Tagesordnungspunkt 24

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Kommunalverfassungsrechts

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 8/3424


Den Gesetzentwurf wird die Innenministerin Frau Dr. Zieschang einbringen.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Das Kommunalverfassungsrecht unseres Landes soll moderner und praxisnäher werden. Dies soll mit dem Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Kommunalverfassungsrechts erreicht werden, der Ihnen heute zur ersten Lesung vorliegt. 

Im Vorfeld haben wir die bisherigen kommunalrechtlichen Vorschriften gemeinsam mit den Kommunen, gemeinsam mit den Kommunalaufsichtsbehörden und mit den kommunalen Spitzenverbänden intensiv evaluiert. Die gesammelten Erkenntnisse aus dieser Evaluation wurden in Workshops mit Vertreterinnen und Vertretern aus der kommunalen Praxis vertieft. Dabei wurde deutlich, dass sich die bisherigen Regelungen grundsätzlich bewährt haben, dass aber durchaus Bedarf für eine an der kommunalen Praxis und am digitalen Zeitalter orientierten Fortentwicklung besteht. 

Folgende Ziele sieht der Gesetzentwurf vor: 

•    erstens eine Stärkung der kommunalen Eigenverantwortung und die Erweiterung von Handlungsspielräumen, 

•    zweitens die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Wahrnehmung des ehrenamtlichen Mandats, 

•    drittens die Anpassung des Kommunalrechts an die Bedürfnisse der kommunalen Praxis und die Schaffung von Rechtssicherheit und schließlich 

•    viertens die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die kommunale Zusammenarbeit. 

Im Einzelnen. Mit dem Gesetzentwurf werden Genehmigungs- und Anzeigepflichten abgebaut und so die kommunale Eigenverantwortung gestärkt. Derzeit müssen die Kommunen jede Satzung, die sie erlassen, der Kommunalaufsicht vorlegen. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Künftig soll daher auf die allgemeine Anzeigepflicht von Satzungen verzichtet werden. Der Erlass und die Änderung der Hauptsatzung sollen zukünftig keiner Genehmigung der Kommunalaufsicht mehr bedürfen; sie sollen nur noch angezeigt werden. Damit stärken wir insgesamt die Selbstverantwortung unserer Kommunen.

Um ein Mitgestalten vor Ort erst möglich zu machen, braucht die örtliche Gemeinschaft Handlungsspielräume. Deshalb soll die wirtschaftliche Betätigung sachsen-anhaltischer Kommunen künftig erleichtert werden. So sollen den Kommunen im Bereich der Erzeugung und Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energie mehr Spielräume eingeräumt werden. Zudem sollen die Optionen der überörtlichen wirtschaftlichen Betätigung erweitert werden.

(Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Einen Augenblick bitte, Frau Dr. Zieschang. - Ich merke, dass eine gewisse Unruhe besteht. Das mag möglicherweise dadurch zustande kommen, dass wir sehr schnell im Zeitplan sind und dass die parlamentarischen Geschäftsführer mir eben mitgeteilt haben, dass wir den Tagesordnungspunkt 31 noch vor der Mittagspause behandeln wollen. - Damit ist das nun allen bekannt und das Rumoren kann aufhören. - Frau Dr. Zieschang, bitte.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Ein weiterer Schwerpunkt der Neuregelung ist, dass der fortschreitenden digitalen Entwicklung auch im Kommunalrecht Rechnung getragen wird. Künftig soll den Kommunen dauerhaft die Option eingeräumt werden, auch unabhängig von außergewöhnlichen Notlagen Sitzungen der kommunalen Vertretungen und der kommunalen Gremien in hybrider Form durchzuführen. Ob und in welchen Fällen sie hiervon Gebrauch machen und entsprechende Zuschaltmöglichkeiten eröffnen, entscheiden die Kommunen selbst. Mit der Möglichkeit der hybriden Sitzungen meinen wir, dass die Vereinbarkeit von kommunalem Mandat und Familie und Beruf verbessert wird. Denn eines dürfen wir nicht vergessen: Die kommunale Selbstverwaltung wird in erheblichem Maße von Menschen getragen, die sich ehrenamtlich für die kommunale Gemeinschaft engagieren.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist, dass im Interesse einer geordneten Haushaltswirtschaft vorgesehen ist, die Genehmigung kommunaler Haushalte ab 2025 von der Übergabe des Jahresabschlusses des Vorvorjahres an das Rechnungsprüfungsamt abhängig zu machen.

(Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Meine Damen und Herren! Es handelt sich um die Kommunalverfassung, die wir an dieser Stelle verändern wollen.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Olaf Meister, GRÜNE)

Ich denke, das ist Ihre Aufmerksamkeit wert und erfordert diese auch.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Abschließend möchte ich auf Regelungen zur kommunalen Zusammenarbeit hinweisen, mit denen die Gestaltungsspielräume der Kommunen für eine engere und effektivere Zusammenarbeit erweitert werden sollen. Ich denke, dass es gerade angesichts des demografischen Wandels in unserem Land und angesichts knapper finanzieller, aber vor allem auch personeller Ressourcen von großer Bedeutung ist, dass die Kommunen mehr Möglichkeiten haben, ihre Aufgaben gemeinsam zu erledigen. 

Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf ist eine notwendige, eine zeitgemäße und innovative Fortentwicklung des bisherigen Kommunalrechts. Er schafft verbesserte Möglichkeiten für das ehrenamtliche kommunalpolitische Engagement und macht das kommunale Mandat somit attraktiver. Der Gesetzentwurf erweitert die Handlungsspielräume der Kommunen bei der kommunalen Zusammenarbeit und der wirtschaftlichen Betätigung. Ich freue mich auf die Beratungen in den Ausschüssen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)