Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! An jedem dritten Tag stirbt eine Frau in der Bundesrepublik Deutschland durch einen Femizid. Allein in diesem Jahr gab es bundesweit bereits 136 Femizide, die öffentlich bekannt sind, 129 Frauen und sieben Mädchen, die von Männern getötet wurden, mindestens vier davon waren Sachsen-Anhalterinnen. Wie hoch die Dunkelziffer ist, das wissen wir nicht. Die Zahlen sind erschreckend, aber wir müssen sie uns immer wieder, jeden Tag vor Augen führen.
Weil diese Situation nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland existiert, sondern Frauen und Mädchen weltweit in besonderer Weise Gewalt ausgesetzt sind, wurde im Jahr 2011 die Istanbul-Konvention, ein völkerrechtlicher Vertrag, ausgearbeitet. Mit dem Bekenntnis zur Istanbul-Konvention verpflichten sich die ihr beigetretenen Länder, dass sie umfassende Maßnahmen ergreifen, um Mädchen und Frauen vor Gewalt zu schützen.
Seit dem Jahr 2018 ist die Istanbul-Konvention in der Bundesrepublik Deutschland geltendes Recht. Auch das müssen wir uns immer wieder vor Augen führen.
(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE, und von Eva von Angern, DIE LINKE)
Das heißt, dass auch wir in Sachsen-Anhalt der Istanbul-Konvention als geltendem Recht verpflichtet sind. Ja, vieles ist schon passiert. Vieles haben wir hier im Land bereits umgesetzt. Zum umfassenden Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt, zur vollständigen Umsetzung dieser Verpflichtung aus der Istanbul-Konvention liegt noch eine Reihe von Aufgaben vor uns insbesondere in den Bereichen Inklusion, Täterarbeit sowie Erreichbarkeit und Verbreitung der Schutz- und Unterstützungsangebote auch in den ländlichen Räumen. Das ist gerade schon genannt worden.
Hilfe und Beratung müssen für jede einzelne Frau und für jedes Mädchen in unserem Land niedrigschwellig erreichbar sein. Dazu gehört - ja, das ist auch schon angesprochen worden - auch für uns ganz deutlich, dass es keine finanziellen Hürden für Hilfesuchende geben darf. Die Eigenbeteiligung von Frauen für ihre Unterbringung und die ihrer Kinder in Frauenschutzhäusern ist in einer ohnehin extremen Situation ein eigentlich unzumutbares Hindernis, um in der Situation um die nötige Hilfe zu bitten.
(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE, von Eva von Angern, DIE LINKE, und von Monika Hohmann, DIE LINKE)
Geschlechtsspezifische Gewalt und Tötungen sind ein strukturelles Problem. Frauen und Mädchen erfahren Gewalt, weil sie als weiblich wahrgenommen werden. Es ist unsere Pflicht als Land, Frauen und Mädchen vor dieser Gewalt zu schützen. Deshalb setzen wir Bündnisgrüne uns für eine vollständige und umfassende Umsetzung der Istanbul-Konvention ein. Wir stimmen dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zu. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Eva von Angern, DIE LINKE - Ministerin Petra-Grimm-Benne: Kein Wort zum Bund! Es ist Ihre Ministerin!)