Dr. Katja Pähle (SPD):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Hohes Haus! Vor knapp einem Jahr haben die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE zwei Anträge gestellt, die sich mit dem Lehrermangel und der schlechten Unterrichtsversorgung beschäftigten. Auch morgen haben wir zwei Aktuelle Debatten, die im weitesten Sinne mit dem Thema zu tun haben.
Und doch muss ich an der Stelle sagen, dass einiges erreicht worden ist in den letzten zwölf Monaten. Die Koalition hat ein bundesweit ziemlich einmaliges Pilotprojekt des dualen Lehramtsstudiums zumindest formal auf den Weg gebracht.
(Zustimmung bei der CDU)
An der Otto-von-Guericke-Universität sollen ab dem Wintersemester Studierende ab dem ersten Tag quasi für ihr Studium schon bezahlt werden, dadurch eine Bindung an das Bundesland und an die Schule gewinnen und auch mehr Praxisanteile haben. Die ersten Studierenden fangen demnächst an. Ich habe große Hoffnung, dass das auch an unseren Schulen sehr zügig ankommt.
Auch die Absolventenzahlen - das war in den letzten Tagen zu lesen - der Martin-Luther-Universität gehen nach oben. Wir haben jetzt mehr Absolventen. Auch dabei hat die Anhebung der Studienkapazitäten der letzten Jahre, die die Koalition auch mitgetragen hat, geholfen.
Die Stipendien für Studierende und die Weltenretter-Kampagne, gehen in die zweite Runde und sorgen ebenfalls dafür, dass das Land Lehrernachwuchs vor allem für die Gemeinschafts- und Sekundarschulen gewinnt. Genau diese Schulen gilt es zu stärken.
Ebenfalls auf der Habenseite ist die gemeinsame Anstrengung gewesen, stufenweise die Anpassung der Bezahlung der Grundschullehrkräfte auf E 13/A 13 hinzubekommen. Wir haben es tatsächlich auf den Weg gebracht.
(Zustimmung bei der SPD)
Die Koalition hat freiwillige Arbeitszeitkonten für Lehrkräfte beschlossen, die inzwischen auch eingerichtet sind. Allerdings hapert es mit der administrativen Umsetzung der Auszahlung der Mehrarbeit. Ich hoffe, dass das Problem schnellstmöglich behoben wird. Wer mehr arbeitet, muss das auch vergütet bekommen; zumindest muss er sich auf die Zusagen, die ihm gegeben worden sind, auch verlassen können.
(Zustimmung von Katrin Gensecke, SPD)
Es wurde mehr nichtpädagogisches Personal eingestellt, Schulverwaltungsassistenten, pädagogische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und Digitalassistenten, um Lehrkräfte das tun zu lassen, wofür sie Expertinnen und Experten sind, nämlich Unterricht zu erteilen.
All diese nicht rein pädagogischen Kräfte sind übrigens kein schmückendes Beiwerk, kein unnötiger Firlefanz, sondern sie tragen alle dazu bei, genauso, wie Schulsozialarbeiter, dass Schule funktioniert. Und keine Sorge, sie sitzen nicht alle im Klassenraum. Sie atmen dort nicht den Schülerinnen und Schülern die Luft weg. Sie ergänzen nicht den Unterricht der Kinder. Sie helfen im Hintergrund, in den Pausen, am Nachmittag, dass Schule gut funktioniert und Lehrkräfte entlastet werden.
(Zustimmung bei der SPD und von Michael Scheffler, CDU)
Noch ein Wort zur Beschlussempfehlung, die im Finanzausschuss geändert wurde. Der Bildungsausschuss hat zwei Impulse gesetzt, an die wir, glaube ich, als Bildungspolitiker gern herangehen würden. Das wären die Abminderungsstunden für Lehrkräfte ab dem 62. Lebensjahr und eine Art Erschwerniszulage für Referendare, wenn sie ihr Referendariat in Regionen ableisten, in denen wir Besetzungsprobleme haben. Ich hoffe sehr, dass wir diese Themen im Rahmen der Haushaltsberatungen miteinander neu diskutieren können. Denn ich glaube, dass tatsächlich jeder Stein umgedreht werden muss, um erfolgreich für eine bessere Unterrichtsversorgung wirken zu können.
(Zustimmung bei der SPD und von Matthias Redlich, CDU)
Nichtsdestotrotz ist die vorgelegte Beschlussempfehlung ein Schritt in die richtige Richtung. Ich hoffe hierbei auf breite Zustimmung im Hohen Haus.
Jetzt zwei, drei Worte zum Antrag der AfD-Fraktion. Es gibt viele Ideen. Wir haben im Bildungsausschuss und hier im Hohen Haus, glaube ich, über viele schon miteinander diskutiert. Manche wurden in der Koalition kritisch gesehen und abgelehnt, aber nach Diskussionen. Manche sind gar nicht überwiesen worden. Ich sage ganz deutlich: Die Idee der AfD-Fraktion gehört zu der Variante der Ideen, die man hier im Hohen Haus gleich ablehnen kann.
(Zuruf von der AfD: Na klar!)
Es ist eine ziemlich schlechte Idee, insbesondere an den Schulen mit hohem Lehrermangel die Klassen noch voller zu stopfen in der Annahme,
(Christian Hecht, AfD: Das ist nur ein Angebot! Das können sie selbst entscheiden!)
dass dann Unterricht besser funktioniert. Laut KMK-Statistik haben wir in den sachsen-anhaltischen Klassen in der Grundschule wie Schulformen, die verschiedene Abschlüsse erreichen, eine durchschnittliche Frequenz von 22 Schülern. Am Gymnasium sind es 29 und an den integrierten Gesamtschulen sind es auch 29. In den 22 befinden sich - so, wie die Ministerin gerade ausgeführt hat - die kleinen Grundschulen im ländlichen Bereich. Wer da sagt: Da müssen wir die halt zusammenlegen, wenn wir Lehrermangel haben, dem sage ich: Gute Fahrt nach vorn!
Wer meint, in den Förderschulen, in denen natürlich weniger als 14 Kinder in einer Klasse sind, um ihnen die bestmögliche Betreuung und Bildung zu ermöglich, noch mehr Schüler in die Klassen hineinzupacken, insbesondere dann, wenn man einfach blind gegen Inklusion anläuft und sagt, das muss alles wieder aufgehoben werden, der packt echt an der falschen Stelle an. Dazu sage ich: Sie sitzen auf dem komplett falschen Pferd.
(Beifall bei der SPD)
Noch ein ganz kleiner Hinweis: Schauen Sie sich einmal in den Ländern um, die tatsächlich PISA-Weltmeister sind. Norwegen fällt dabei gern auf. Glauben Sie mir, der Erfolg des norwegischen Schulsystems hat nichts mit übervollen Klassen zu tun, sondern mit einer anderen Art der Lehramtsausbildung, mit anderen Modellen des Unterrichtes sowie mit anderen Konzepten, um Bildung tatsächlich zu öffnen und inklusiv zu gestalten. Ich denke, genau aus diesen Ländern können wir jede Menge mitnehmen. - Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD)