Jörg Bernstein (FDP):
Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank für den Hinweis. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich nach guter alter Tradition zunächst einmal bedanken für die wirklich gute Zusammenarbeit innerhalb des Ausschusses und natürlich auch bei allen anderen hier schon mit reichhaltigem Dank Bedachten. Frau M., auch an Sie noch einmal ein ganz herzliches Dankeschön.
Ein kleiner Rückblick. In der Märzsitzung zur zweiten Lesung des Landeshaushalts 2023 hatte auch ich gefordert, dass uns die Beachtung des Haushaltsgrundsatzes der Vorherigkeit für das kommende Haushaltsjahr wieder gelingen muss. Mit dem heute vorliegenden Beschlussentwurf für den Haushalt 2024 können wir quasi im Dezember 2023 Vollzug melden.
(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)
Auch die Wiederholung der nicht nur für Opposition unbefriedigenden Situation mit 142 Änderungsanträgen als Tischvorlage in der Bereinigungssitzung im Finanzausschuss ist uns glücklicherweise durch konstruktives Arbeiten erspart geblieben. Auch dafür allen Beteiligten ein Dankeschön.
Um es kurz zu machen: Wir zeigen als Koalition, dass wir trotz zunehmender Schwierigkeiten und trotz schwieriger Rahmenbedingungen handlungsfähig sind. Gemeinsam haben wir uns z. B. im Bildungsbereich auf die Umsetzung von Maßnahmen verständigt. Hierzu zähle ich als Erstes natürlich die durch die Kollegen der SPD-Fraktion angeregte und heftig diskutierte Absicherung der Schulsozialarbeit. Die auskömmliche Finanzierung von Schulen in freier Trägerschaft rechne ich auch ausdrücklich der gesamten Koalition als Erfolg an
(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP, von Guido Kosmehl, FDP, und von Stefan Ruland, CDU)
und am Ende auch die wiederum erreichte Absicherung des flexiblen Personalbudgets für die Schulen im Sekundarbereich I.
Wenn ich von schwierigen Rahmenbedingungen spreche, dann muss man hierbei unbedingt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt des Bundes für das Jahr 2021 mit anführen. Dieses Urteil ereilte uns quasi in der Haushaltsaufstellung auf der Zielgeraden. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir mit dem heute Vormittag beschlossenen Nachtragshaushalt 2023 und dem jetzt zu verabschiedenden Haushalt 2024 auf rechtssicherem Boden stehen.
Auf die vorliegenden Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen wird nachher gewiss noch Kollege Ruland detailliert eingehen und hoffentlich auch bei Frau Heiß die letzten Fragen klären; nicht dass sich daraus noch die Notwendigkeit für einen Volkshochschulkurs, den Sie einmal empfohlen hatten, ergibt.
(Zuruf von Kristin Heiß, DIE LINKE)
Zum Thema der Kreditaufnahme lässt sich zunächst einmal feststellen: Die Schuldenbremse steht,
(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, und von Stefan Ruland, CDU)
da die geplanten Kreditermächtigungen im Einklang mit der Landesverfassung und der Landeshaushaltsordnung stehen. Das sind zum einen die Mittel für die schon genannten finanziellen Transaktionen. Hierbei sind zunächst die Vorhaben der IPS zu nennen; auch wenn ich sagen muss, dass man bei den dafür eingeplanten 190 Millionen € zwei große Einzelmaßnahmen hervorheben muss, für die lediglich Vorsorge getroffen wurde. Das war der Ankauf von zwei Immobilien, die zurzeit in der Vermietung stehen. Das kann sich alles sicherlich noch ganz anders darstellen; das ist zumindest meine Überzeugung.
Gestern wurde vom Bund noch einmal ein klares Bekenntnis zu Intel-Ansiedlung gegeben. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, zügig an die Entwicklung des High-Tech-Parks zu gehen. Auch hierbei erfolgt die Eigenkapitalzuführung zur HTP GmbH seitens des Landes auf dem Wege finanzieller Transaktionen über Kredite. Die Refinanzierung soll über den Verkauf von Grundstücken erfolgen und wird zum wirtschaftlichen Erfolg auch für das Land führen. Davon bin ich fest überzeugt.
(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)
Ein weiterer großer Posten ist die Absicherung der für das Jahr 2024 im Wirtschaftsplan zum Sondervermögen „Corona“ geplanten Maßnahmen. Auch sie dienen der Überwindung der Coronafolgen und dem Aufbau von Resilienz. Die Feststellung der entsprechenden Notlage ist hierfür unabdingbar. Die Freien Demokraten werden dem entsprechenden Antrag zustimmen.
Was die Maßnahmen selbst betrifft, so müssen sich die Koalitionsfraktionen zu Beginn des kommenden Jahres - ich denke, darüber sind wir uns einig - eine Bewertung zur Fortführung vornehmen. Ziel muss es sein, keine weiteren Rechtsverpflichtungen über das Jahr 2024 hinaus zu begründen; müssten diese doch ab dem Jahr 2025 im Kernhaushalt abgebildet werden. Ich gehe davon aus, dass die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion hinter den Worten ihres Fraktionsvorsitzenden stehen, wonach für ihn ab dem Jahr 2025 keine weitere Feststellung einer Notlage denkbar ist.
(Zuruf von der CDU)
Diese Auffassung, dass keine weitere Feststellung einer möglichen Notlage erfolgt, teilen wir Freie Demokraten ausdrücklich.
(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, und von Guido Heuer, CDU)
Zusammenfassend kann man zum Thema Kreditaufnahme feststellen: Berücksichtigt man auf der Aktivseite die Rückführung der verbliebenen Rücklage zum Sondervermögen „Corona“, so wird sich die Verschuldung des Landes sogar absenken.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir nun noch einen Blick auf die Maßnahmen, die für uns Freie Demokraten besonders bedeutsam sind. Als Erstes möchte ich noch einmal auf die Mittel hinweisen, die das Land aus dem Aufkommen der Feuerschutzsteuer den Kommunen zusätzlich für den Brand- und Katastrophenschutz zuweist. Dieser 50-prozentige Aufschlag ist eine spürbare Entlastung für unsere kommunalen Haushalte in diesem Projektbereich; gab es doch sicherlich nicht nur in meiner Heimatstadt schon entsprechende Kürzungspläne, die nun glücklicherweise rückgängig gemacht werden konnten. Das wird vor Ort sehr geschätzt.
Wichtig sind uns auch die Mittel für notwendige Investitionen in Frauenhäuser, ebenso wie die Erhöhung der Mittel für Projekte in der Regionalentwicklung im ländlichen Raum. Den größten Posten stellt die Ausweitung der Mittel für den Landesstraßenbau dar, denn auch hierbei schlagen Preissteigerungen in entsprechender Höhe zu. Mit den eingeplanten Mitteln wären dann die Straßen beim Ausbau einfach kürzer geworden.
(Guido Kosmehl, FDP: Und Radwege!)
- Und die Radwege, natürlich, auf jeden Fall. Begleitende Radwege sind auch dabei.
Da wir auch an die Verkehrssicherheit gedacht haben, sind auch hierfür zusätzliche Mittel für die Verkehrswacht eingeplant.
Eine kleine zusätzliche Einzelmaßnahme, die wir allerdings durch die Umschichtung von Haushaltsmitteln darstellen konnten, freut mich als bildungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion ganz besonders. Mit der Teilfinanzierung für das Schüleraustauschprogramm „USA for you“ gehen wir einen ersten Schritt zu einem weiteren Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, nämlich die Initiierung eines parlamentarischen Patenschaftsprogramms. Warum freut mich das besonders? Das freut mich deshalb besonders, weil es bei dem Austauschprogramm „USA for you“ explizit um Schülerinnen und Schüler außerhalb der Gymnasien geht, für die die Teilnahme am Schüleraustausch bisher eher unüblich war.
Abschließend, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, darf ich im Namen der Fraktion der Freien Demokraten erklären, dass wir selbstverständlich der Beschlussempfehlung und den noch vorzustellenden Änderungsanträgen zustimmen werden. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Ich danke auch für die Aufmerksamkeit. Wenn Sie das Ganze aufmerksam beobachtet haben, dann haben Sie festgestellt, dass es zwei Fragen gibt.
Jörg Bernstein (FDP):
Mein Blick war
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Dann war Ihr Blickwinkel etwas eingeschränkt.
Jörg Bernstein (FDP):
Okay.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Den Blick ein bisschen weiter nach links. Die Erste war Frau von Angern.
(Zuruf von der CDU)
- Nein, das ist völlig klar. Wir sind uns ja einig. Deshalb sind wir hier vorn da, damit wir Ihnen helfen, das zu sehen, was Sie noch nicht gesehen haben.
Eva von Angern (DIE LINKE):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Kollege, ich habe eine Nachfrage zum Einzelplan 05 und dort zur Förderung der Servicestelle Kinder und Jugendschutz. Ich ahne, dass Sie genauso wie die Mitglieder meiner Fraktion in den letzten Tagen und Wochen sehr viel Post erhalten haben, von Lehrerinnen, Schulsozialarbeiterinnen, jetzt kürzlich auch aus der kommunalen Familie, die den Landtag noch einmal sehr deutlich darauf hingewiesen haben, welch hohe Qualität die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Servicestelle in Sachsen-Anhalt seit fast schon seit zehn Jahren liefern. Vielleicht haben Sie auch zur Kenntnis genommen, dass die Fraktionsvorsitzende der SPD heute unter dem Tagesordnungspunkt 31 von einer sehr guten Arbeit der Servicestelle in der Obhut von fjp-media sprach.
Nun frage ich Sie, über das Haushaltsjahr 2024 hinausblickend: Teilen Sie die Aussage von Frau Dr. Pähle, die ich ausdrücklich teile, dass die bisherige Servicestelle eine sehr gute Arbeit leistet? Und wenn Sie diese Aussage teilen: Was tun Sie als FDP-Fraktion dafür, dass das auch über den Haushalt 2024 hinaus in dieser Qualität so fortgeführt werden kann, ggf. auch in der Trägerschaft von fjp-media?
Jörg Bernstein (FDP):
Danke, sehr verehrte Kollegin von Angern. Zu dem ersten Punkt. Natürlich haben auch wir alle diese Schreiben erhalten, unter anderem vom Jugendamtsleiter meiner Heimatstadt Dessau Roßlau, der ausdrücklich auch die hervorragende Arbeit der Servicestelle Kinder und Jugendschutz gelobt hat.
Ich kann, ganz ehrlich, das Problem nicht erkennen. Das hat auch Frau Dr. Pähle, glaube ich, heute schon dargestellt. Diese Absolutheit, mit der man sagt, diese Servicestelle stellt ihre Arbeit ein, kann ich eigentlich nicht nachvollziehen. Ich stehe hier jetzt nicht für das Sozialministerium, um die Entscheidung zu bewerten, zu verteidigen oder abzulehnen. Aber ich habe mit Blick auf den Haushalt 2024 zumindest wahrgenommen, dass für diese Servicestelle Verpflichtungsermächtigungen an einer anderen Stelle im Haushaltsplan vorgesehen wurden.
Ich bin kein Sozialpolitiker und könnte das Verfahren nicht ohne Weiteres erklären, warum man von einer institutionellen Förderung in einen Dienstleistungsvertrag switcht. Aber ich gehe davon aus, dass diese Servicestelle, wenn sie so hervorragende Arbeit leistet, ihre Arbeit dann auch fortsetzen können wird.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. Es gibt eine zweite Frage. - Herr Gallert, bitte.
Jörg Bernstein (FDP):
Oh.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
Sie freuen sich schon, Herr Bernstein. Das ist völlig in Ordnung.
Herr Bernstein, Ihr erster kerniger Satz war: Die Schuldenbremse steht. Zwei Minuten später reden Sie über die IPS. Diese bekommt jetzt Mittel in Höhe von 190 Millionen €
(Stefan Ruland, CDU: Wie oft wollen Sie das noch fragen?)
in diesem Haushalt, ohne dass diese 190 Millionen € in die Berechnung zur Kreditobergrenze eingezogen werden. Sie haben gesagt: Na ja, die kaufen damit ja auch zwei Immobilien. Aber die 190 Millionen € sind nicht nur für den Immobilienankauf,
Jörg Bernstein (FDP):
Ja.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
nein, sie sind dezidiert auch
Jörg Bernstein (FDP):
Ja, das weiß ich.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
für die Möglichkeit, z. B. Landesliegenschaften entweder zu sanieren oder zu bauen. Darüber müssen wir jetzt nicht im Einzelnen reden. Ist das Ihre Lesart von Schuldenbremse, dass Kredite, die dafür aufgenommen werden, Landesliegenschaften zu sanieren, nicht als Kredite im Sinne der Schuldenbremse zu bewerten sind?
Jörg Bernstein (FDP):
Ich glaube, die Aufgabe der IPS ist die Entwicklung von landesbedeutsamen Liegenschaften, für die entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden. Jetzt müssen wir natürlich eine viel weitere Diskussion aufmachen. Ich bin grundsätzlich der Meinung - ich denke, diese Meinung ist auch begründet , dass die Schuldenbremse steht. Sie steht nämlich so lange, wie man sich an das geltende Recht hält. Und das tun wir.
(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP, und von Guido Kosmehl, FDP)
Es ist eine finanzielle Transaktion und die wird darin abgebildet.
Nun könnten wir darüber diskutieren, inwieweit z. B. unser derzeitiges Haushaltsrecht oder die Art und Weise der Bewirtschaftung der Haushalte - das hatten wir gestern schon bei der Diskussion um die Schuldenbremse - überhaupt noch zeitgemäß sind, ob wir als Land z. B. auch eine Landesdoppik einführen müssten.
(Zuruf von Dr. Falko Grube, SPD, und von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)
Denn dann könnte man tatsächlich Zahlungsströme und Nutzungszeitraum entkoppeln. Man müsste keinen Ausgleich mehr zwischen Einnahmen und Ausgaben schaffen, die immer nur ein Jahr betreffen, sondern man könnte das auf die gesamte Nutzungsdauer abstellen. Man könnte dann einen Ausgleich zwischen Aufwänden und Erträgen darstellen.
(Unruhe)
Aber ich denke, das wären Diskussionen, die man an anderer Stelle führen müsste.
Die Antwort ist also: Ich bin der Überzeugung, dass die Schuldenbremse steht.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Es gibt eine Nachfrage.
Jörg Bernstein (FDP):
Noch eine Nachfrage, na gut.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
Mit den Überzeugungen und dem Glauben ist das so eine Sache. Darüber haben wir schon diskutiert.
Jörg Bernstein (FDP):
Gestern gab es aber auch oft den Punkt, dass Sie von Glauben sprachen, obwohl Sie gerade noch darauf hingewiesen hatten, dass der Glaube für die andere Seite vom Domplatz vorgesehen ist.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
Herr Bernstein, ich habe eine ganz andere Frage: Ist Ihnen bewusst, dass der gerade von Frau Heiß seitens Ihrer Fraktion so stark kritisierte Satz, dass eine Opposition gar nicht dazu in der Lage ist, für alle Vorschläge Deckungsquellen zu finden, eine lange Historie in diesem Haus hat
(Eva von Angern, DIE LINKE: Ja!)
und dass der Erste, der diesen Satz als fundamentales Recht der Opposition definiert hat, der spätere Ministerpräsident dieses Landes Prof. Böhmer gewesen ist, der nach diesem Satz eine Regierung zusammen mit der FDP gebildet hat?
(Stefan Gebhardt, DIE LINKE, lacht - Guido Kosmehl, FDP: Das war keine schlechte Zeit!)
Jörg Bernstein (FDP):
Das glaube ich auch.
(Eva von Angern, DIE LINKE: Fragt sich nur für wen! - Marco Tullner, CDU: Und das waren gute Jahre für Sachsen-Anhalt! - Weitere Zurufe)
Also, Herr Gallert, ich habe mich in diesen Jahren noch meiner Lehrertätigkeit gewidmet. Ich habe damit, denke ich, auch etwas sehr Produktives für das Land getan.
(Zustimmung bei der FDP - Wulf Gallert, DIE LINKE: Und jetzt sind Sie hier!)
- Jetzt bin ich hier und jetzt bin ich in der Regierung mitverantwortlich bzw. in einer der regierungstragenden Fraktionen.