Monika Hohmann (DIE LINKE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem unser Gesetzentwurf zum Kinderförderungsgesetz, in dem wir ein kostenfreies Mittagessen gefordert haben, im Sozialausschuss abgelehnt wurde und wahrscheinlich auch der mitberatende Finanzausschuss ähnlich agieren wird, starten wir heute erneut einen Versuch, für ein gesundes und bezahlbares Mittagessen zu werben. Das heißt nicht, dass wir die Forderung nach einer kostenlosen Mittagsverpflegung aufgeben werden. 

Mit unserem heutigen Antrag möchten wir auf die bevorstehende Wiedererhöhung der Mehrwertsteuer auf Restaurant  und Verpflegungsdienstleistungen von 7 % auf 19 % reagieren. Aus unserer Sicht steht diese Erhöhung im krassen Widerspruch zu den Zielen der Ernährungsstrategie der Bundesrepublik. Darin heißt es unter anderem, dass allen Kindern und Jugendlichen unabhängig vom Einkommen der Eltern in Kita und Schule ebenso wie bei Angeboten der Kinder  und Jugendhilfe qualitativ hochwertige und ausgewogene Mahlzeiten angeboten werden sollen. 

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen, dass das Essen in der Kita und in der Schule gesund und finanzierbar bleibt. 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir erleben seit vielen Monaten anhaltende Teuerungen für Lebensmittel und Energie, gleichzeitig Kaufkraftverluste sowie wirtschaftlichen und unternehmerischen Abstieg. 

(Markus Kurze, CDU: Stimmt!)

Immer mehr verschuldete Menschen suchen Beratungsstellen auf. Altersarmut und Kinderarmut nehmen weiter zu. Der Europarat hat kürzlich die Bundesregierung gerügt, nicht genug gegen Armut besonders bei Kindern und Alleinerziehenden sowie gegen soziale Ungleichheit zu unternehmen. 

Wenn man sich anschaut, welche Erhöhungen auf Familien ab Januar 2024 zukommen, dann sehen wir unmittelbaren Handlungsbedarf. Zum neuen Jahr steigt erneut die CO2 Steuer - die Zahlen sind noch von gestern; heute werden es andere Zahlen sein. Das dürfte sich z. B. an der Tankstelle rasch bemerkbar machen. Experten rechnen deswegen mit einer Preiserhöhung von rund 3 ct. Jetzt können wir sagen 3,5 ct je Liter. 

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Aber nicht nur an der Tankstelle wird es teurer, sondern auch - wie mein Kollege Herr Gallert eben sagte - das Heizen mit Erdgas und Heizöl wird spürbare Erhöhungen nach sich ziehen. Ebenfalls ab 2024 werden die Strompreise teurer. Denn durch den voraussichtlichen Wegfall der Stabilisierung der Netzentgelte - nicht nur voraussichtlich, denn seit einer halben Stunde wissen wir, dass sie wegfallen wird - ist mit einer Steigerung von 11 % bei der Stromrechnung für die Haushalte zu rechnen. 

Auch die Krankenkassenbeiträge werden ab 2024 angehoben. Es wird mit einem Anstieg des durchschnittlichen Zusatzbeitrages um 0,2 Prozentpunkte bis 0,4 Prozentpunkte gerechnet. Ich könnte hier noch weitere Beispiele aufzeigen, aber ich denke, Sie wissen, worum es geht. 

Sehr geehrte Damen und Herren! All diese Beispiele haben auch Auswirkungen auf die zukünftige Preisgestaltung in der Mittagsversorgung. Viele Anbieter werden diese Erhöhungen auf den Endverbraucher umlegen. Schon jetzt erhalten Eltern von ihren Essensanbietern die neuen Preise ab 2024. 

Im Jahr 2016 bezahlte man für ein Schulessen durchschnittlich 2,50 €. Jetzt werden bspw. in Halle - das wissen wir von einigen Schulen - die Preise dafür von 4,20 € auf 4,70 € erhöht. In Magdeburg gibt es Schulen, an denen die Preise von 4,55 € auf 5,28 € steigen, und zwar jetzt schon, ohne dass das, was heute beschlossen worden ist, einkalkuliert wurde. 

Die Folge könnte sein - ich vermute, es wird darauf hinauslaufen  , dass Eltern die tägliche Mittagsmahlzeit für ihre Kinder abbestellen. Denn schon jetzt stoßen sie an ihre finanziellen Grenzen, wenn man noch die Hort  oder die Kita-Beiträge dazurechnet. Jüngst heute Morgen in der „Volksstimme“: die Erhöhung der Kita-Beiträge in Osterburg. Wir wissen das von meiner Kollegin Frau Anger, die in den letzten Landtagssitzungen immer wieder darauf aufmerksam gemacht hat. Ich erinnere nur an den Ort Hackpfüffel, der sich sicherlich bei einigen eingebrannt hat. 

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ich weiß auch, wo das ist!)

Hierbei kommt man dann monatlich, wenn man die Elternbeiträge und das Mittagessen zusammen nimmt, auf Beiträge von 300 € oder sogar noch mehr, wenn man noch ein Geschwisterkind hat, das auch an der Mittagsversorgung teilnimmt. 

Sehr geehrte Damen und Herren! In unserem Antrag fordern wir die Landesregierung ebenfalls auf, sich auf der Bundesebene für eine Mehrwertsteuerbefreiung für Verpflegungsdienstleistungen für Kitas und Schulen einzusetzen. Auch wenn der Antrag von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt zur Beibehaltung der derzeitigen Mehrwertsteuer im Bundesrat liegt, besteht vielleicht doch noch ein wenig Hoffnung, dass dabei etwas passiert. 

(Beifall bei der LINKEN)

Auch der Bundeshaushalt für 2024 ist noch nicht verabschiedet. Vielleicht gibt es ja auch dabei noch Hoffnung. 

Wir sind der Meinung, dass Essen ein menschliches Grundrecht ist und dass es nicht am Geldbeutel scheitern darf, ob jemand daran teilnehmen kann oder nicht. An Kitas und Schulen muss das Mittagessen steuerbefreit werden, wie es auch an öffentlichen Unimensen gehandhabt wird. 

Andere europäische Länder machen bereits vor, wie kostenfreies Schulessen funktionieren kann und welche Vorteile es bietet. Ich erwähne nur Estland, Finnland, Norwegen oder auch Schweden. Viele von uns waren schon in diesen Ländern auf Delegationsreise oder Ausschussreise und konnten sich davon überzeugen. 

Sehr geehrte Damen und Herren! In unseren Antrag haben wir noch weitere Punkte aufgenommen. So fordern wir die Landesregierung auf, kurzfristig einen Preisdeckel von 3,50 € für bezahlbare Vollverpflegung im Land einzusetzen. 

(Beifall bei der LINKEN)

Ich kann Ihnen sagen, damit wären wir nicht die Ersten. Es gibt bereits Bundesländer, die mit gutem Beispiel vorangehen. 

Weiterhin erneuern wir unsere Forderung, mittel  und langfristig durch Landesmittel ein kostenloses Mittagessen für alle Kinder und Jugendlichen in Kitas und Schulen im Land zu finanzieren. 

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der AfD: Das war unsere Forderung!)

Falls jetzt wieder die berühmte Nachfrage der Koalition kommt, wie wir das Ganze finanzieren wollen, 

(Ulrich Siegmund, AfD: Zweimal ablehnt!)

kann ich Ihnen nur sagen: Heben Sie die Subventionierung für sogenannte Geschäftsessen auf, 

(Beifall bei der LINKEN)

die nach wie vor steuerlich absetzbar sind, und das sogar bis zu 100 %. 

(Ulrich Siegmund, AfD: Zweimal ablehnt!)

Trotzdem ist es dringend notwendig, dass wir eine grundlegende Reform des Steuerrechts vornehmen. Das gilt nicht nur für die Gastronomie, nicht nur für das Schulessen und nicht nur für die Kantinen. Was meine ich? Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele. Leitungswasser bzw. Mineralwasser wird mit 7 % besteuert, aber Mineralwasser mit Kohlensäure mit 19 %, Tee und Kaffee wiederum mit 7 %, oder aber auch die normale Kuhmilch mit 7 %, die Sojamilch hingegen mit 19 %, Obst mit 7 %, aber der Obstsaft mit 19 %, Kartoffeln mit 7 %, aber die Süßkartoffel mit 19 %. 

Ganz absurd wird es, wenn man an den Kauf von Reitpferden denkt. 

(Zuruf)

- Das ist vielleicht ein komisches Beispiel, aber vielleicht weiß es einer von Ihnen. 

Wenn Sie ein Reitpferd kaufen wollen, zahlen Sie 7 %. Warum? - Weil man theoretisch davon ausgehen kann, dass man Reitpferde auch essen kann. Deshalb zahlen Sie 7 %. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist alles ziemlich absurd und das kann man auch niemandem vermitteln. 

(Zustimmung bei der LINKEN)

Hierbei müssen die Ausnahmetatbestände, die auf Bundesebene getroffen worden sind, wirklich dahin gehend überprüft werden, ob sie noch zeitgemäß sind. 

Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich noch kurz auf den Alternativantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN reagieren. Wir halten diesen Antrag für entbehrlich, da Sachsen-Anhalt bereits im Bundesrat tätig geworden ist und über den Antrag noch in den Ausschüssen beraten wird. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der LINKEN)