Henriette Quade (DIE LINKE):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! - Herr Hövelmann, es fällt mir jetzt ein bisschen schwer, unmittelbar nach Ihnen zu reden, weil Ihre Rede sehr gut war; die Beschlussempfehlung ist es aber leider nicht.
(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)
Insofern wird Ihnen das, was ich sage, vermutlich ein bisschen ungerecht vorkommen. Ihnen persönlich gegenüber ist es das auch. Aber es geht hierbei nicht um die Person.
Der Gehalt der vorliegenden Beschlussempfehlung ist im Wesentlichen: Hasskriminalität ist schlimm, dagegen muss man etwas tun. Wer, wie, wann, was? - Das bleibt weitgehend unbestimmt. Das ist nicht falsch, aber es ist doch ein bisschen dünn und wird dem Phänomen nicht gerecht. Auch wird es den Defiziten, die wir in diesem Bundesland zu verzeichnen haben und die Herr Hövelmann sehr richtig benannt hat, nicht gerecht. Das ist ein Problem.
(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)
Im Übrigen wird es auch nicht dem Fachgespräch gerecht, das wir sehr konkret und sehr dezidiert zu dem Antrag, den einzelnen Maßnahmen, dem Für und Wider sowie zu den Erfahrungen geführt haben.
Das größte Manko aus der Sicht meiner Fraktion: Es gibt nicht einmal den Ansatz einer politischen und ressortübergreifenden Strategie gegen Hasskriminalität. Es gibt nicht den Hauch eines Defizitbewusstseins in der Beschlussempfehlung. Das wäre dringend nötig. Denn für Menschen, die von Hasskriminalität betroffen sind, also von Straftaten, die gegen sie verübt werden, weil sie einer bestimmten Gruppe, einer Religion oder einer ethnischen Gruppe zugeschrieben werden, wegen ihres Geschlechts oder ihrer Sexualität, aus rassistischen, antisemitischen, sozialdarwinistischen oder ableistischen Gründen ist der Befund, nicht auf die Hilfe der Polizei und die Strafverfolgung vertrauen zu können, weder neu noch überraschend. Vielmehr ist das Alltag.
(Beifall bei der LINKEN)
Dringend nötig wären deshalb neben der Beantwortung der drängenden Frage, was eigentlich in dieser Gesellschaft ins Rutschen geraten ist, konkrete Maßnahmen zum besseren Schutz von Betroffenen und zur effektiven Verfolgung von Taten und Tätern, die Überarbeitung und die Schärfung des polizeilichen Meldesystems politisch motivierter Straftaten - analog und digital , vereinfachte Anzeigemöglichkeiten inklusive digitaler Uploads. Dringend nötig wäre eine technische und personelle Ausstattung bei Polizei und Justiz, die das praktisch handhabbar macht. Dringend nötig wären das Prüfen, das Erkennen und das Benennen ideologischer Motivationen solcher Straftaten.
All das ist nicht neu. All das wurde von den Sachverständigen im Fachgespräch eindringlich deutlich gemacht. Diese haben sämtliche Punkte des Ursprungsantrags unterstützt. All das spielt in der Beschlussempfehlung, die Sie vorgelegt haben, kaum eine Rolle.
Bitten an die Landesregierung, Prüfaufträge, Warten auf bundesweite Initiativen, Hoffen - all das kann man tun. Es ändert aber den Status quo nicht und ist eben gerade nicht all das, was dieser Landtag und diese Landesregierung tun können, um Hasskriminalität effektiv zu verfolgen
(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)
und die Defizite, die Jan Böhmermann mit „Die Polizei ist nicht im Internet“ zugespitzt zusammengefasst hat, endlich zu beheben.
Die Beschlussempfehlung - das ist mein letzter Satz, Herr Präsident - sagt überhaupt nichts Falsches aus. Aber sie bleibt hinter den Notwendigkeiten zurück. Meine Fraktion wird sie deshalb ablehnen. - Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE, und von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE)