Dr. Falko Grube (SPD):
Frau Präsidentin! Hohes Haus! Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich gedacht: Mensch, die GRÜNEN haben Sehnsucht nach der Union. Dieses wärmende Lagerfeuer von Kenia oder so ein Tütchen in Jamaika. Ich stelle mir das folgendermaßen vor: Sie haben sich im Rahmen einer Fraktionssitzung zusammengesetzt und überlegt, wie man das macht. Dann hat sich jemand gemeldet und gesagt: Ich weiß es. Von Andi Scheuer lernen, heißt siegen lernen.
(Olaf Meister, GRÜNE, lacht, Markus Kurze, CDU, lacht)
Ein Mautdesaster klappt bei der Union immer gut. Was der Andi kann, das können wir auch und schon lag der Klops heute auf dem Tisch. Ich fürchte, bei der Union hat dies nicht für eine sonderliche Begeisterung gesorgt. - Spaß beiseite; denn dafür ist das Thema zu ernst.
Erstens. Es ist gut, dass es die Lkw-Maut gibt. Sie ist eingeführt worden, damit diejenigen, die dieses Land nur als Transitland nutzen, die Infrastruktur mitfinanzieren. Deswegen: Die Lkw-Maut auf Autobahnen ist gut.
Zweitens. Wir wären für eine streckenweise Ausweitung der Maut, nämlich um die Ausweichverkehre zu steuern; denn es ist nicht hinnehmbar - dafür gibt es viele Beispiele, die bereits im Ausschuss benannt worden sind, es gibt diesbezüglich viele Bürgerinitiativen , dass man durch die Ortskerne fährt, um die Maut zu sparen.
Lieber wäre mir eine Änderung der StVO, die es den Kommunen ermöglicht, die Fahrt durch die Ortskerne zu verbieten und auf die Autobahnen zu verweisen. Dann wäre auch die streckenbezogene Maut entbehrlich. Ein Beispiel: In Magdeburg gibt es in Ostelbien ein Kieswerk. Die Lkw fahren auf den Straßenbahnschienen mitten durch Cracau. Dort ist es sehr eng, es sind viele Leute unterwegs, es gibt ein Krankenhaus und Kitas. Das macht aus meiner Sicht keinen Sinn. Das müsste man ändern.
Zum Umstieg auf das Verursacherprinzip. Ich bin dagegen. Der Antrag beleuchtet nur einen Teil; denn wenn man A sagt und auf das Verursacherprinzip umsteigen will, dann muss man auch B sagen. Das heißt automatisch: Pkw-Maut.
(Zuruf von Kathrin Tarricone, FDP)
Wenn Sie sagen: Verursacherprinzip, dann muss eine Pkw-Maut eingeführt werden. Wenn ich mir vorstelle, dass auf allen Straßen in Sachsen-Anhalt eine Pkw-Maut erhoben wird, dann ist das eine Strafsteuer auf das Wohnen im ländlichen Raum. Denn dort ist man auf das Auto angewiesen.
(Dr. Andreas Schmidt, SPD: Genau!)
Das lehnen wir ab, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Eines muss man dem Antrag lassen: Er ist ehrlich. Sie wollen, dass es für die Leute teuer wird. In der Begründung ist von Preisehrlichkeit die Rede. Nichts anderes sagt dies ja. Sie wollen, dass es für die Leute teurer wird. Auch das lehnen wir ab.
(Olaf Meister, GRÜNE: Über die Steuern zahlen es derzeit alle!)
Das ist unsozial. Dies die kleinen Leute nach dem Verursacherprinzip zahlen zu lassen, anstatt es aus dem großen Steuertopf zu nehmen, ist unsozial.
(Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)
- Doch. - Das ist eine Umverteilung von unten nach oben.
(Olaf Meister, GRÜNE: Die Steuern zahlen doch alle!)
- Natürlich. - Aber diejenigen, die mehr Geld haben, zahlen mehr, und diejenigen, die weniger Geld haben, zahlen weniger Steuern, aber an der Kasse zahlen alle das Gleiche für das Brötchen. Das muss ein Stück weit aufhören.
(Beifall bei der SPD Zustimmung bei der CDU)
Es ist richtig, dass die Infrastruktur aus dem Steuersäckel finanziert wird. Dies ist mit Blick auf den ÖPNV, die Häfen und Flughäfen so, also für alles, was mit der Infrastruktur zusammenhängt. Und bei den Straßen wollen wir es anders machen. An der Stelle sind wir raus, meine Damen und Herren.
Es gibt einen Fakt, um den wir alle nicht herumkommen: Das Güteraufkommen steigt. Die Kapazität auf der Schiene steigt nicht; sie ist nahezu ausgereizt. Aufgrund der elektronischen Fahrsysteme kommen eventuell ein paar Prozent hinzu, aber das reduziert den Mehrbedarf nicht.
Ich lerne das Siegen ungern von Andi Scheuer, aber vom Kollegen Habeck auch nicht. Hierbei handelt es sich um das gleiche Muster, das im Sommer bei dem Heizgesetz angewendet wurde, nämlich das Kind mit dem Bade auszuschütten. Jetzt auf alles eine Maut zu erheben, ohne Alternativen zu nennen, ist das Kind mit dem Bade ausschütten. Das ist tatsächlich der falsche Weg.
Zum gestiegenen Güteraufkommen. Alle Parteien in diesem Land, die in den letzten zehn, 20 Jahren Regierungsverantwortung getragen haben oder sie aktuell tragen, und zwar egal auf welcher Ebene, haben ihren Teil dazu beigetragen, dass das Güteraufkommen steigt.
(Kathrin Tarricone, FDP: Jawohl!)
Wir haben vereinbart, dass wir eine Energiewende wollen, und zwar mit allem, was dazugehört: Windräder, PV-Anlagen, Wärmepumpen. Diese Anlagen müssen transportiert werden. Sie kommen in der Regel nicht aus der regionalen Wirtschaft. Sie werden teilweise aus Übersee geliefert. Natürlich wird dadurch das Verkehrsaufkommen nicht unendlich aufgebläht - auf keinen Fall , aber diese Transporte erhöhen das Verkehrsaufkommen.
Letzte Bemerkung. Zu den Säulen. Ich will in Magdeburg nicht an jeder Ecke eine doofe Säule haben. Das sieht einfach
(Kathrin Tarricone, FDP: Scheiße aus!)
schwierig aus.
(Lachen bei der CDU und bei der FDP - Guido Kosmehl, FDP: Die Säulen sind zumindest blau; das passt dann!)
- Die Stadtfarben sind Grün und Rot. Wir haben zwei erfolgreiche Vereine. Wir können die Säulen grün-rot und blau-weiß gestalten. Diesbezüglich wären wir relativ entspannt, Herr Kollege Kosmehl.
Im Ergebnis lehnen wir den Antrag ab. Wir hätten gern eine Steuerungsmöglichkeit, und zwar über eine streckenbezogene Maut oder über die Festlegung der Kommunen, dass weniger Schwerlastverkehr durch die Ortskerne fährt. Das war es dann aber auch schon. Insofern wird dieser Antrag, glaube ich, von der Mehrheit abgelehnt. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der SPD)