Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):
Danke, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns auf Antrag der Fraktion DIE LINKE erneut mit der Warnung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, dass sich in Sachsen-Anhalt in den nächsten Jahren eine zahnärztliche Unterversorgung abzeichnet. Viele Zahnarztpraxen und ihre Patientinnen und Patienten sind konfrontiert mit dem Generationenwechsel und mit der Schwierigkeit, Nachfolger und Nachfolgerinnen für bestehende Praxen zu finden.
Prägende Faktoren sind dabei der demografische Wandel, der Standortwettbewerb um Fachkräfte, zunehmende Konzentrierung von Niederlassungen in städtischen Metropolen und Metropolregionen. Wobei an dieser Stelle vielleicht ein paar Worte zur Niederlassungsfreiheit und zum Anteil an Privatpatienten zu sagen wäre. Das sind auch Faktoren, die mitwirken - natürlich unter anderen.
Diese und weitere Herausforderungen stoßen gerade für ländliche Gebiete auf ein gewachsenes System der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen. Ich lasse Bismarck einmal weg; denn wir wollen nicht zu tief in die Geschichte gehen. Aber im Ausland ist immer vom deutschen Bismarck-System die Rede. Dieses Modell der Selbstverwaltung unterscheidet sich deutlich von Modellen der direkten staatlichen Versorgung, die z. B. für Großbritannien und die nordischen Länder typisch sind und auch in der ehemaligen DDR die Gesundheitsversorgung prägten.
Dadurch kommt es in diesem Zusammenhang immer wieder zu Gesprächsbedarf darüber, welche Akteure in unserem Gesundheitswesen wofür verantwortlich sind, was sie finanzieren müssen, können und dürfen. Diesbezüglich ist der Gesprächsbedarf größer, weil unser System eben auf dieser Selbstverwaltung beruht, die einerseits eine Errungenschaft ist, aber andererseits gerade bei so großen Herausforderungen dann oft nicht flexibel genug ist.
Der Staat ist für die gesetzlichen Rahmenbedingungen verantwortlich und Körperschaften organisieren die Versorgung selbst. Das ist tatsächlich so. Das ist nicht irgendeine Ausrede. Das ist eng definiert.
(Zustimmung bei der SPD)
Es gibt Grenzen. Diese Tatsache sollte man einfach einmal sehen.
Ich habe aber auch gesehen - ich glaube, Ministerin Grimm-Benne war sehr deutlich , dass es finanzielle Grenzen gibt. Ich sehe aber eine wirklich große Bereitschaft, eine navigierende, moderierende und unterstützende Rolle zu übernehmen. Ich denke, das ist zwischen den zahlreichen verschiedenen Akteuren, die mitwirken müssen, sehr wichtig.
Mit Blick auf die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ministerien, also dem Wissenschaftsministerium mit Prof. Willingmann und dem Ministerium von Ministerin Grimm-Benne, sehe ich eine große Bereitschaft, sich bei dem Thema Zahnarztquote zu engagieren. Diesbezüglich gibt es durch die Zulassungsbeschränkungen ebenfalls Grenzen. Diese sind auf nationaler Ebene geregelt. Er ist bereit, dabei zu tun, was möglich ist. Gleiches gilt für Ministerin Grimm-Benne.
Ich denke, wir können, wenn wir diesen Antrag an den Sozialausschuss überweisen, obwohl wir schon viel darüber geredet haben, Türen aufstoßen und schauen, was möglich ist. Wegen der zentralen Beschränkungen für die Zahnarztquote sind es faktisch nur drei Plätze. Ich höre wirklich, dass es offene Türen sind.
Die Landarztquote konnte dadurch erfüllt werden, dass die Landärzte einen Kostenplan vorgelegt haben.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Dr. Richter-Airijoki, Sie haben eben von Beschränkung geredet. Es gibt auch eine Redezeitbeschränkung.
Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):
Die KZV.
(Zurufe: Die Zeit!)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Die Zeit.
Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):
Ach so, die Zeit ist beschränkt. Sie haben natürlich recht.
(Lachen im ganzen Hause)
Ich möchte darum bitten, den Antrag an den Sozialausschuss zu überweisen. Ich hoffe, dass dort eine konstruktive Debatte geführt wird und nicht Wut in den Vordergrund gestellt wird. Ich freue mich auf eine wirklich sachliche Debatte.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Es gibt eine Frage von Herrn Borgwardt, wenn Sie sie zulassen.
(Guido Kosmehl, FDP: Oh!)
Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):
Ja.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Borgwardt.
Siegfried Borgwardt (CDU):
Es ist eigentlich eine Kurzintervention. Ich gehe davon aus, dass Ihnen bekannt sein dürfte, worin ein wesentlicher Grund für die Probleme liegt, nämlich bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung.
Ich glaube, jeder hier kennt einen Arzt. Ich habe auch so einen. Dessen Frau ist voll ausgebildet, ist hierherkommen. Es gibt aber nur eine Stelle und die bekommt er nicht, weil wir in Wittenberg acht haben und in Gräfenhainichen nur zwei. In der Altmark sind es noch mehr. Das ist das Problem. Dieses Problem löst man nicht mit einer höheren Studierendenquote. Darin liegt die Ursache. Sie schotten einfach ab und meinen, dadurch ein gewisses Niveau zu halten.
Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):
Vielen Dank, dass Sie dies aufbringen, Herr Borgwardt. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt. Man muss sich klarmachen, dass die Ausbildung nicht das einzige Stellrad ist, sondern ein ganzes Maßnahmenpaket erforderlich ist. Das ist ein wichtiger Teil davon.
(Beifall bei der SPD)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Frau Dr. Richter-Airijoki.
Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):
Danke schön.