Henriette Quade (DIE LINKE):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. -Meine Damen und Herren! Es geht in dieser Debatte und bei dem, was die AfD will, nicht um Migration und nach welchen Regeln sie passieren soll. Es geht nicht um die Begrenzung, Ordnung und Steuerung von Migration.
Was die AfD will, ist nichts anderes als den Umsturz.
(Zustimmung bei der LINKEN und von Sebastian Striegel, GRÜNE - Lothar Waehler, AfD: Den Umsturz? Das sagt die!)
Sie will nicht weniger, als die freie und vielfältige Gesellschaft abschaffen und zu einer ethnisch und politisch homogenen Volksgemeinschaft machen.
(Zuruf von der AfD)
Das ist der Kern völkischer Ideologie. Es ist der Kern völkischer Ideologie, wie sie seit Jahren in Schnellroda propagiert und erdacht wird,
(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Wie Ihre Parteitage!)
wie sie von extrem rechten Netzwerken seit Jahren mit Kampagnen forciert und von der AfD in konkrete parlamentarische Forderungen gegossen wird.
In Potsdam wurde in trauter Eintracht
(Oliver Kirchner, AfD, lacht)
zwischen Neonazis,
(Unruhe bei der AfD)
die sich mit ihren Gewalttaten brüsten, potenziellen Finanziers und Unterstützern, Mitgliedern der Werteunion, dem Kopf der Identitären Bewegung und AfD-Funktionären wie Ulrich Siegmund nicht nur besprochen, sondern konkret geplant,
(Zuruf von der AfD: So ein Schwachsinn!)
wie Migration und mit ihr im Grunde die gesamte Moderne rückgängig gemacht werden soll.
(Zuruf von der AfD: Das ist ein ganz schlechtes Bild!)
Es ist nichts anderes als ein Plan zur Säuberung dieser Gesellschaft,
(Unruhe bei der AfD)
zur millionenfachen Vertreibung von Menschen und zur Deportation
(Zuruf von der AfD: Junge, Junge!)
all jener, die aus rassistischen und politischen Gründen keinen Platz in dieser Gemeinschaft haben sollen.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Die Recherchen von „Correctiv“ haben das offensichtlich gemacht. Was sie auch zeigen, ist, dass dieser Umbau der Gesellschaft zwangsläufig gewaltvoll ist und auch sein soll.
(Frank Otto Lizureck, AfD: Wenn man keine Argumente hat, sagt man das!)
Das war auch bis dahin nicht geheim und neu. All jene, die von den Vertreibungsplänen zuerst betroffen, Migrant*innen, Geflüchtete und alle, die zu Fremden gemacht werden, wissen das und erfahren das seit Jahren in aller Härte.
(Zustimmung bei der LINKEN)
In Halle berichtete das Netzwerk LAMSA, dass Menschen mit ausländisch klingenden Namen den Abschiebekalender der AfD in den Briefkästen hatten. Herr Zietmann von der AfD sucht schon mal Abschiebehelfer.
Beobachterinnen und Journalistinnen, die darauf aufmerksam machen, wer in den Denk- und Vernetzungsstätten der extremen Rechten zusammenkommt und was dort besprochen wird, und antifaschistisch Engagierte, die dagegen mobilmachen, weisen seit Jahren auf den völkischen Charakter der AfD und ihrer Netzwerke hin. Es ist gut und dringend nötig, dass unabhängiger und freier Journalismus das für alle sichtbar macht. - Danke.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Die AfD behauptet, doch nur auszusprechen, was das Volk denkt.
(Zuruf von der AfD: Richtig!)
Sie betreibt damit zugleich eine Strategie der Selbstverharmlosung und des Größenwahns.
Meine Damen und Herren! Die Antwort darauf geben die Menschen, die gerade auf dem Domplatz standen.
(Felix Zietmann, AfD: Die müssen ja auch nicht arbeiten!)
Die Antwort darauf geben 16 000 Menschen in Halle - es war die größte Demonstration seit dem Jahr 1989 , 800 in Dessau, 1 000 Menschen in Pirna, 25 000 in Dresden, 60 000 in Leipzig, 800 in Radeberg und 450 in Torgau. In Hamburg und München waren die Demonstrationen so groß, dass sie aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden mussten.
(Zuruf von der AfD: 82 Millionen waren zu Hause!)
In Jena waren es 8 000, in Erfurt 9 000, in Stuttgart 20 000, in Cottbus 3 500 und in Spremberg 300 Demonstranten. In Köln waren es 70 000, in Bremen 45 000
(Zuruf von der AfD: Hallo!)
in Stralsund 2 000, in Flensburg 10 000 und sogar auf Sylt waren 600 Menschen auf der Straße.
(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf: Waren da auch Punks?)
- Vielleicht waren auch Punks dabei; das kann sein. - Mehr als 1,5 Menschen sind am vergangenen Wochenende auf die Straßen gegangen
(Zurufe von Frank Otto Lizureck, AfD)
und haben mit beeindruckender Breite und Klarheit deutlich gemacht, dass sie sich den Vertreibungsplänen der AfD und anderer Rechtsextremer entgegenstellen, dass sie nicht schweigen und dulden werden, was sie planen.
Und dass die AfD mit Hass und Hetze Menschen mobilisiert - ja, das tut sie. Aber sie spricht nicht für die Mehrheit in diesem Land. Ihnen gilt genauso wie jenen, die in Naumburg, Weißenfels, Stapelburg, Sangerhausen, Zeitz, Quedlinburg, Aschersleben, Wittenberg und vielen anderen Orten noch auf die Straße gehen werden,
(Zurufe von der AfD)
unser Dank und unsere Verbundenheit.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren! So ernst und ehrlich dieser Dank ist,
(Zurufe von der AfD)
es ist nicht die Aufgabe der Politik, sich zu bedanken, sondern Politik zu machen. Wenn man sich die Aufrufe zu den verschiedenen Demonstrationen am Wochenende anschaut und sich die Redebeiträge anhört, dann sieht und hört man, dass sie klar gegen die AfD und ihre Vertreibungspläne auf die Straße gegangen sind und vielfach auch ihr Verbot gefordert haben.
Wen man sich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung ansieht, dann sieht man übrigens auch, dass die Maßstäbe, die das Gericht angelegt hat, eins zu eins auch auf die AfD zutreffen. Darin liegt ein konkreter politischer Arbeitsauftrag für Bundesregierung und Bundestag.
(Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)
In vielen Städten haben sich die Demonstrierenden ebenso klar gegen den Rechtsruck anderer politischer Akteure positioniert. Sie weisen auf etwas hin, was auch für uns als LINKE ganz wesentlich ist.
Die Antwort auf die Vertreibungspläne der AfD kann nicht selbst sein, immer lauter und immer aggressiver über Abschiebungen zu sprechen. Die Antwort auf das Ziel der Entrechtung von Geflüchteten und Migrantinnen kann nicht sein, selbst ihre Rechte zu beschneiden, in denen man problematisiert, dass Menschen, die abgeschoben werden sollen, anwaltliche Vertretungen bekommen.
(Zuruf von der AfD: Weil sie stumm sind!)
Die Antwort auf die Idee, dieses Land und diese Gesellschaft abzuriegeln, sind nicht Haftlager für Geflüchtete an den EU-Außengrenzen und Pushbacks, wie die Bundesregierung sie mit GEAS mitbeschlossen hat.
Die Antwort auf die völkische und rassistische Erzählung von „wir“ und „die“, die das Lebenselixier der extremen Rechten und der AfD ist, sind nicht Sachleistungen für Asylsuchende und die willkürliche Absenkung des Existenzminimums für Geflüchtete aus der Ukraine, wie es die FDP-Vorsitzende gefordert hat. Die Antwort auf die Abwertung und Verächtlichmachung Geflüchteter durch die extreme Rechte
(Zuruf von der AfD: Sozialtourismus!)
ist nicht die Rede von Sozialtourismus und die Herabwürdigung von Bevölkerungsgruppen durch Friedrich Merz.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren! Die AfD meint es ernst. Wenn sie auf die Rechtsgrundlagen, die diese oder eine andere demokratische Regierung in Sachen Ausländerrecht schafft, zurückgreifen kann und nur marginale Änderungen vornehmen muss, um ihr Ziel zu erreichen, dann zeigt das überdeutlich: Indem man selbst nach rechts rückt, bekämpft man nicht die extreme Rechte, sondern man bereitet ihr den Weg.
(Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Die Antwort auf das Erstarken der extremen Rechten und auf die Forderungen der AfD ist Solidarität, die Verteidigung von Vielfalt und die Stärkung von Menschenrechten. Die Antwort auf mehr Menschen auf der Flucht weltweit sind weniger Fluchtursachen. Die Antwort auf zu wenige Kapazitäten zur Unterbringung von Geflüchteten sind die Ertüchtigung der Infrastruktur und finanziell handlungsfähige Kommunen. Die Antwort auf Existenzängste
(Lothar Waehler, AfD: Die sollen zur Arbeit! - Zuruf von der AfD: Das kennen die ja nicht!)
Verunsicherung und Vertrauensverlust großer Teile der Bevölkerung ist eine solide und gerechte Sozialpolitik, die die vielen Einzelnen stärkt und nicht die wenigen Großen.
Die Antwort auf das Unwort des Jahres ist nein. Die Antwort auf Faschisten ist Antifaschismus, immer. - Danke.
(Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Einen Augenblick, Frau Quade. - Herr Matthias Büttner hat sich zu einer Intervention gemeldet. - Herr Büttner, bitte.
(Zuruf von der AfD)
Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich möchte die Gelegenheit nutzen und noch einmal darstellen, von wem wir hier gerade einen Redebeitrag vernommen haben. Ich kann es nämlich nicht ertragen, wenn sich Antidemokraten in Parlamenten als Demokraten darstellen.
Ich möchte noch einmal jedem in Erinnerung rufen, was wir bei der Strategiekonferenz in Kassel der Partei DIE LINKE erleben durften. Es sollten Reiche erschossen werden. Es sollte Staatsknete aus den Parlamenten abgegriffen werden. Das Parlament sollte als Bühne genutzt werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Einzigen, die die Gesellschaft umbauen wollen, sind die LINKEN und keine anderen. Die Einzigen, die gegen politische Gegner mit Gewalt vorgehen wollen, sind die LINKEN.
Und das ist letztens auf dem Parteitag der LINKEN auch zum Tragen gekommen und wurde dort auf öffentlicher Bühne von einem Parteimitglied zum Besten gegeben. Er hat ausgeführt, wie man mit Gastwirten umgeht, die der AfD Unterschlupf gewähren: Man redet erst mit ihnen und dann wird man deutlicher.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich lehne es ab, mir hier von solchen Funktionären einer antidemokratischen Partei die Demokratie erklären zu lassen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Lebhafter Beifall bei der AfD - Zurufe von der AfD: Jawohl!)