Henriette Quade (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man den Antrag der AfD-Fraktion liest und die Einbringung gehört hat, könnte man glauben, wenn Kinder vermisst werden, gäbe es bisher keine Möglichkeit, mit automatisierten Abfragen, mit Öffentlichkeitsfahndung, mit Suchmeldungen in sozialen Netzwerken, mit Bildsuche in Datenbanken usw. nach ihnen zu suchen und diese Möglichkeiten zu nutzen. Diese Möglichkeiten gibt es und sie werden auch genutzt. Wenn sie nicht genutzt werden, dann nicht aufgrund fehlender technischer Möglichkeiten oder eines fehlenden Amber Alerts, sondern aufgrund einer Entscheidung der ermittelnden Stellen.
Diese Entscheidungen können natürlich falsch sein, keine Frage. Aber das liegt nicht an technischen Voraussetzungen und kann auch nicht durch ein automatisiertes Alarmierungssystem oder automatisierte Meldungen über Warnsysteme gelöst werden.
(Zurufe von der AfD)
Von einer fehlenden Bereitschaft zur Mithilfe und Unterstützung von Fahndung, insbesondere wenn es um vermisste Kinder geht, kann an keiner Stelle die Rede sein.
(Zuruf von der AfD)
Automatisierte Meldungen über Warnsysteme wie den Amber Alert gibt es in den USA und in anderen europäischen Ländern, und es gibt Erfahrungen damit. Man kann von diesen Erfahrungen profitieren. Diese Erfahrungen zeigen nämlich, der Amber Alert ist enorm fehleranfällig. In den USA haben Studien wiederholt ergeben, dass etwa drei Viertel der Suchmeldungen Falschmeldungen sind. Das übrige Viertel besteht hauptsächlich aus Fällen, in denen die Kinder beim nicht sorgeberechtigten Elternteil sind oder unabgesprochen bei Verwandten. Das System scheitert nach Einschätzung der Forschenden bei ernsten Fällen, und es kann nach Auffassung der Forscherinnen und Forscher, die die Wirksamkeit dieses Systems untersucht haben, keineswegs als Erfolgsmodell bezeichnet werden, auch wenn es die, die es erfunden haben, gern behaupten.
Der Forscher Timothy Griffin und die Forscherin Monica Miller von der Universität Nevada haben bereits 2008 eingeschätzt, dass es sich eher um ein Instrument der Inszenierung als um ein ernst zu nehmendes kriminologisches Instrument handelt und eher Show und Theater als Kriminalitätsbekämpfung ist.
(Guido Kosmehl, FDP: Hm!)
Meine Damen und Herren! - Das ist ein Zitat, Herr Kosmehl. Schauen Sie nach!
(Guido Kosmehl, FDP: Haben Sie das gelesen?)
- Ja, habe ich, Herr Kosmehl. - Meine Damen und Herren, einige von Ihnen wissen, dass ich mich sehr intensiv mit dem Fall der seit 2015 vermissten Inga beschäftigt habe und dass meine Fraktion seit geraumer Zeit Fragen dazu im Innenausschuss stellt und die Ermittlungsarbeit und vor allem mögliche Fehler thematisiert. Ich kann mich an keine einzige Frage der AfD-Fraktion erinnern, außer der, wie lange das noch dauern soll. Es ist deshalb wirklich widerliche Heuchelei, dass Sie jetzt diesen Fall hier anführen, um dieses Amber-Alert-System einzuführen.
(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Nein, das ist keine Heuchelei! - Thomas Korell, AfD: Das, was Sie machen, ist Heuchelei!)
Mehr Show als Lösung, das gilt für den Amber Alert, es gilt aber auch für diesen Antrag und die Antragsteller in Gänze.
(Beifall bei der LINKEN)