Nicole Anger (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir unterstützen den Antrag der GRÜNEN, Erkenntnisse für eine rationale Cannabispolitik zu gewinnen, weil wir rationale Cannabispolitik gut finden; denn über Cannabis - wir merken es gerade - wird viel zu oft sehr emotional gesprochen. Eine inhaltliche Diskussion ist aufgrund des vorgelegten Antrags heute also gut möglich.
Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministers liegt zwar noch nicht vor, aber wir alle kennen die Eckpunkte, und Frau Sziborra-Seidlitz hat sie gerade noch einmal vorgestellt. Einen Teil unserer Forderungen finden wir darin sogar wieder, was uns natürlich freut, wie die Forderung nach einer nicht profitorientierten Cannabislegalisierung. Wir begrüßen auf jeden Fall, dass die Bundesregierung nun erkannt hat, wie wichtig eine sofortige und längst überfällige Entkriminalisierung ist. Es fehlen aber immer noch Konzepte zur Prävention und zu Hilfsangeboten sowie konkrete Ankündigungen zu vernünftigen Grenzwerten im Straßenverkehr; denn THC ist tagelang nachweisbar, auch wenn die Wirkung schon längst nachgelassen hat. Genau darum geht es uns.
Wir bedauern, dass das große Koalitionsversprechen einer deutschlandweiten Legalisierung auf Modellprojekte geschoben wird.
(Beifall bei der LINKEN)
Damit entsteht das Problem des Überlassens der genaueren Regelungen der Cannabis Social Clubs und der Modellprojekte den Ländern. Dies wird bundesweit zu einer eher uneinheitlichen Regelung, zu einem Flickenteppich führen. Daher begrüßen wir unter den nicht sehr gut durchdachten Ausgangsbedingungen des Bundes den Antrag der Kolleginnen der GRÜNEN. Eine frühe Auseinandersetzung mit dem, was im Land strukturell bereits vorbereitet werden muss, erscheint uns auch wichtig.
Tabuisierung und Kriminalisierung waren erfolglos und haben riskante Konsumformen befördert, auch unter jungen Menschen. Es ist der bessere Weg, meine Damen und Herren, hochwertiges Cannabis kontrolliert an Erwachsene zu Genusszwecken abzugeben. Mit der Legalisierung, die meine Fraktion seit Langem fordert, auch in diesem Landtag, soll nicht der Konsum ausgeweitet werden. Cannabis ist aber die meist konsumierte illegalisierte Droge, jedoch nicht die meistkonsumierte Droge; denn das sind Alkohol und Tabak.
Deshalb ist es in unserem Sinne, mit der Landesstelle für Suchtfragen und den Suchtberatungsstellen entsprechend offensiv Prävention und Gesundheitsschutz zu begleiten. Wir sollten klären, wie sich Aufklärungs-, Präventions-, Beratungs- und Therapieangebote langfristig planen und absichern lassen, wie eine sachliche und tabufreie Risikoaufklärung gelingt und was sich strafrechtlich ändert.
Meine Damen und Herren! Ohne Frage müssen Dealer, die Cannabis an Jugendliche verkaufen, strikter verfolgt und schärfer bestraft werden. Das ist und bleibt eine Straftat. Der Jugendschutz gilt für uns uneingeschränkt. Selbstverständlich ist für uns auch ein Werbeverbot für Cannabis. Das Werbeverbot kann aber gern auch als Blaupause für Alkohol und Zigaretten gelten.
Der bisherige Umgang mit volljährigen Menschen, die nur im Besitz von einigen Gramm waren und daraus auf einen Konsum geschlossen wurde, ist problematisch. Wenn Sie im Auto Weinflaschen oder Bier transportieren, wird Sie die Polizei dafür nicht bestrafen, bei Cannabis sieht das anders aus. Es bedarf endlich einer echten und vollständigen Entkriminalisierung und Legalisierung.
Meine Damen und Herren! Zum Antrag der GRÜNEN möchte ich noch auf Folgendes hinweisen; denn ich gehe davon aus, dass wir dies unter anderem im Sozialausschuss diskutieren werden. Punkt 1 ist uns etwas zu unkonkret. Da würden wir gern etwas mehr Klarheit bekommen. Wie soll das Land die Abstimmung mit den Kommunen absichern, Modellregionen einzurichten, und wie werden die Kommunen ausgewählt? Aber es soll allen Kommunen ermöglicht werden, habe ich gehört. Das finden wir gut.
Punkt 2: Dahin gehend könnten wir nur unterstützen und darüber hinausgehend: Die Prävention und der Jugendschutz müssen ausgeweitet werden. Die Landesstelle für Suchtfragen und die Suchtberatungsstellen brauchen nicht nur einen Dialog, sondern weitere finanzielle und personelle Unterstützung, vor allen Dingen in der Fläche, und das nicht gegebenenfalls, sondern ganz sicher. Die GRÜNEN können uns gern bei einem entsprechenden Haushaltsantrag Ende des Jahres dabei unterstützen.
Zum dritten Punkt: Es geht uns nicht um Cannabisclubs, wie im Antrag formuliert, sondern um Cannabis Social Clubs. Diese bauen zum eigenen Bedarf an. Sie sind genossenschaftlich organisiert und nicht kommerziell. Die Zuständigkeit für die Kontrolle und Überwachung der Cannabis Social Clubs soll bei den Landesbehörden liegen. Auch darüber müssen wir reden. Aber, wie gesagt, darüber lässt sich vortrefflich in den Ausschüssen reden und debattieren. Ich jedenfalls freue mich darauf.
(Beifall bei der LINKEN)