Olaf Feuerborn (CDU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir begrüßen ausdrücklich die Entwicklungen hinsichtlich der Bewertungen der grünen Biotechnologie, insbesondere der sogenannten neuen Züchtungstechnologien auf europäischer Ebene. Vor fünf Jahren wurde durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes dieser Prozess angeschoben, der endlich Wirkung entfaltet.
(Zustimmung von Angela Gorr, CDU, von Sandra Hietel-Heuer, CDU, und von Tim Teßmann, CDU)
Neuerungen der gegenwärtigen Rechtsvorschriften sind längst überfällig. Denn die Beibehaltung des Status quo führt nicht zu einer Verbesserung des Verbraucherschutzes, nicht zur Klarheit und auch nicht zur Planungssicherheit für unsere ansässigen Züchtungs- und Biotechnologieunternehmen sowie Forschungseinrichtungen. Vielmehr werden die so dringend benötigten Fortschritte in der Züchtungsforschung nach wie vor ausgebremst. Eine Nutzung für die praktische Landwirtschaft ist immer noch nicht möglich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem seit Juli 2023 vorliegenden Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über die neuen Züchtungstechniken liegt ein bereits im Jahr 2019 begonnenes Evaluierungsverfahren zugrunde. Die EU untersucht dabei nicht nur die naturwissenschaftlichen Aspekte, sondern auch die sozialen, die ökonomischen, aber eben auch die ethischen Dimensionen dieser neuen Technologie. Die Vorlage der EU-Kommission kann man als ein wichtiges Signal für die Wissenschaft betrachten, als ein positives Signal. Denn es ist wissenschaftlicher Konsens und Ergebnis langjähriger wissenschaftlicher Untersuchungen, dass von Pflanzen, die mittels der grünen Biotechnologie erzeugt werden, kein erhöhtes Risiko für Mensch und Umwelt ausgeht. Der Entwurf der Kommission sieht vor, dass es nicht so sehr auf das Verfahren ankommt, sondern auf das Ergebnis: Hätte die erzeugte Veränderung auch auf natürlichem Wege entstehen können? - Wenn das bejaht wird, dann können die neuen Züchtungsmethoden als äquivalent zu den konventionell gezüchteten Sorten gelten.
(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, von Dr. Katja Pähle, SPD, und von der FDP)
Warum brauchen wir das Verfahren so dringend? - Von großem Vorteil ist die hohe Präzision der neuen Verfahren gerade bei der Genschere CRISPR/Cas. Denn im Kern geht es darum, nicht den Prozess der Veränderung der Pflanze, sondern das Ergebnis, bspw. eine neue Sorte mit einer verbesserten Krankheitsresistenz, zu betrachten.
Am Forschungsstandort Sachsen-Anhalt, genauer gesagt, am IPK in Gatersleben, ist es gelungen - das ist genau das, was unser Wissenschaftsminister vorhin schon sagte , das Gelbmosaikvirus bei der Wintergerste zu definieren und entsprechende Sorten zu züchten. Es wäre schön gewesen, wenn wir es schon geschafft hätten, die Sorten auf den Markt zu bringen. Aber die Pflanzen sind vorhanden. Man hat bewiesen, dass es geht. Es gibt vielfältige Untersuchungen, die wir in Gatersleben bereits auf den Weg gebracht haben. Mit der neuen Verordnung könnten wir dann relativ schnell auch diese neuen Sorten in den Markt bringen und für Wettbewerbsfähigkeit sorgen.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Diese neu entwickelten Sorten werden auch zukünftig die gesetzlich geregelte Sortenprüfung und -zulassung durchlaufen müssen. Sie unterliegen außerdem einer Kennzeichnungspflicht, sodass die Auswahlfreiheit hinsichtlich des Anbaus für Landwirte gewährleistet bleibt.
(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)
Es gibt zwei Kategorien. Es gibt die Pflanzen, die mittels der Genschere CRISPR/Cas entstehen und auch aus der natürlichen Mutagenese hätten entstehen können. Die werden in die Kategorie 1 eingeordnet. Sie müssen auch so gekennzeichnet sein. Dann gibt es noch die genveränderten Pflanzen der Kategorie 2. Die müssen auch der Untersuchung standhalten und entsprechend müssen gekennzeichnet werden.
Meine Damen und Herren! CRISPR/Cas bietet daher auch der mittelständischen Züchterschaft, die wir in Europa noch haben und die wir hochhalten müssen,
(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP von Elrid Pasbrig, SPD)
die Möglichkeit, am Wettbewerb teilzuhaben und entsprechend schneller am Züchtungsfortschritt teilnehmen zu können, um nicht ganz von der Welt abgehängt zu werden.
(Zustimmung bei der CDU)
Bei der normalen Züchtung - das ist vorhin schon angesprochen worden - bewegen wir uns in einem Zeitrahmen von ungefähr 15 Jahren, bis wir eine Sorte mit den neuen Eigenschaften tatsächlich verwenden können. Mit CRISPR/Cas sind wir in der Lage, innerhalb von fünf Jahren diese neuen Sorteneigenschaften einer Pflanze zu generieren und damit den Züchtungsfortschritt nach vorn zu bringen. Gerade unter den Voraussetzungen, die heute schon genannt wurden, also mit den Wetterkapriolen, der Trockenheit, dem Hitzestress, aber auch den Krankheitsresistenzen ist das wichtig. Außerdem sollen die im Zusammenhang mit dem European Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie gewünschten Einsparungen von Pflanzenschutzmitteln und die gewünschte Förderung der Biodiversität unterstützt werden. Für diese Ziele brauchen wir diese Technologien.
Durch die gezielte Züchtung krankheitsresistenter Sorten werden wir auch dafür sorgen können, auf die Herausforderungen der neuen Zeit gerade hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung der Neuzeit reagieren zu können. Wir wollen natürlich auch den immer knapper werdenden Boden effektiver nutzen, um so auch gerade in Europa Nahrungsmittel zur Verfügung zu stellen und um unsere Nahrungsmittelsicherheit auf Dauer sicherstellen zu können.
Dafür müssen wir gar nicht weit in die Ferne schauen. Auch in Sachsen-Anhalt haben wir die anhaltende Trockenheit und deren Folgen in den letzten Jahren zu spüren bekommen. Deswegen sind wir als Landwirtschaft sehr daran interessiert, neue Sorten schneller zu erhalten, um wettbewerbsfähig Erträge erzielen zu können.
Meine Damen und Herren! Wir haben nicht nur das IPK in Gatersleben. Wir haben auch das Julius Kühn-Institut in Quedlinburg.
(Zustimmung von Ulrich Thomas, CDU)
Wir haben eine mittelständische Züchterschaft, gerade in Sachsen-Anhalt, die sich mit den neuen Züchtungstechnologien auseinandersetzen möchte und die diese auch zur Anwendung bringen möchte, um sich den neuen Herausforderungen stellen zu können.
(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)
Wir haben vergessen, dass wir vor Jahrzehnten im IPK in Gatersleben in der Gentechnik so weit waren, dass wir auch Feldversuche draußen mit gentechnisch veränderten Pflanzen hatten. Wir waren einmal weltweit führend in der Pflanzenzüchtung,
(Guido Kosmehl, FDP: Dann kamen aber die Ökofaschisten!)
auch in der Gentechnik. Dann mussten wir - das ist leider erschreckend - feststellen, dass alle Biotechnologieunternehmen ihre Wissenschaftler abgezogen haben; denn gentechnisch veränderte Pflanzen wollten wir hier einfach nicht haben. Damit sind wir ins Hintertreffen geraten. Das gilt es, auszumerzen. Darum bin ich froh darüber, dass wir heute - ich bin wirklich froh darüber, dass wir das in der Breite unserer Fraktionen entsprechend heute darstellen - eine breite Unterstützung für diese neuen Züchtungstechnologien kriegen.
(Guido Kosmehl, FDP: Endlich!)
Vielen Dank dafür. Das hat lange gedauert, aber ich sehe: Wir entwickeln uns weiter.
(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Guido Kosmehl, FDP)
Ich bin vor allen Dingen aber auch unserem Landwirtschaftsminister dankbar dafür, dass er eine klare Linie in Bezug auf die neuen Züchtungstechnologien vertritt; denn auf der AMK im März dieses Jahres hat er mit den Landwirtschaftsministerinnen und -ministern der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland klargestellt, dass die Anwendung der neuen Züchtungsmethoden vielversprechend ist und man sich für die schnelle Verfügbarkeit widerstandsfähiger Sorten einsetzt, um den Bedarf der Pflanzenschutzmittelverringerung zu verringern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich auch bei unserem Wissenschaftsminister, der natürlich für den Fortschritt, gerade in der Wissenschaft hier im Land, und damit dafür sorgt,
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
dass wir an dieser Stelle in einer Spitzenfunktion sind und auch weiterhin bleiben.
Der neue Vorschlag kann den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland wieder attraktiv machen. Deutschland sollte ihm folgen, wenn es nicht weiter abgehängt werden will. Wir sollten uns alle wieder mehr an der Wissenschaft statt an reinen Dogmen orientieren. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.