Rüdiger Erben (SPD):
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Problem der erheblichen rechtlichen Unsicherheit um die Kreisumlagenerhebung in Sachsen-Anhalt ist nicht neu.
(Olaf Meister, GRÜNE: Das ist wahr!)
Jetzt hat die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zur Kreisumlage des Landkreises Mansfeld-Südharz tatsächlich einen großen Knall ausgelöst, der auch hier im Plenum gehört wird. Ich hoffe, er wird auch in der Landesregierung gehört. Was Herr Minister eben sagte, macht mir dafür Mut; denn nach aktuellem Stand wurde mit den Prozessen, die in Mansfeld-Südharz stattfanden und nunmehr abgeschlossen sind, erst einmal ein Betrag inklusive Gerichtskosten von weit mehr als 100 Millionen € in die Luft gejagt. Das muss man an der Stelle einmal feststellen; denn die Bescheide sind nunmehr alle weg, und hinter diesen Bescheiden steht ein Betrag von weit mehr als 100 Millionen € in einem Landkreis.
Um es vorwegzunehmen: Das Aussitzen nach dem Motto „Es wird schon irgendwie, in der nächsten Instanz bekommen wir recht“ muss jetzt ein Ende haben.
(Beifall bei der SPD, bei den LINKEN und bei den GRÜNEN)
Was bedeutet die Entscheidung des OVG für die kommunale Praxis? - Zunächst waren es nur Vorgaben zum Verfahren. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat über Jahre immer neue Entscheidungen zum Verfahren getroffen. Das Verfahren der Haushaltsaufstellung in Bezug auf die Kreisumlagenerhebung wurde immer mehr verrechtlicht und verkompliziert. Wir haben mittlerweile die Situation - die Kreistagsmitglieder unter Ihnen werden das kennen, vor allem diejenigen, die ihren Kreishaushalt noch in Papierform haben : Wenn Sie den eigentlichen Kreishaushalt neben den Abwägungsvorgang zur Kreisumlage legen, dann stellt man fest, dass das kein vernünftiges Verhältnis mehr ist.
Wenn heutzutage in einem Kreistag die Situation besteht, dass Fraktionsvorsitzende ihren Fraktionsmitgliedern sagen „Meldet euch lieber nicht zu Wort und sagt etwas über irgendwelche Kompromisse in den Haushaltsberatungen; dort oben auf der Tribüne sitzt der Anwalt einer kreisangehörigen Gemeinde, der nur darauf wartet, dass sich irgendwelche Abwägungsfehler dokumentieren lassen“, dann ist das für die lokale Demokratie auf der Kreisebene schlimm.
(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den LINKEN)
Ich erlebe das als Kreistagsmitglied seit vielen Jahren, und ich sage, es reicht mir einfach. Jetzt haben wir noch die Situation, dass erstmalig materiell Vorgaben gemacht werden. Es werden materiell Vorgaben gemacht, die die Kreisumlagenhebesatzfestsetzung in der Haushaltsatzung irgendwie nur noch zu einem mathematischen Vorgang machen. Man schaut sich an, wie viele arme Gemeinden es im Landkreis gibt. Dann rechnet man die Prozentzahl aus, und dabei ist es völlig egal, ob das die Gemeinde Schnaudertal mit 880 Einwohnern oder die Stadt Weißenfels mit 40 000 Einwohnern ist. Sie werden in das eine Viertel hineingerechnet. Das kann doch nicht der Maßstab sein und das ist auch kein herbeigeredetes Problem. Ich höre, dass an der einen oder anderen Stelle gesagt wird, das Ganze sei nur ein herbeigeredetes Problem des Abg. Erben. Das stimmt einfach nicht.
Wenn sich reiche Gemeinden in diesem Lande wie Barleben - um einen anderen Landkreis zu nennen, der mit anderen Gemeinden an der Stelle Probleme hat - aufgrund der Rechtslage auf die Armut anderer Gemeinden im Bördekreis berufen können und damit ihre Prozesse gewinnen,
(Zuruf)
dann müssen wir gesetzgeberisch einschreiten. Das lösen wir auch nicht damit - ich komme damit zu dem Vorschlag des Kollegen Gebhardt , dass man einfach oben in den Topf mehr Geld wirft. Das kommt nämlich nicht im Landkreis Mansfeld-Südharz an.
(Zuruf: Genau so ist es!)
Das kommt regelmäßig auch nicht in der Mitgliedsgemeinde X einer Verbandsgemeine an.
Was müssen wir deswegen tun? - Wir müssen ernsthaft daran arbeiten, die Finanzbeziehungen zwischen kreisangehörigen Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreisen zu entflechten. Sonst werden wir das Problem nicht lösen.
(Zustimmung bei der SDP)
Wenn bei Mansfeld-Südharz herauskommt „Ihr könnt in diesem Jahr nur eine rechtmäßige Kreisumlage erheben, wenn ihr mit einem Hebesatz von 21 % arbeitet und der Rest bei den Gemeinden bleibt - in Mansfeld-Südharz gibt es nicht nur arme Gemeinden, es gibt auch Gemeinden, die mit dem Geld durchaus zurechtkommen , dann kann das nicht die Lösung sein. Deswegen bin ich der festen Überzeugung, dass wir an § 99 Abs. 3 und § 99 Abs. 4 des Kommunalverfassungsgesetzes heranmüssen. Denn so wie es jetzt ist, mit der Rechtsprechung dazu, kann das Ganze nicht bleiben.
Deswegen beantrage ich, den Antrag der Fraktion DIE LINKE zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Finanzausschuss zu überweisen. - Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)