Tagesordnungspunkt 13

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zur Förderung politischer Bildungsarbeit politischer Stiftungen (PolStiftG-LSA)

Gesetzentwurf Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/3315

Änderungsantrag der Fraktion der AfD - Drs. 8/3334


Den Antrag wird der Abg. Herr Stehli einbringen. - Herr Stehli, bitte schön.


Stephen Gerhard Stehli (CDU): 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zitat: 

„Freiheit, Demokratie und Republik sind weder ein Geschenk, noch eine Selbstverständlichkeit.“

(Zustimmung bei der CDU)

„Sie müssen sich ständig neuen Herausforderungen stellen und bedürfen des aktiven Einsatzes. […] Die Vermittlung der Vorzüge der Demokratie, der Menschenrechte, der Freiheitsrechte des Einzelnen und des friedlichen Miteinanders, des Kompromisses und der Rechtsstaatlichkeit ist daher Kernaufgabe der politischen Bildung!“

Zitat Ende. - Mit diesen zwei Sätzen aus dem Leitbild der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt sind in knapper Form Auftrag und Zielsetzung politischer Bildung in unserem Land beschrieben. Dass diese Aufgabe nicht nur von einer Institution geleistet wird, sondern von einer Vielzahl unterschiedlicher Organisationen und Trägereinrichtungen, versteht sich in einem lebendigen demokratischen Gemeinwesen eigentlich von selbst. Ja, die funktionierende Demokratie lebt geradezu von der großen Zahl der Mitwirkenden.

Und doch tut politische Bildung immer wieder auch Not; denn Partizipation und Mitgestaltung gelingen umso mehr, wenn sie auf einer breiten Grundlage des Verständnisses und der Durchdringung stehen. Nicht alle benötigen dazu ein akademisches Studium oder einen Abschluss in politischer Wissenschaft. Nicht alle müssen gar ein politisches Amt anstreben, aber Demokratie - das sagt schon das griechische Wort - wirkt nur, wenn sie Mittun akzeptiert, angewandt und als eine Errungenschaft unserer deutschen und europäischen Geschichte verstanden wird.

Die freiheitliche und demokratische Grundordnung Deutschlands bedarf ganz elementar, ja sogar überlebensnotwendig der Bürgerinnen und Bürger, die sie als Citoyen aktiv mittragen und damit auch proaktiv gegen innere wie äußere Feinde mit Überzeugung und Resilienz verteidigen können.

Politische Bildung geschieht in den unterschiedlichsten Institutionen, in gesellschaftlich relevanten Gruppen, in Vereinen, in Schulen und nicht zuletzt in den Parteien selbst. Zu den wichtigsten Akteuren und Mitgestaltern der politischen Bildung gehören in der Bundesrepublik Deutschland seit Langem und nach seiner Rekonstitution auch in unserem Land Sachsen-Anhalt die politischen Stiftungen, die von ihren Grundsätzen her einer der im Landtag vertretenen Parteien nahestehen und entsprechend tätig sind.

Politische Bildungsarbeit politischer Stiftungen ist weder neu noch ungewöhnlich. Es war und ist eine gute und richtige Entscheidung von Regierung und Parlament, diese Stiftungen als Mitwirkende sui generis grundsätzlich finanziell fördern zu wollen. Weil aber Transparenz, Offenheit und Überprüfbarkeit beim öffentlich geförderten System politischer Stiftungen unabdingbar dazu gehören, haben sich im gewaltgeteilten Staat auch die Gerichte immer wieder mit politischen Stiftungen und ihren Finanzierungsfragen beschäftigt.

Ausgehend von dem Urteil zur Parteifinanzierung aus dem Jahr 1966 hat sich das Bundesverfassungsgericht vor allem in seiner Entscheidung von 1986 mit der staatlichen Finanzförderung politischer Stiftungen und dabei unter anderem auch mit der einhergehenden Notwendigkeit der strukturellen und personellen Trennung von den nahestehen Parteien auseinandergesetzt und entsprechende Vorgaben gemacht.

Die Förderung politischer Stiftungen im Land Sachsen-Anhalt geschah bisher unbeanstandet auf untergesetzlicher Grundlage. Das war in Deutschland keine Besonderheit.

Mit dem viel diskutierten, auch hier wohl allseits bekannten, Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Februar 2023 und den daraus unmittelbar resultierenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 9. März 2023 wurde indessen mit einer Rechtsprechungspräzisierung deutlich gemacht, dass eine gesetzliche Grundlage für die finanzielle Förderung der politischen Stiftungen notwendig ist. Das Haushaltsgesetz allein - so die klare Positionierung der Judikativen - sei hierfür keine geeignete Basis. 

Ohne hier auf die Einzelheiten der Entscheidung in ungebührlicher Länge einzugehen: Es wurde unterstrichen, dass, will man an einer entsprechenden Förderung festhalten, ein Handlungsauftrag durch die dritte Gewalt erteilt wurde, jedoch nicht an die Regierung, sondern an die Legislative. 

Um genau diesem Auftrag zeitnah für diesen besonders wichtigen Zweig der politischen Bildung im Land zu entsprechen, legen die regierungstragenden Fraktionen heute dem Hohen Hause den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung politischer Bildungsarbeit politischer Stiftungen vor.

Dieser schlanke Entwurf mit neun übersichtlichen Paragrafen umfasst alle Notwendigkeiten, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu entsprechen und die notwendige gesetzliche Grundlage zu schaffen.

Die Mehrzahl der Einzelparagrafen übernimmt mit Zuständigkeitsfestlegungen, Nachweis- und Überprüfungserfordernissen, Haushaltsvorbehalt sowie Verfahrensfragen in weitem Umfang die bisherigen Abläufe in den neuen gesetzlichen Rahmen. Auch die Überprüfungsberechtigung des Landesrechnungshofes ist verankert. In § 3 - Gegenstand der Förderung - wird sichtbar, wie umfänglich, diversifiziert und differenziert die verschiedenen Aspekte der politischen Bildung sind. 

Dieses enthebt die politischen Stiftungen eben nicht von einer exakten und nachgewiesenen Antragstellung und einem entsprechenden Verwendungsnachweis. Im Gegenteil, notwendige Verordnungsermächtigungen für nachrangige Vorschriften sind ebenfalls aufgenommen.

Der zentrale politische Regelungsgehalt des Gesetzes ist in dessen § 4 - Fördervoraussetzungen - zu finden. Neben den zeitlichen Fragen, der Parlamentsrelevanz, der nahestehenden Partei, der rechtlichen, organisatorischen und personellen Unabhängigkeit von derselben sowie der Kontinuität der politischen Bildungsarbeit kommt es hierbei - ich möchte das deutlich sagen - selbstverständlich auf die aktive Bejahung der Wertvorstellungen unseres Grundgesetzes, unserer Landesverfassung und der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 an. Was denn auch sonst?

(Beifall bei der CDU)

Es ist weder den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes, den Steuerzahlern, noch den demokratischen Institutionen zuzumuten, politische Stiftungen, die ausdrücklich die freiheitlichen und demokratischen Grundlagen unseres Gemeinwesens ablehnen und gar bekämpfen, mit öffentlichen Haushaltsmitteln zu fördern.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man es ausspricht, wird die Absurdität eines solchen Ansinnens ziemlich deutlich klar. Das ist weit weg von selbstverständlicher und manchmal durchaus scharfer Kritik. Aber solche muss eine robuste Demokratie aushalten.

§ 4 Abs. 2 gibt bereits einige Kriterien an, die gegen die erläuterte Bejahung sprechen. Selbstverständlich gilt, dass - wie alle Entscheidungen staatlicher Gewalt - auch die Urteile aufgrund dieses Gesetzes durch ein unabhängiges Gerichtswesen überprüfbar sind. Das liegt auf der Hand; denn entsprechende rechtliche Entscheidungen standen ja am Anfang dieses Gesetzgebungsvorhabens.

Schließlich wird auch der grundlegende Beutelsbacher Konsens mit Kontroversitätsgebot, Überwältigungsverbot und Teilnahmeorientierung im Gesetzentwurf explizit verankert.

Meine Damen und Herren! Politische Bildung tut not. Das können alle sehen, die mit offenen Augen durch unser Land gehen und manchmal erstaunt oder erschreckt vor mancher politischen Unbildung stehen.

Die Förderung der politischen Bildungsarbeit der politischen Stiftungen ist ein Instrument zur politischen Bildung. Andere gehen auch unmittelbar von den Menschen aus. Die freiheitliche, soziale und rechtsstaatliche Demokratie braucht viele demokratisch gesinnte auseinandersetzungs- wie kompromissfähige Menschen, die sie mit heißen Herzen und kühlen Verstand tragen.

Nach dem Böckenförde-Diktum kann der freiheitliche Rechtsstaat seine eigenen Voraussetzungen nicht schaffen. Er kann aber dabei helfen, dass Überzeugungen, die ihn tragen, entstehen, wachsen, blühen und gedeihen können, und zwar in den Köpfen wie in den Herzen. Dazu kann dieser Gesetzentwurf einen eigenen, deutlichen und vor allem im Land Sachsen-Anhalt bewährten und gebrauchten Beitrag leisten.

Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich beantrage die Überweisung des Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Bildung sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen. - Vielen Dank.