Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Den Antrag und die damit verbundene Aufforderung an das Innenministerium lehne ich ab,
(Christian Hecht, AfD: Ja!)
weil er weit hinter dem heute bereits geltenden Staatsangehörigkeitsrecht zurückbleibt.
(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)
Es wird unter anderem ein Bekenntnis zur verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland verlangt.
(Guido Kosmehl, FDP: § 10!)
Schon heute ist ein sehr ausführliches Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die sogenannte Loyalitätserklärung, schriftlich abzugeben. Diese Loyalitätserklärung scheint nicht jedem in diesem Hohen Haus bekannt zu sein. Sie gilt bundesweit verpflichtend. Die Loyalitätserklärung wird in der Regel bereits im Rahmen des Antrags auf Einbürgerung abgegeben, muss aber in jedem Fall vor dem Einbürgerungsakt abgegeben worden sein.
Laut AfD-Antrag soll der Einzubürgernde danach streben, die deutsche Sprache zu erlernen.
(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)
Danach zu streben reicht mir, ehrlich gesagt, nicht aus. Es sollte dabei bleiben, dass der Einbürgerungsbehörde ausreichend Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen sind. So sieht es das geltende Staatsangehörigkeitsrecht vor. Der Nachweis der ausreichenden Sprachkenntnisse erfolgt in der Regel durch das Zertifikat Deutsch B1 oder durch vier Jahre erfolgreiche Versetzung an einer deutschsprachigen Schule, durch einen Hauptschulabschluss oder einen gleichwertigen deutschen Abschluss oder auch durch ein erfolgreiches Studium an einer deutschsprachigen Hochschule.
Laut dem Antrag soll sich der Einzubürgernde darum bemühen, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Auch insoweit sollte es bei dem bleiben, was das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht schon heute verlangt. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes muss der Einzubürgernde den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltspflichtigen Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme der Leistungen nach dem Zweiten oder nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten. Der Antrag bleibt also hinter der geltenden Rechtslage zurück.
Ein Aufweichen unseres bestehenden Staatsangehörigkeitsrechts lehne ich ab.
(Zustimmung bei der CDU)
Deshalb sehe ich auch die im Deutschen Bundestag in der letzten Woche beschlossene Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts sehr kritisch. Ich halte es für falsch, eine Einbürgerung regelmäßig schon nach fünf Jahren und unter bestimmten Voraussetzungen schon nach drei Jahren vorzusehen. Die Einbürgerung steht am Ende eines längeren Prozesses. In diesem Prozess muss der Wunsch nach Zugehörigkeit zu unserer Nation zur Gewissheit reifen. Das ist auch deshalb notwendig, damit die abzugebenden mündlichen und schriftlichen Bekenntnisse nicht lediglich Lippenbekenntnisse, sondern gereifte Überzeugungen sind.
Indessen unterstütze ich, dass nunmehr im Staatsangehörigkeitsgesetz klargestellt wird, dass der Einzubürgernde sich zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens und das Verbot der Führung von Angriffskriegen, bekennt. Diese Klarstellung haben wir in Sachsen-Anhalt bereits im November letzten Jahres vorgenommen und waren dem Bund damit einmal wieder einen Schritt voraus. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der CDU)