Henriette Quade (DIE LINKE):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Mit unserem Antrag und der Beschlussempfehlung stehen sich zwei gegensätzliche Ansätze der Migrationspolitik gegenüber. Für meine Fraktion sage ich sehr klar: Statt permanent eine pauschale Überforderung der Kommunen mit dem Zuzug von Schutzsuchenden zu behaupten und immer neue, gleichermaßen gefährliche wie nicht haltbare Zielzahlen für Abschiebungen auszugeben, sagen wir: Wir haben keine Flüchtlingskrise, wir haben eine Infrastrukturkrise.
(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE)
Wer auf die real bestehenden Handlungszwänge und Grenzen der Kommunen verweist, die es zweifellos gibt, der muss über ihre Finanzausstattung reden. Wer über Kapazitätsprobleme bei der Erstaufnahme von Geflüchteten redet, der muss über die eigene kurzsichtige Planung und über die Verzögerung bei der Inbetriebnahme lange angekündigter Aufnahmeeinrichtungen wie in Stendal reden. Wer sagt, die ZASt ist voll, der muss sich der Realität stellen, dass das auch Folge unnötig und integrationsfeindlich langer Aufenthaltsdauern aus dem politischen Kalkül der Abschreckung ist.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Wer hohe Sozialabgaben und ausgaben beklagt, der muss dafür sorgen, dass Menschen, die hierherkommen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus so schnell wie möglich Arbeitserlaubnisse bekommen und dass sie Deutsch lernen können, statt es ihnen aktiv zu verwehren.
(Beifall bei der LINKEN)
Wer es ernst damit meint, dass Sachsen-Anhalt attraktiv für qualifizierte Arbeitsmigration werden soll, der muss die Strukturen dafür fit machen und denen eine Chance geben, die da sind. Alle Erkenntnisse dazu, wie Migration funktioniert, was Länder für erwünschte Migration attraktiv macht und was abschreckt, zeigen klar: Herrschen Abwehrhaltung und fühlen Menschen sich auf den Behörden wie lästige Bittsteller, gibt es mehr Hürden als Wege, wirken Rassismus und Diskriminierung nicht nur, sondern werden sie auch noch befeuert oder gerechtfertigt,
(Oh! bei der AfD)
dann wirkt das abschreckend auf alle, die eine Wahl haben. Dann wird jede noch so schick designte Fachkräftewerbekampagne ins Leere laufen und die demokratische Krise, die sehr real ist, wird sich noch weiter verschärfen.
(Zurufe von Andreas Schumann, CDU, und von Oliver Kirchner, AfD)
Wir brauchen keine Landtagsbeschlüsse, die das europäische Abwehrsystem samt Pushbacks und Inhaftierungen an den Grenzen feiern und die mehr sichere Herkunftsländer fordern. Wir brauchen konkrete politische Maßnahmen, die den Kommunen helfen, ihre Aufgaben zu erfüllen, die dafür Sorge tragen, dass Ausländerbehörden schneller und besser arbeiten als bisher,
(Beifall bei der LINKEN)
und die dafür sorgen, dass die Menschen, die im Land sind, eine Chance bekommen zu arbeiten, sich, wo nötig, zu qualifizieren und hier zu bleiben. Die notwendigen Maßnahmen haben Wissenschaft und Fachwelt längst aufgelistet.
Aufnahmestrukturen gemacht. Es fehlt nicht an gangbaren Wegen, sondern an der Bereitschaft, sie zu gehen. Davon zeugt auch die Beschlussempfehlung zu unserem Antrag. Wir lehnen sie ab.