Dr. Katja Pähle (SPD): 

Sehr geehrte Damen und Herren! Vor allem liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Ich will den kurzen Antrag für die heutige Debatte einmal Punkt für Punkt durchgehen. Wir sollen aktuelle Proteste ernst nehmen. So steht es in der Überschrift. Darin stimme ich Ihnen ausdrücklich zu. 

Sie erwähnen Landwirte, Handwerker und Spediteure. Ich will das gern erweitern; denn alle, die für ihre legitimen Interessen in diesem Land auf die Straße gehen, natürlich auch die Landwirte, natürlich auch die Spediteure und natürlich auch die Handwerker, all diese verdienen unseren Respekt und dass wir Ihr Anliegen ernst nehmen. 

Das gilt z. B. auch für die Beschäftigten des Einzelhandels, bei denen es einen besonders hohen Anteil von Geringverdienerinnen und -verdienern gibt, die unter Corona besonders harte Bedingungen hatten und die seit neun Monaten, von der Öffentlichkeit kaum beachtet, mit Streiks versuchen, ihre Situation zu verbessern.

Das gilt auch für die Lokführerinnen und Lokführer. Ich bin bestimmt kein Anhänger von Herrn Weselsky und seiner Streiktaktik - ganz im Gegenteil. 

(Guido Heuer, CDU, lacht)

Aber Respekt vor der verantwortungsvollen Tätigkeit auf den Führerständen bei der Bahn habe ich sehr wohl. Deshalb fehlt mir jedes Verständnis für Forderungen auch aus der CDU, das Streikrecht zu beschränken. Das vom Grundgesetz garantierte Recht auf Arbeitskampf ist die Voraussetzung, um Kompromisse am Verhandlungstisch erst möglich zu machen.

Unser Respekt gilt natürlich den Menschen, die jetzt ihren Protest auf die Straßen tragen, weil sie die Demokratie bedroht sehen. Dieser Respekt gilt auch jungen Menschen, die Sorge um ihre Zukunft haben, weil der Klimaschutz aus ihrer Sicht halbherzig und unzureichend betrieben wird. Das Festkleben an einer Ampelkreuzung muss man deswegen genauso wenig billigen - ich tue das auch nicht - wie das illegale Blockieren von Elbbrücken. Wir sehen also, Protest ist nicht nur dann legitim, wenn er einem selbst in den Kram passt.

(Zustimmung bei der SPD)

Bei allen genannten Gruppen tun wir gut daran, ihre Anliegen ernst zu nehmen, den Dialog zu suchen und daran zu arbeiten, dass die verschiedenen Interessen bei unseren Entscheidungen angemessen berücksichtigt werden.

Nächster Punkt: In der Begründung zu Ihrem Antrag heißt es: 

„Die überwiegende Mehrheit der bisherigen politischen Entscheidungen der Bundesregierung hat […] die Wirtschaft und Landwirtschaft in arge Bedrängnis gebracht.“

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Richtig!)

Tatsache ist, seit diese Bundesregierung im Amt ist, haben vor allem der Angriffskrieg gegen die Ukraine, der Stopp der russischen Gaslieferungen und eine von Spekulationen getriebene Inflation Wirtschaft und Landwirtschaft in Bedrängnis gebracht.

(Tobias Rausch, AfD: Spekulation!)

Tatsache ist genauso, die Bundesregierung hatte diese Belastungen durch umfassende Unterstützungspakete in weiten Teilen aufgefangen, 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Die Rede hat bestimmt Herr Scholz geschrieben!)

für die Wirtschaft ebenso wie für die Bürgerinnen und Bürger.

(Zustimmung bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Entlassen wir doch gemeinsam Herrn Putin nicht so billig aus seiner Verantwortung.

(Zustimmung von Juliane Kleemann, SPD)

Zum nächsten Punkt. Es heißt bei Ihnen weiter: „Die kürzlich angedrohten Kürzungen im Agrarbereich […] brachten für die Landwirte das Fass zum Überlaufen.“ Damit haben Sie allerdings recht. Werfen wir also einen Blick in das Fass, 

(Dorothea Frederking, GRÜNE: Genau!)

in dem sich seit Langem die Probleme der Landwirtschaft sammeln

(Zustimmung bei der SPD)

und schauen wir uns an, wer es immer weiter aufgefüllt hat, bis es schließlich überlief. 

(Tobias Rausch, AfD: Ursula von der Leyen!)

Zunächst sind es die objektiven äußeren Faktoren über die eben schon genannte akute Krisensituation hinaus. Es sind der Klimawandel und das Artensterben, deren Auswirkungen landwirtschaftliche Betriebe auf ihren Feldern als Erste spüren und bemerken.

Es ist ein verändertes Verbraucherbewusstsein von Tierwohl und gesunder Ernährung, das von vielen Landwirtinnen und Landwirten geteilt wird.

Es ist der seit Langem andauernde Konzentrationsprozess in der Lebensmittelbranche, der zur Ballung von Marktmacht bei wenigen Konzernen geführt, die Verhandlungsposition der Erzeugerinnen und Erzeuger immer weiter geschwächt und ihre Einkommen geschmälert hat.

Hinzu kommen zahlreiche strukturelle Probleme. Der Deutsche Bundestag hat in der vergangenen Woche einen Beschluss zur Zukunft der Landwirtschaft gefasst, in dem es heißt: 

„Die seit 40 Jahren abnehmende Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe hat ihre Ursache in einer jahrzehntelangen verfehlten Agrarpolitik.“

Das werden wohl die meisten Bäuerinnen und Bauern unterschreiben. Ich möchte deshalb nur auf Folgendes hinweisen. Die Verantwortung für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft haben seit der Gründung der Bundesrepublik getragen: die SPD zwei Jahre, die GRÜNEN sechseinhalb Jahre, die FDP knapp 14 Jahre - aber das ist schon ganz lange her - und die CDU/CSU beinahe 52 Jahre, und zwar bis zum Jahr 2021.

(Zustimmung von Sven Czekalla, CDU - Tobias Rausch, AfD: Was?)

Wer in bald 75 Jahren bundesdeutscher Politik eine Art Flatrateabo auf das Landwirtschaftsministerium gehabt hat 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Das stimmt auch!)

und nach Jahrzehnten des Reformstaus jetzt alle Probleme auf zwei Jahre Ampel zurückführen will, der macht es sich selbst etwas zu einfach.

(Zustimmung bei der SPD)

Er verpasst die Chance, an dem anstehenden Reformprozess konstruktiv teilzunehmen; denn die Aufgaben, die der Bundestag der Bundesregierung mit einem Beschluss aufgegeben hat, haben es in sich - das muss man schon sagen  : Bürokratieabbau, Stärkung der Wettbewerbsposition der Bäuerinnen und Bauern, Finanzierung einer tierwohlgerechten Tierhaltung, Förderung alternativer Antriebe in der Landwirtschaft, um nur einen Teil der Punkte zu nennen. Mit diesem ehrgeizigen Katalog ist zugleich die Agenda umrissen, die in den Gesprächen der Regierungsfraktionen auf den Tisch gekommen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kommen wir zurück zum Antragstext: „Es ist eine vollständige Neujustierung der Bundespolitik notwendig […]“ Das ist Ihre Botschaft, seit die CDU das Kanzleramt räumen musste. 

(Stefan Ruland, CDU: Wird nicht mehr lange dauern, dann geht es euch auch so!)

Ich verstehe, dass Sie nach Argumenten suchen. Ich möchte dem bei all den vermeidbaren Problemen der Zusammenarbeit der Berliner Koalitionspartner und bei allen Schwächen der politischen Performance entgegenhalten, die Mission der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode ist noch nicht erfüllt. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als darum, unsere Industriegesellschaft so umzugestalten, dass wir klimagerecht produzieren, dass wir dabei wettbewerbsfähig bleiben und dass - das ist insbesondere uns als SPD wichtig - dieser Umbau von allen getragen werden kann, dass niemand überfordert wird und dass der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt wird. Dafür hat diese Bundesregierung nicht nur einen politischen Auftrag, dafür hat sie auch eine klare parlamentarische Mehrheit. Wer in dieser Konstellation nach Neuwahlen ruft, der hat nicht verstanden, worauf die Stabilität unserer parlamentarischen Demokratie fußt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat die Proteste aus der Landwirtschaft ernst genommen, und das frühzeitig. Sie hat die ursprünglich vorgesehene Streichung steuerrechtlicher Subventionen substanziell reduziert und damit nicht nur finanziellen, sondern auch bürokratischen Lasten der Landwirtinnen und Landwirte Rechnung getragen. Der Bundestag wird diese Regelungen in den nächsten Tagen für den Bundeshaushalt 2024 verankern. 

Zu vielen weiteren Problemen wurden ebenfalls deutlich bessere Beschlüsse getroffen. Ich nenne hier nur das Beispiel der Forschung an E-Fuels in Leuna. Auch das ist mit den Debatten im Haushaltsausschuss verändert worden. So funktioniert Kompromiss in der Demokratie, im Bund nicht anders als hier im Land. Protest ist legitim, notwendig, aber niemand kann erwarten, dass seine Forderung zu 100 % erfüllt wird, nur weil er laut genug hupt. 

Bemerkenswert ist, was die CDU in ihrem Antrag nicht erwähnt, nämlich wie es überhaupt zu den Einsparvorschlägen gekommen ist. Notwendig wurden sie, weil das Bundesverfassungsgericht entschieden 

(Oh! bei der CDU) 

und die Finanzierung des Klima- und Transformationsfonds für verfassungswidrig erklärt hat.

(Zurufe von Tim Teßmann, CDU, und von Minister Sven Schulze)

Eine solche Klage ist natürlich das gute Recht der Opposition. Aber dann kann doch niemand so tun, als würde dieser Beschluss folgenlos bleiben.

Die Koalitionsparteien haben daher in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses einen beschlussreifen, ausgeglichenen und von allen Regierungsfraktionen getragenen Haushalt auf den Weg gebracht. Das ist die gute Nachricht und beweist die Handlungsfähigkeit der Berliner Koalition.

Auf Dauer ist es aber nicht vertretbar, wenn der Bundeshaushalt zwar die Schuldenbremse einhält, aber die Zukunftsausgaben, die Zukunftsinvestitionen liegen lässt, 

(Zuruf von Stefan Ruland, CDU) 

die ich vorhin skizziert habe. An der Reform der Schuldenbremse führt deshalb kein Weg vorbei, damit Kreditaufnahmen für Zukunftsinvestitionen nicht mehr blockiert werden. 

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Alexander Räuscher, CDU) 

Je mehr wir für die Stärkung der öffentlichen Einnahmen tun, z. B. durch die Heranziehung von Spitzenverdienern und großen Vermögen, 

(Zuruf von Stefan Ruland, CDU)

umso weniger Kredite werden benötigt. Es mag angesichts der Haltung der Spitze der CDU, insbesondere in Berlin, heute unrealistisch sein, die dafür notwendige Mehrheit zusammenzubekommen. Wenn man aber bedenkt, dass sich die Probleme für die Landeshaushalte genauso und noch stärker stellen werden, dann wird klar: Hier lohnt sich ein parteiübergreifender Zusammenschluss.

Abschließend bitte ich um eine Überweisung des Antrags der LINKEN in den Ausschuss für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN und von Thomas Lippmann, DIE LINKE) 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Vielen Dank, Frau Dr. Pähle. Es gibt zwei Fragen, von Herrn Heuer und von Frau Frederking. Darüber hinaus gibt es eine Kurzintervention von Herrn Feuerborn. Mit den Fragen sind Sie einverstanden? 


Dr. Katja Pähle (SPD): 

Ja.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Gut, dann fängt Herr Heuer an. - Bitte.


Guido Heuer (CDU): 

Sehr geehrte Frau Kollegin Dr. Pähle, ich könnte jetzt viele Fragen dazu stellen. Ich glaube, bei der Rücknahme der Rückerstattungen reden wir von einer Summe 900 Millionen €. Wenn ich das mit anderen Dingen im Bundeshaushalt ins Verhältnis setze, dann lache ich mich wirklich tot. - Das ist das eine.

Sie sagten, die Belastung kam auch durch den Ukrainekrieg. Wir reden vom Preisverfall, weil das ukrainische Getreide aufgrund der Seeblockade in Europa verleibt und nicht weitergeführt wird.

Jetzt stelle ich Ihnen die Frage: Wären Sie mit Blick auf die Ernährungssicherheit bereit, auf die weitere Stilllegung von 4 % der Flächen, für die die Bauern übrigens auch die Grundsteuer A entrichten - das ist gesellschaftlicher Konsens  , wofür sie aber nicht entschädigt werden, zu verzichten? - Punkt 1.

Punkt 2. Wären Sie auch dafür, dass wir die europäischen Regelungen für Glyphosat, die um zehn Jahre verlängert wurden, eins zu eins umsetzen? Wären wir darin konsensfähig?


Dr. Katja Pähle (SPD): 

Sehr geschätzter Kollege Heuer, ich glaube, ich fange mit dem ersten Punkt an, mit der Stilllegung von 4 % der Flächen, insbesondere unter dem Aspekt der Ernährungssicherheit. Ich glaube, zu Beginn des Ausbruchs des Krieges in der Ukraine waren wir alle sehr besorgt in Bezug auf die Ernährungssicherheit, nicht nur in Deutschland, sondern in der Europäischen Union insgesamt. Zu diesem Zeitpunkt und wenn solche Zeichen sich verdichten, ist eine solche Diskussion auch notwendig. Darin gebe ich Ihnen recht. Etwas, das Landwirtinnen und Landwirte mir aber auch sagen, ist, 

(Dorothea Frederking, GRÜNE: Die wurde ja auch gekürzt!)

dass diese Flächen, die sie jetzt weiter stilllegen, oftmals diejenigen sind, die sie gar nicht sinnvoll bewirtschaften können, weil es Randflächen sind, weil sie an verschiedenen anderen Stellen liegen. Deshalb bitte ich einfach darum, auch bei diesem Argument genau hinzuschauen. Ich glaube, ein genaues Hinschauen sorgt dafür, dass man auch bei diesen Fragen gute Kompromisse schließt. Und für genau solche Kompromisse habe ich geworben.

Auch das Thema Glyphosat braucht eine Diskussion. Wir alle wissen, dass der Verzicht auf die Verwendung von Glyphosat für die Landwirtschaft eine enorme Belastung sein wird. Das wissen wir. Wir wissen aber auch, dass Verbraucherinnen und Verbraucher in Bezug auf den Einsatz von Glyphosat mittlerweile sehr, sehr ablehnend reagieren.

Das ist genau das, was ich gesagt habe: Die Regularien sind das eine, das Verbraucherverhalten ist etwas anderes. Ich glaube nicht, dass die Landwirte in unserem Land glücklich damit sind, wenn wir dafür sorgen, dass sie weiterhin Glyphosat einsetzen können, die Menschen in Sachsen-Anhalt ihre Produkte aber nicht mehr kaufen, weil sie das genau wissen. Deshalb müssen wir darüber diskutieren. Wir müssen Kompromisse finden. Dazu sind wir gern bereit.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Feuerborn. 


Olaf Feuerborn (CDU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Dr. Pähle, zu dem Thema Glyphosat will ich nur sagen: Es wäre schlimm, wenn die Verbraucher die deutschen Produkte, die wesentlich weniger mit Glyphosat belastet sind, deswegen nicht mehr annähmen. Denn wir haben hier eine Anwendungsverordnung, 

(Zustimmung bei der CDU - Siegfried Borgwardt, CDU: Genau so ist das!)

die darauf aufpasst, dass wir es damit nicht übertreiben. Wenn wir aber Produkte aus anderen Teilen der Welt importieren, dann spielt es gar keine Rolle, wie viel Glyphosat eingesetzt wird. Das passt nicht zusammen, das muss ich hier ganz klar sagen.

(Stefan Ruland, CDU: Ja! - Zuruf von Alexander Räuscher, CDU) 

Wenn wir eine europäische Wissenschaftsorganisation haben, die all die Gutachten gelesen hat und die gesagt hat: „Wir finden hier nichts Verwerfliches, wir haben den Landwirten nichts vorzuwerfen, wir haben auch diesem Mittel nichts vorzuwerfen“, dann kann ich nicht nachvollziehen, warum man das ablehnt. Es ist immer nur eine politische Maßgabe, die dazu geführt hat, dass Glyphosat überhaupt in die Diskussion gekommen ist. Es war Greenpeace, das gesagt hat: „Wir wollen das weghaben“, und zwar aus Prinzip und nicht aus Vernunft.

Noch eines dazu. Glyphosat ist unheimlich wichtig, wenn wir klimafreundlich arbeiten wollen. Denn wenn wir CO2 einlagern wollen in unsere landwirtschaftlichen Böden, dann sind die Landwirte bereit, pfluglos zu arbeiten, was ein wichtiges Argument ist. Dann brauchen sie aber das Glyphosat als Werkzeug. Sie brauchen es nicht, um Unkräuter zu vernichten, sondern sie brauchen es als Werkzeug für das tägliche Leben, um CO2 zu reduzieren.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Sven Schulze)

Jetzt komme ich auf einen weiteren Punkt zu sprechen. Die Landwirte streiken nicht, sie haben demonstriert. Das ist ein Unterschied. Wir haben unsere Meinung kundgetan. Und eines will ich auch sagen: Wir haben nicht demonstriert, weil wir mehr haben wollen, sondern weil man uns etwas gekürzt hat, und das nicht erst jetzt mit den zwei Maßnahmen. Diese haben das Fass nur zum Überlaufen gebracht.

Wir haben bei der europäischen Agrarpolitik jetzt eine Änderung bei den Fördermitteln bekommen. Das heißt, 30 % der Mittel werden schon dadurch reduziert. Das entspricht einer Reduzierung um 100 € pro Hektar. Hinzu kommt jetzt noch der Agrardiesel. Die Abschaffung der Kfz-Steuer-Befreiung ist, Gott sei Dank, weg.

Jetzt kommt aber noch die Erhöhung des CO2-Preises dazu, die Maut kommt dazu. Sie müssen wissen, dass letztlich wir die Mauterhöhung bezahlen, die eigentlich der LEH bezahlen müsste; denn das zieht man immer am untersten Produkt ab und das ist die landwirtschaftliche Produktion. Das führt dazu, dass die Einkommen in der Landwirtschaft drastisch zurückgehen, und nicht nur dort, sondern in der Wirtschaft allgemein.

Zu den Brückenblockaden will ich Ihnen sagen: 

(Kristin Heiß, DIE LINKE: Was ist mit der Zeit?) 

Das haben unsere Verbände nicht beantragt, dafür stehen wir auch nicht gerade.

(Zustimmung von Minister Sven Schulze) 


Dr. Katja Pähle (SPD): 

Den Vorwurf habe ich auch nicht gemacht.


Olaf Feuerborn (CDU): 

Dazu will ich ganz klar sagen: Das haben wir nicht beantragt, dazu stehen wir auch nicht, das finden wir auch nicht gut.

(Zuruf von Kristin Heiß, DIE LINKE)

Wir haben bei allen Blockaden immer dafür gesorgt, dass Rettungsgassen freigehalten werden. Wir haben uns eng mit den Genehmigungsbehörden abgestimmt.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben nur Demonstrationen durchgeführt, die genehmigt waren, die mit den Behörden eng abgestimmt waren, bei denen es eine Zusammenarbeit gab.

Und noch einmal zu Ihrer Regierungsbeteiligung.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Ist das eine Fünfminutenrede, oder was? - Sebastian Striegel, GRÜNE: Er kann ja eine Co-Rede halten! - Zurufe von der LINKEN) 

Ich weiß ganz genau: In den letzten Jahren, in denen Sie mit in der Bundesregierung waren,

(Dr. Falko Grube, SPD: Das ist aber länger als zwei Minuten! - Zuruf von Kristin Heiß, DIE LINKE) 

zusammen mit der CDU

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Zwei Minuten!)

sind viele Dinge zugunsten der SPD entschieden worden, bei denen Frau Klöckner einen Rückzug machen musste. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Das war schon fast das Schlusswort, die drei Minuten - fast.


Dr. Katja Pähle (SPD): 

Fast.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Dr. Pähle, wollen Sie antworten?


Dr. Katja Pähle (SPD): 

Aber natürlich, Frau Präsidentin. 

(Guido Heuer, CDU, unterhält sich stehend in den Reihen der CDU-Fraktion)

- Herr Kollege Heuer, darf ich antworten?

Sehr geehrter Kollege Feuerborn, ich gebe zu, ich bin jetzt ein bisschen im Zwiespalt, wie ich meine Antwort formulieren soll. Denn ein Teil der Antwort richtet sich an den Parlamentarier,

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE, lachend: Ja!)

der andere Teil der Antwort müsste sich eigentlich an den Präsidenten des Bauernverbandes in Sachsen-Anhalt richten, aber der sitzt nicht hier im Plenum.

(Kristin Heiß, DIE LINKE: Ja!)

Deshalb nur ganz kurz. Ich fange einmal mit dem letzten Argument an. Ja, natürlich war die CDU insbesondere in den letzten Jahren in einer großen Koalition mit der SPD, davor und dazwischen auch mit der FDP, dann wieder in der Großen Koalition.

Ihr Argument war, dass die Entscheidungen sowohl in der Bundesrepublik als auch auf der europäischen Ebene nur das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Sehr geehrter Herr Feuerborn, wo ist denn die differenzierte Darstellung, um welche Maßnahmen es geht?

Bei den großen Protesten und Demonstrationen der Bauern war das vorrangige Thema der Agrardiesel. Und es war - vielleicht nicht auf dem Domplatz in Magdeburg und vielleicht nicht auf dem Riebeckplatz in Halle, aber bundesweit - die Forderung „Die Ampel muss weg!“ deutlich zu hören.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ja, die muss weg!)

An dieser Stelle sage ich: Lassen Sie uns über die Punkte diskutieren, um die es den Landwirten geht, da gibt es eine Menge zu tun. Aber das andere ist eine Ebene, auf die sollten sich Parlamentarier, glaube ich, nicht begeben.

Gegen Ihre Hinweise, insbesondere zum Thema Glyphosat etc. pp., will ich gar nicht argumentieren. Darum ging es in meinem Beitrag auch nicht. Es ging vielmehr darum, genau an diesen Stellen, insbesondere auf die Nachfrage von dem Herrn Kollegen Heuer, klarzumachen: Man kann über viele Dinge diskutieren, aber ich entscheide nicht darüber, ob Bauern Glyphosat einsetzen, ich entscheide aber vor allen Dingen nicht darüber, wie Verbraucherinnen und Verbraucher das bewerten, wenn es eingesetzt wird.

Ich habe in meinem Umfeld Menschen, die sich mit dem Thema Glyphosat, sicherlich durch Zeitungsartikel getriggert, auseinandersetzen. Lassen wir doch gemeinsam Taten sprechen, lassen Sie uns Diskussionen führen, Informationen weitergeben, damit klar ist, wo wir stehen. Aber dafür muss man in einen Diskurs treten, in eine Diskussion. Das habe ich vermisst.

Ein letzter Punkt. Ich habe nicht gesagt, dass die Bauern streiken, ich habe nur unterschiedliche Protestformen gegeneinandergestellt. Ich habe vor dem berechtigten Interesse sowohl der Bäuerinnen und Bauern als auch der Beschäftigten im Einzelhandel und der Beschäftigten bei der Bahn und vor ihren Protestaktionen Respekt, 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Oh, Leute!)

weil das zur Demokratie dazugehört, ohne Zweifel.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ja, jetzt reicht es!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Jetzt ist Frau Frederking mit einer Frage an der Reihe.

(Oh! bei der AfD - Zuruf von der AfD: Auch noch! - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Man kann es auch echt in die Länge ziehen!)


Dorothea Frederking (GRÜNE): 

Frau Dr. Pähle, Sie haben erwähnt, dass der Anlass für die Bauernproteste war, dass das Fass übergelaufen ist. Sie haben einen Blick in dieses Fass geworfen und haben darin jahrzehntelang aufgestaute Probleme gefunden.

Meine Frage ist: War in diesem Fass auch das von der ehemaligen CDU-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf den Weg gebrachte unzureichende Düngerecht, das von der EU-Kommission mit einem Vertragsverletzungsverfahren belegt worden ist? Um die angedrohten Milliardenstrafzahlungen abzuwenden, musste die neue Bundesregierung in einem Hauruckverfahren eine Korrektur vornehmen.

Geben Sie mir darin recht, dass dieser Korrekturprozess, bei dem auch die berufsständischen Vertretungen berechtigterweise ihre Einlassungen machen sollten - die aber eben auch Bremsaktionen gemacht haben - auch eine Ursache für die Unzufriedenheit der landwirtschaftlichen Betriebe ist?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Dr. Pähle.


Dr. Katja Pähle (SPD): 

Vielen Dank, Frau Kollegin Frederking. - Erstens. Viele Punkte habe ich in meinem Debattenbeitrag schon angesprochen. Ich will jetzt nicht noch weitere Nachfragen initiieren, indem ich sage: Ja, das war das und das und dieses und jenes. Denn dann kommen wir tatsächlich in einen inhaltlichen Diskurs. Ein solcher ist notwendig, um die Landwirtschaft, die wir in der Bundesrepublik brauchen, die wir hochhalten wollen und die wir wertschätzen müssen, zukunftsfähig auszugestalten.

Deshalb sind viele Dinge zu besprechen. Vieles bringen die Bundesregierung und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages an dieser Stelle auf den Weg. Die Agrarministerkonferenz wird sich damit befassen. Ich glaube, gemeinsam kann man dort einiges für die Landwirtschaft in der Bundesrepublik und auch in Sachsen-Anhalt tun. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)