Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt Dinge, Menschen, die vermisst man jeden Tag, wenn man sie nicht um sich hat. Auf Frau Heiß, die große Anklage und die vorauslaufende Presseberichterstattung zu Themen, die man auch ganz unproblematisch woanders hätte besprechen können, trifft das nicht zu - jedenfalls nicht aus meiner Sicht. Ich habe das nicht vermisst.

(Zustimmung von Stefan Ruland, CDU, und von Dr. Gunnar Schellenberger, CDU - Rüdiger Erben, SPD, lacht)

Wir haben hier einen Antrag mit dem ganz breiten Bogenstrich: alle Länder und Firmen, die die Hamas unterstützen. Der Minister hat darauf hingewiesen, was es technisch bedeutet, das in irgendeiner Form zu ermitteln. Je nachdem, wie breit man diesen Ansatz gedanklich sieht - man riskiert hinterher immer von Ihnen verhauen zu werden, wenn man das nicht gründlich genug macht  , muss man damit rechnen, dass wir in einer verflochtenen Weltwirtschaft am Ende nur noch in sachsen-anhaltischen Ackerboden anlegen können, vorausgesetzt, sie exportieren nicht irgendwo in das Ausland.

(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)

Das ist dann vielleicht die letzte Anlagemöglichkeit, die wir haben.

Natürlich ist es so - das ging durch die Presse  : Volkswagen hat das Emirat Katar als Teileigner, als Aktieninhaber. Wenn man anfängt, die herunterzurechnen, dann wird es richtig problematisch; denn natürlich fällt im Vorstand von Volkswagen keine Entscheidung zugunsten der Hamas oder dergleichen. Niemand kann etwas dafür, was die Aktieninhaber mit den Dividenden anstellen. Das ist in jedem Bereich der Wirtschaft so. Das ist auch im privaten Bereich so. Insofern kann der Antrag allein deswegen abgelehnt werden, weil er in dieser Allgemeinheit überhaupt nicht umsetzbar ist.

Wir hätten dies am 6. Dezember im Kapitalmarktausschuss

(Zuruf von Kristin Heiß, DIE LINKE)

in allen Einzelheiten mit den Kolleginnen und Kollegen, die das dort für uns machen, bereden können, ohne dass es diese Debatte gebraucht hätte. 

(Zuruf von Stefan Gebhardt, DIE LINKE) 

Natürlich braucht die Landesregierung keine gesonderte Aufforderung, ihre ethische Anlagestrategie im Zweifelsfalle anzupassen. Das hat der Minister anhand des Beispiels Russland hier auch erläutert.

Sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich allerdings eine Sache   auch das ist in diesem Zusammenhang durch die Presse öffentlich geworden   zu dem Umstand, dass wir katarischen Staatsanleihen halten, sagen: Das halte ich in der Tat für ein Problem. Über die Frage, was und wann es tatsächlich ein akzeptabler und gültiger Nachweis ist, müssen wir am 6. Dezember im Kapitalmarktausschuss reden. Mein Urteil an dieser Stelle steht fest: Ich bin dafür, dass wir in diesem einen und besonderen Fall deinvestieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Dr. Schmidt. - Herr Gallert stellt eine Frage, wenn Sie diese zulassen.


Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Aber selbstverständlich.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Aber selbstverständlich. - Herr Gallert, bitte.


Wulf Gallert (DIE LINKE):

Herr Schmidt, ich erspare mir, einmal näher einzugehen auf die Empörung darüber, dass die Opposition einen Antrag einbringt, den Sie lieber nicht in der Öffentlichkeit haben wollten, 

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE, lachend: Ja!)

den Sie aber an sich inhaltlich akzeptieren, wie Sie am Ende ihrer Rede gesagt haben. Das ist ein Ritual. Das kann man so machen. 

Der erste Teil Ihrer ganzen Rede beinhaltete, dass die Dinge so kompliziert und so verflochten sind, dass man einen zielgenauen Boykott solcher Anlagen überhaupt nicht realisieren könnte. Und der nächste Satz war: Aber im Falle von Russland haben wir das ja ganz schnell hinbekommen.

Wieso glauben Sie denn, dass diese Verflechtung im Falle von Russland kein Kriterium gewesen ist, diese Dinge abzuschaffen, aber z. B. im Falle von Katar wäre es das? Den Unterschied müssen Sie mir bitte einmal erklären.


Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Lieber Kollege Gallert, ich kann nun wirklich nichts für Ihren Antrag.

(Zustimmung - Lachen bei der FDP und bei der AfD)

Sie haben das doch aufgeschrieben. In einen Zweizeiler zu schreiben „alle Firmen und Staaten, die …“, ist interpretierbar.

(Oliver Kirchner, AfD: Ja! - Zuruf von Wulf Gallert, DIE LINKE)

Ich habe darauf hingewiesen: Wenn man eine sehr weit gefasste Interpretation dieses sehr allgemeinen und nicht erklärten Antrages, mit dem sich der Antragsteller zugegebenermaßen etwas mehr Arbeit hätte machen können,

(Oliver Kirchner, AfD: So ist es!)

vornimmt, dann kann man einen ungeheuren weiten Kreis ziehen; denn in der Weltwirtschaft ist alles mit allem verflochten. Ich gehe nicht davon aus, dass Ihre Fraktion das beabsichtigt hat. Aber Sie haben es so aufgeschrieben, sodass es so interpretierbar ist. Das bedeutet, dass man mit diesem Antrag gar nichts anderes anfangen kann, als ihn abzulehnen; denn wenn man auch nur darüber nachdenkt, wie man das erfüllen kann, 

(Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

begibt man sich in Teufelsküche im Hinblick auf die Interpretation dessen, was daraus nun eigentlich handlungsleitend abzuleiten ist. Das ist aber Ihr Problem; denn Sie haben keinen guten Antrag gestellt. Ich habe einfach nur darauf hingewiesen, dass dieses Thema - das handelt doch nicht von Politik und politischer Brisanz - im Kapitalmarktausschuss hätte besprochen werden können. 

Wenn wir einmal ehrlich sind: Das ist doch Teil einer Kette von Anklagen der Linksfraktion dagegen, dass Ihnen die ethische Anlagestrategie nicht ethisch genug ist, dass Sie an dieser Stelle die Besseren sind,

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Damit haben Sie ja auch recht! - Lachen bei der CDU)

dass Sie die weißere Weste haben und dass Sie alles viel toller können. Das ist doch nur Propaganda obendrauf, die sich eines Sachthemas bedient, die aber in Wirklichkeit doch nicht von diesem Sachthema handelt.

(Zustimmung von Rüdiger Erben, SPD)