wir an der Stelle haben. Eine Möglichkeit, wie wir die Leute im Beruf halten können, haben wir in unserem Antrag auch ganz klar genannt, nämlich die Pflegeassistenz. Ich glaube, diesen Aspekt sollte man auch mit berücksichtigen.

Zum Thema ausländische Abschlüsse. Wenn Sie mir zugehört hätten, hätten Sie gehört, dass ich gesagt habe, dass das auch ein Baustein ist. Das ist mit Sicherheit nicht der einzige Punkt, um die Probleme, die wir durch den demografischen Wandel im Bereich der Pflege haben und auch in Zukunft wahrscheinlich haben werden, komplett umzudrehen. Aber es ist doch ein Baustein, den wir auch nutzen sollten, damit wir die Auswirkung zumindest abschwächen und dafür sorgen können, dass die Leute versorgt werden. Das muss doch das Ziel sein. Dafür brauchen wir definitiv auch ausländische Fachkräfte.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie mir weiterhin zugehört hätten, dann hätten Sie auch gehört, dass ich gesagt habe, dass wir die Sprachkenntnisse dabei berücksichtigen müssen, da diese in der Pflege und für den Alltag der Pflegekräfte sehr wichtig sind, und weil es wichtig ist, dabei eine Beziehung zu den Menschen aufzubauen. Das habe ich ganz klar erwähnt. Das haben Sie in Ihrem Redebeitrag komplett ausgeklammert. Wenn Sie das berücksichtigt hätten, dann hätte Ihr Redebeitrag vielleicht anders ausgesehen.

Eine weitere Anmerkung zu Ihnen. Ich habe das Gefühl, dass Sie sehr stark auf den Punkt der ausländischen Fachkräfte eingegangen sind.

(Ulrich Siegmund, AfD: Ach ja?)

Sie meinen immer wieder, Sie hätten kein Problem mit Ausländern. Sie meinen immer, wenn sich die Menschen integrierten, dann sei das auch alles in Ordnung. Sie meinen auch, dass sich die Leute, die vor zehn, 15 oder 20 Jahre zu uns gekommen sind oder in der dritten Generation hier sind, hier integriert hätten und inzwischen bei Ihnen seien

(Oliver Kirchner, AfD: Die wählen uns doch!)

und Sie wählen würden. Aber dann stellen Sie sich in jeder Debatte, in der wir über ausländische Fachkräfte sprechen, dagegen, dass wir ausländische Abschlüsse schneller anerkennen.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie wollen immer dafür sorgen, dass wir keine Willkommenskultur haben.

Das ist einfach inkonsequent, was Sie da machen.

Zum Thema Bürokratie, weil Sie das ja als Ihre Lösung vorgebracht haben. Auf meine konkrete Frage hatten Sie keine einzige Antwort. Sie wissen nicht, was Sie ändern wollen. Sie wissen nicht, welche Bürokratie Sie abbauen wollen. Sie wissen nicht, welche Dokumentationspflichten Sie abbauen wollen. Aus meiner Sicht ist das Arbeitsverweigerung, was Sie an der Stelle machen.

(Zustimmung bei der FDP)

Sie sollten sich damit noch einmal intensiver beschäftigen. Dann können wir konkret über die Dinge reden.

Zu Frau Anger zur Umsetzung der Pflichteinsätze. Ich bin persönlich der Meinung, wir kriegen das bei Hochschulabschlüssen auch ganz wunderbar hin. Ich kann meine Abschlussarbeit schreiben, bevor ich komplett alle anderen Module, die ich belegt haben muss, abgeschlossen habe. Da geht das auch. Ich schreibe meine Abschlussarbeit, habe die vielleicht schon bestanden und muss dann im Nachgang, gegebenenfalls in einem Semester maximal bzw. in der Regel die restlichen Sachen nachholen.

Ich frage mich: Warum soll das an dieser Stelle nicht möglich sein? Es muss doch eine Möglichkeit geben, das zu machen. Deswegen haben wir das im Übrigen auch als Prüfauftrag formuliert, damit genau diese Sachen genauer angeschaut werden und damit wir gucken können, welche Möglichkeiten es gibt.

Zum Thema Zeitarbeit möchte ich sagen: Warum es aus unserer Sicht nicht sinnvoll ist, sie komplett abzuschaffen, habe ich in meiner Einbringungsrede gesagt. Sie haben gesagt: Wir wollen die einfach so erhalten. - Das stimmt auch nicht. Wir wollen schauen, wie wir die Flexibilität erhalten können, die die Zeitarbeit mit sich bringt und die immer wieder von Einrichtungen als positiv dargestellt wird.

Wir wollen aber gleichzeitig verhindern, dass die Zeitarbeit von ihrer ursprünglichen Idee weggeht, und sie quasi darin beschränken, wo für die Einrichtungen ein Problem liegt, nämlich dass Fachkräfte aus den Einrichtungen direkt abgeworben werden, am Ende von der Zeitarbeitsfirma aber genau bei dieser Stelle die ganze Zeit arbeiten, sich da auch noch die Schichten heraussuchen können und die Einrichtung am Ende dafür teilweise das Doppelte zahlen muss. Das ist fernab von der Idee der Zeitarbeit.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen wollen wir da schauen, wie wir das regulieren, aber die Flexibilität erhalten können, die durchaus positiv für die Einrichtung ist.

Zum Thema Akademisierung möchte ich nur eine Sache anregen. Wir sind nicht grundsätzlich gegen die Akademisierung bis zu einem gewissen Grad. Da ist es mit Sicherheit auch so, dass man über die Menge, wie viel akademisierte Pflegekräfte wir brauchen, diskutieren kann. Aus unserer Sicht ist es aber sinnvoll, dass wir dahinkommen zu besprechen, welche Kompetenzen die akademisierten Pflegekräfte übernehmen sollen.

Und wir sollten dort nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen, sondern das zuerst klären. Denn ich habe das Gefühl, dass diese Debatte immer wieder untergeht, man es aber immer wieder erwähnt. Aus meiner Sicht sollten wir den Schritt zuerst gehen, dass wir klar die Kompetenzen geklärt haben, bevor wir weitere Kapazitäten in der akademisierten Ausbildung schaffen. Dementsprechend bitte ich noch einmal um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Gut. Erschöpfend haben wir das allerdings noch nicht behandelt. - Herr Siegmund hat eine Frage. Wollen Sie die beantworten?


Konstantin Pott (FDP):

Ja.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Offensichtlich. - Herr Siegmund, das gibt Ihnen die Chance, die Frage zu stellen. - Bitte, Herr Siegmund.


Ulrich Siegmund (AfD): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Kollege Pott, natürlich muss ich das erstmal klarstellen, bevor ich noch eine Frage stelle.

Aber erstens: Fachkräfte verlassen Deutschland gerade.

(Unruhe)

Wir haben ein völlig fachkräftefeindliches politisches Umfeld. Wir haben die höchste Abgabenlast in der Welt. Fachkräfte machen aktuell einen großen Bogen um Deutschland. Das ist ein riesengroßer Unterschied.

Was Sie immer machen wollen, ist: Sie möchten sich, damit Sie sich nicht mit den großen Problemen auseinandersetzen müssen, darum drücken und damit immer dieses Problem lösen. Sie sind der Meinung, dass Fachkräfte nach Deutschland kommen, um Ihre Probleme in den Griff zu bekommen. Das ist nicht der Fall.

Wir sind der Meinung, Sie kaschieren damit die Grundprobleme. Sie lenken von den wirklichen Problemen ab. Wir müssen das aus eigener Kraft schaffen. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass sich Menschen hier seit Jahrzehnten gut integriert haben, dass sie einen wichtigen Beitrag leisten. Das sind zwei getrennte paar Schuhe. Auch dass Sie das immer miteinander vermischen, zeigt einfach nur die Argumentationslosigkeit dahinter.

Meine Frage trotzdem - ich hatte ja eine Frage gestellt  : Sie haben gerade kurz über die Abbrecherquote gesprochen. Das war auch mein Kritikpunkt, warum ich der Meinung bin, dass das keine Lösung ist. Ich möchte die Qualitätsstandards überhaupt nicht absenken.

Ich hinterfrage ganz klar: Warum gab es denn vor der generalistischen Ausbildung nicht so eine hohe Abbrecherquote? Das ist die Frage, die auch ich mir stelle. Die möchte ich zuerst geklärt haben, bevor ich der Meinung bin, ich nehme alle, die eine Prüfung nicht geschafft haben, und führe eine neue Instanz ein. Ich frage Sie: Warum fallen seit der Einführung der generalistischen Ausbildung so viele durch die Prüfung? - Danke.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Dann können Sie antworten.


Konstantin Pott (FDP):

Ich möchte erstmal kurz auf Ihre Klarstellung eingehen. Sie sagen, Sie hätten kein Problem mit den Menschen, die hier einen Beitrag leisten. Sie schaffen aber ein Klima, dass diese Menschen nicht mehr zu uns kommen.

(Beifall bei der FDP - Zuruf: Auf den Punkt!)

Das ist doch ein zentraler Punkt. Das passt einfach nicht zusammen.

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP - Zurufe von der AfD und von der FDP)

- Ich habe über Fachkräfte gesprochen, Herr Kirchner. Hören Sie zu! 

(Zuruf von der AfD)

Da müssen Sie differenzieren! Das ist etwas komplett anderes als Menschen, 

(Zuruf von der AfD)

die geflüchtet sind und zu uns kommen.

(Zuruf)

- Ganz ehrlich: Beschäftigen Sie sich damit!

(Zuruf von der AfD: Machen wir auch!)

Zu Ihrer Frage, die Sie gestellt haben. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen. Diejenigen, auf die Sie abzielen, sind ja insgesamt diejenigen, die die Ausbildung beginnen und sie am Ende nicht abschließen. Es gehen auf dem Weg dahin schon viele verloren. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Darüber haben wir heute Vormittag auch mit der Diakonie gesprochen.

Manchmal sind es persönliche Gründe - das habe ich in meiner Einbringungsrede gesagt - und manchmal liegt es daran, dass wir inzwischen höhere Qualitätsstandards haben wollen. Wir haben für andere Aufgaben auch die Pflegehilfeausbildung. Auch dabei gibt es eine Differenzierung. Da sind so ein paar Gründe, die dazu zählen, dass wir einfach sagen, wir wollen einen höheren Qualitätsanspruch in der Pflege haben.

(Zurufe von der AfD)

Den sollten wir aus unserer Sicht nicht ändern. Wir sollten schauen, dass wir die Qualität sicherstellen.

(Zurufe von der AfD: Ja, eben!)

Dafür brauchen wir auch eine Ausbildung, die gewisse Anforderungen stellt. Dazu gehört auch, dass es eben nicht 100 % sind, die die schaffen.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Jetzt haben wir noch eine Intervention von Frau Sziborra-Seidlitz. - Sie haben das Wort.


Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE): 

Vielen Dank. - Herr Kollege Pott, zu Ihren Ausführungen zum ersten Schritt und zweiten Schritt im Bereich der Akademisierung. Das werden Sie vielleicht nicht wissen, weil Sie da nicht so tief drinstecken, aber diese Debatten über    

(Abg. Guido Kosmehl, FDP: Ach, das das ist doch eine Unterstellung!)

- Ich bin noch nicht fertig. Sie dürfen sich   Moment!  

(Zurufe von der FDP)

danach darüber aufregen.

(Zurufe von der FDP und von der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Warten Sie, Frau Sziborra-Seidlitz. - Auch für die Kollegen der FDP: Eine Intervention richtet sich an den Redner. Er hat danach jede Möglichkeit, darauf zu reagieren. Wir würden pünktlich in die Mittagspause kommen, wenn wir das jetzt einigermaßen ordentlich durchziehen. - Bitte.


Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Die Debatten zu den Aufgabenbereichen für akademisierte Pflegekräfte laufen bereits berufspolitisch, sie laufen auch in den Pflegefachverbänden und im Landespflegerat. Es ist tatsächlich eine ernst gemeinte herzliche Einladung. Schließen Sie sich mir und der Kollegin Anja Schneider an. Setzen Sie sich mit den Pflegeverbänden, mit den Pflegefachverbänden, mit dem DBfK und mit dem Pflegerat in den entsprechenden Runden zusammen,

(Zurufe von der FDP und von der AfD)

wo wir diese Dinge besprechen. - Das ist das eine.

(Zurufe von der AfD und von der FDP)

Das andere. Sie wissen genauso gut wie ich, wie lange so ein Studium dauert. Wir wissen auch, welche Herausforderung wir vor uns haben. Und wir reden gerade nicht darüber, dass Menschen heute oder morgen ein Studium im Bereich Pflege beginnen können, was dauert, sondern wir sprechen darüber, dass sich das Land jetzt auf den Weg machen muss, diese Studiengänge erst einmal einzurichten; auch das dauert.

Wenn wir sagen, wir fangen jetzt an, Diskussionen zu führen, die eigentlich schon laufen, fangen dann an, darüber nachzudenken, die Studiengänge einzurichten, und dann fangen Menschen an, das zu studieren, dann sind wir bei zehn Jahren oder noch länger in der Zukunft. Sie wissen so gut wie ich, wir sind eigentlich schon mehr als zehn Jahre hinterher, was diese Fragen betrifft.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Jetzt können Sie reagieren, Herr Pott.


Konstantin Pott (FDP):

Vielen Dank, liebe Kollegin. - Ich glaube, 

(Zurufe)

Sie haben mich da falsch verstanden. Ich habe nicht unterstellt, dass diese Debatte nicht geführt wird. Ich bin aber der Meinung, dass diese Debatte abgeschlossen sein muss, bevor man zusätzliche Kapazitäten schafft, aus einem ganz einfachen Grund: Wir legen fest, dass dann akademisierte Pflegekräfte bestimmte Kompetenzen haben. Dann muss ich auch dafür sorgen, dass in einem Studiengang genau diese Kompetenzen explizit behandelt werden und dass genau diese Kompetenzen einen Schwerpunkt darstellen. Deswegen sollte man aus meiner Sicht zuerst die Kompetenzen final klären, bevor man sagt, so richten wir den Studiengang aus, und zusätzliche Kapazitäten aufbaut.

(Beifall bei der FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Nein, Frau Sziborra-Seidlitz, es waren schon zwei Minuten. - Damit sind wir am Ende der Debatte angelangt. Jetzt können wir zur Abstimmung kommen.