Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! ME/CFS bezeichnet eine komplexe und chronische Erkrankung, die in sehr schweren Fällen zu dauerhafter Pflegebedürftigkeit führen kann. Die Definition und Diagnose ist aus verschiedenen Gründen schwierig. Dazu zählen die vielschichtige Symptomatik und das Fehlen eines etablierten Biomarkers. Insofern können lediglich unterschiedliche Symptome zur Diagnosefindung herangezogen werden. Dazu gehört insbesondere das Leitsymptom der Symptomverschlimmerung nach Anstrengung. Hinzu kommen verschiedene Symptome, wie eine schwere und anhaltende Erschöpfung, Schmerzen, Schlafstörungen und kognitive Störungen.
Nach aktuellen Schätzungen sind in Deutschland etwa 140 000 bis 310 000 Menschen und in Sachsen-Anhalt bis zu 17 000 Menschen betroffen. Obwohl die Erkrankung im Jahr 1969 in die internationale Klassifikation der Krankheiten aufgenommen wurde, sind die Ursachen der Krankheit bis heute ungeklärt. Die bestehende diagnostische Unschärfe und damit die schwierige Abgrenzung von anderen Erkrankungen behindern derzeit eine bedarfsgerechte Versorgung.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Den im Antrag der Fraktion DIE LINKE formulierten Forderungen nach mehr Unterstützung für die Betroffenen kann ich mich jedenfalls grundsätzlich anschließen. Die medizinische Versorgungslage von Patienten, die darunter leiden, ist in Deutschland, aber auch weltweit aktuell leider nicht zufriedenstellend. In erster Linie liegt das an der noch mangelnden Erforschung der Erkrankung. Alle weiteren Schritte hängen hiervon ab. Es fehlen qualitätsgesicherte Informationen über Covid-Folgen und deren Behandlungsmöglichkeiten. Erst wenn diese vorliegen, ist es möglich, auf deren Grundlage angepasste G-BA-Richtlinien zu beschließen, um neue GKV-Angebote und Behandlungsmethoden für Betroffene etablieren zu können und damit die Versorgung der Betroffenen entscheidend zu verbessern.
Die Prüfung dieser Option ist aufgrund der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das SGB nicht Aufgabe der Länder. Wir können das nur fordern. Sie haben das gemacht und auf den Bund hingewiesen. Ich habe schon in den Reden davor gesagt, dass wir in der Gesundheitsministerkonferenz 2021 einstimmig den Beschluss gefasst haben, in dem wir die Handlungsfelder für die Nachsorge bei Personen mit Post-Covid-Syndromen aufgezeigt haben. Der Bundesminister Lauterbach hat die BMG-Initiative für bessere Versorgungsangebote noch einmal dargestellt.
Außerdem - das sind vielleicht Dinge, die neu sind : Das BMG hat ein Versorgungsforschungsprogramm aufgelegt, mit dem insbesondere Modellprojekte gefördert und evaluiert werden. Das umfasst immerhin mehr als 20 Millionen €. Zusätzlich, weil das im Landeshaushalt allein nicht ausreicht, werden über den Innovationsfonds beim G-BA weitere Forschungsprojekte mit einem Etat von 20 Millionen € gefördert.
Vieles, was heute an Forderungen genannt wurde, wird mit den genannten Bund-Länder-Initiativen forciert, anderes läuft bereits im Land. Wir haben bei der Ärztekammer Sachsen-Anhalt nachgefragt, weil die Antwort schon etwas länger her ist. Mittlerweile gibt es zehn Fortbildungsangebote, und es haben neun Fortbildungen zu Post-Covid stattgefunden. Also, langsam kommt die Landesärztekammer dazu, etwas zu tun. Auch die Klinik für Neurologie der Universitätsklinik Magdeburg hat dargestellt, dass sie seit Längerem für die Erforschung zum besseren Verständnis, für spezifische Behandlungsansätze von Fatigue und dafür, objektive Biomarker zu entwickeln, einen Forschungsauftrag bekommen hat, um das weiterentwickeln zu können. Wir brauchen diese Forschungsergebnisse, weil wir sonst nicht adäquat versorgen können. Das haben wir schon mehrmals beraten. - Herzlichen Dank fürs Zuhören.