Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ein ermüdendes Ritual: Immer wenn die Ergebnisse einer neuen Schulleistungsuntersuchung veröffentlicht werden und uns das bescheinigen, was wir auch ohne Studie wissen, nämlich dass die Leistungen unserer Schüler seit Jahrzehnten immer schlechter werden und mittlerweile auf miserablem Niveau angekommen sind, melden sich Gewerkschaftsfunktionäre, Sozialverbände und Altparteienbildungspolitiker und sondern immer den gleichen Schwall an Kommentaren ab, die mit „bildungsfern“ sehr höflich, aber zugleich treffend charakterisiert sind. Diese Kommentare zeigen nämlich, dass ihre Urheber von einem echten Verständnis dessen, was Bildung bedeutet, meilenweit entfernt sind, mithin bildungsfern.
In der letzten Woche ist nun wieder eine der im dreijährigen Turnus erscheinenden PISA-Studien veröffentlicht worden. Das Ergebnis ist wenig überraschend: Deutsche Schüler sind so schlecht wie noch nie, nur noch knapp über OECD-Durchschnitt, vor allem auf den Feldern Mathematik und Lesen sind die Leistungen eingebrochen. Wir müssen feststellen: Das einst hervorragende deutsche Bildungssystem befindet sich im freien Fall. Und alle Altparteien, die in den letzten Jahrzehnten hier regiert haben, tragen dafür die Verantwortung.
(Beifall bei der AfD)
Dann tröstet sich die Ministerin damit, dass doch die Digitalisierung vorangekommen sei. Ich sage Ihnen: Auch ein noch so schnelles Internet schafft keine Bildung. Ob digital oder auf Papier, Buchstaben bleiben Buchstaben, Texte bleiben Texte, Zahlen bleiben Zahlen. Wenn einer auf Papier nicht rechnen kann, dann wird er am Bildschirm nicht besser rechnen können. Es ist lächerlich und kindisch, sich von der Digitalisierung die Lösung unserer Bildungsmisere zu erhoffen.
(Beifall bei der AfD)
Genauso der Lehrermangel. Der Lehrermangel wurde auch als Ursache der PISA-Ergebnisse angeführt - nicht von der Regierung, aber von der Scheinopposition. Der Lehrermangel aber ist keine Ursache, sondern ein Symptom der Bildungskrise. Wir haben keine Bildungskrise, weil Lehrer fehlen, sondern weil wir eine Bildungskrise haben, fehlen Lehrer.
(Zuruf von der AfD: Ja!)
Ich weiß nicht, ob Sie das verstehen. Das eigentliche Problem ist, dass der Unterricht, der stattfindet, immer weniger taugt und die Autorität des Lehrers nichts mehr gilt.
(Zuruf von der AfD: Genau!)
Und dann das Gerede über marode Schulgebäude. Ich will den Bildungsphilosophen Heino Bosselmann zitieren, der dazu in einem seiner letzten Artikel bemerkt hat:
„Wenn […] immerfort beklagt wird, die Schulen wären marode, müsste auffallen, dass noch im späten 20. Jahrhundert in Schulgebäuden, die heute vermutlich gesperrt würden, stabile und anwendungsbereite Befähigungen ausgebildet wurden.“
So ist es.
Sachsen-Anhalts GEW-Chefin fällt nichts Besseres ein als die Behauptung, unser Schulsystem sei ungerecht, weil der Schulerfolg vom sozialen Hintergrund der Eltern abhänge. Ganz ähnlich hat sich jetzt in der Debatte auch Kollege Striegel geäußert. Die schlechten Leistungen sollen also von sozialer Benachteiligung herrühren, weshalb man - so die Gewerkschaftsbossin - Ganztagsschulen brauche, wo die Kinder, ihren deprimierenden Elternhäusern entzogen, von morgens früh bis abends spät in staatlicher Obhut gedeihen und sich zu künftigen PISA-Höchstleistungen heraufbilden lassen.
Werte Kollegen! Die Behauptung, der soziale Hintergrund entscheide in Deutschland über den Bildungserfolg, ist nun wirklich eine der dümmsten, der allerdümmsten und schädlichsten bildungspolitischen Allgemeinplätze, die aber zumindest widerspruchslos abgenickt werden. Ich will deshalb einmal etwas ausführlicher darauf eingehen.
(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Zuhören!)
Richtig ist: Kinder von Eltern, die selbst keinen Berufsabschluss oder nur einen Berufsabschluss mit niedriger Qualifikation erworben haben, erwerben auch selbst häufiger als andere keinen oder nur einen Berufsabschluss mit niedriger Qualifikation. Der Befund stimmt. Aber weshalb ist das so? Niemand bestreitet, dass Bildungserfolg unter anderem auch von der genetisch determinierten Intelligenz abhängt.
(Zuruf von der AfD)
Diese Intelligenz war in den 1950er-Jahren noch gleichmäßiger verteilt als heute. Es gab auch unter einfachen Arbeitern noch relativ viele Personen mit einer Begabung, die sie befähigt hätte, Ingenieur, Arzt oder Rechtsanwalt zu werden; sie wurden es wegen sozialer Barrieren aber nicht. Damals war es tatsächlich so, dass die soziale Herkunft und der Status in hohem Maß über den Bildungsweg mitentschieden haben. Das war falsch; denn über den Bildungserfolg sollte allein die persönliche Bildungsleistung entscheiden, nicht die Herkunft, nicht der Geldbeutel der Eltern, allein Begabung und Fleiß.
(Beifall bei der AfD)
Wie aber neuere Forschungen zeigen, hat sich das Bild mittlerweile geändert. Unter Niedrig- und Unqualifizierten und Dauerempfängern von Sozialleistungen sind kaum noch höhere Intelligenzressourcen vorhanden. Was ist geschehen? - Dazwischen liegen Jahrzehnte, in denen sich eines der besten Bildungsförderungssysteme der Welt auswirken konnte. In den 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahren konnte dank Bafög und vergleichbarer Förderinstrumente jeder, der über eine gewisse Grundbegabung verfügte, anspruchsvolle Berufsausbildungen absolvieren und sozial aufsteigen. Zurückgeblieben sind diejenigen, bei denen dies aufgrund mangelnder Begabungsvoraussetzungen nicht der Fall war. In der DDR wurden Arbeiterkinder sowieso privilegiert und hatten mehr Möglichkeiten als andere.
Wir haben jetzt also die Situation, dass durch die Selektionswirkung eines sehr sozialen Bildungsförderungssystems die Intelligenz gewissermaßen abgesaugt wurde. Wollte man in dieser Situation, in der wir uns jetzt befinden, Kinder von Niedrig- und Unqualifizierten mit Gewalt massenhaft zu höheren Berufsabschlüssen verhelfen, wäre das nur möglich, indem man die Maßstäbe absenkt. Aber das würde zu einem weiteren Verfall des Leistungsniveaus führen. Das wäre Öl ins Feuer. Das wäre keine Lösung, sondern eine Verschärfung des Problems. Dazu sagt die AfD-Fraktion ganz klar: Nein!
(Beifall bei der AfD)
Bildungserfolg ist das Produkt aus Begabung und Fleiß. Wir haben über Begabung gesprochen. Sprechen wir nun über Fleiß. China ist bei allen PISA-Tests schon seit geraumer Zeit Spitzenreiter, weit vor dem stetig zurückfallenden Deutschland. Dabei liegt der Durchschnitts-IQ in China mit 104 nur vier Punkte über dem Durchschnitts-IQ in Deutschland, der zurzeit bei etwa 100 rangiert. Dass die chinesischen Schüler bei Vergleichstests so viel besser als die Deutschen abschneiden, liegt zu einem gewissen Anteil sicherlich auch an dem etwas höheren Durchschnitts-IQ der Chinesen. Zum weitaus größeren Teil aber dürfte es daran liegen, dass an chinesischen Schulen eine andere Leistungsmentalität herrscht, dass dort mehr Disziplin herrscht, dass die Schüler besser erzogen werden, dass sie gewissenhafter und fleißiger sind und härter an sich arbeiten.
In Deutschland gilt es mittlerweile als chic, schlecht in der Schule zu sein. Schüler kokettieren damit, Mathenieten zu sein und mit Minimalaufwand gerade so ihre Prüfung hinter sich zu bringen. Lebensmotto: Ja nicht mehr tun als unbedingt nötig. In China wäre ein solches Verhalten sozial verpönt, würde als Schande gelten.
Werte Kollegen!
(Zuruf: Was?)
Die kulturellen Unterschiede zu China sind enorm, und vieles, das dort üblich ist, lässt sich nicht übertragen und soll auch nicht auf Deutschland übertragen werden. Aber ich finde, in puncto Leistungsbereitschaft, können wir uns eine kleine Scheibe von China abschneiden.
(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD)
Eine Mentalität kann man freilich nicht von heute auf morgen ändern. Aber die Politik könnte und müsste ihre Macht nutzen und Wertsetzungen vorgeben.
(Zuruf: Richtig!)
Dazu sind Sie aber anscheinend nur dann in der Lage, wenn es um den Kampf gegen rechts geht. Mit der gleichen Leidenschaft, mit der Sie auf der richtigen Gesinnung bestehen, sollten Sie zur Abwechslung einmal mehr Leistungsbereitschaft einfordern.
Das ist der Kern des Problems. Wenn in der Schule Druck gemacht wird, dann nur, weil jemand die falsche Gesinnung gezeigt hat. Man sollte aber auch Druck machen, und zwar richtig Druck, weil die Ergebnisse einer Klasse bei einem Diktat miserabel ausgefallen sind.
Wir müssen von diesem Pult aus ein Signal aussenden: Strengt euch an! Wir brauchen Schüler, die Spitzenleistungen erbringen, keine auf ihre Faulheit und ihr Halbwissen stolzen, aufgeblasenen Schwätzer und Taugenichtse.
(Beifall bei der AfD)
Wir werden Leistung stärker belohnen und über Leistungsausfälle nicht mehr so leicht hinwegsehen. Strengt euch also bitte an, wenn ihr etwas werden wollt.
Jeder AfD-Antrag, den wir hier in den Jahren seit 2016 eingebracht haben, hat mehr oder weniger implizit, mehr oder weniger zwischen den Zeilen, immer auch dieses Signal ausgesendet. Doch Sie haben jeden einzelnen dieser Anträge abgelehnt. Anstatt jetzt vollmundig Ihre sattsam bekannten Fehldeutungen der PISA-Ergebnisse bis zum Erbrechen wiederzukäuen, sollten Sie bereuen, dass Sie, obwohl wir Ihnen hundertmal das Angebot gemacht haben, unsere Vorschläge ignoriert haben und weiter in Richtung Untergang getrottet sind.
Alles - wirklich alles! , was nach der Veröffentlichung der neuesten PISA-Studie vom Altparteienestablishment zu hören war, war dermaßen untauglich und falsch, dass ich sage: Wir brauchen einen kompletten Neuansatz. Die Bildungspolitik muss um 180 Grad umsteuern. Wir müssen einen Mentalitätswandel herbeiführen. Wir müssen der technokratischen, der ungebildeten, der bildungsfeindlichen Bildungspolitik, wie sie zurzeit in diesem Land herrscht, eine gebildete Bildungspolitik entgegensetzen, wie sie von allen politisch relevanten Kräften einzig und allein die AfD im Angebot hat. - Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)