Andreas Silbersack (FDP):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin dankbar für die Debatte am heutigen Tag zum 70. Jahrestag des Volksaufstandes am 17. Juni 1953 - ein Symbol der Freiheit, des Widerstands, ein Symbol, das die gesamten 40 Jahre der DDR getragen hat und das auf unterschiedliche Art und Weise jeden Einzelnen betroffen hat.
So, wie nach 1945 versucht wurde, die beiden deutschen Staaten auf den Weg zu bringen, jeder auf seine Art und Weise, mit der Gründung der BRD und der DDR im Jahr 1949, mit den dann entstandenen Bezirken, nachdem man die Länder wieder kassiert hatte, war im Jahr 1953 so etwas wie Hoffnung entstanden, Hoffnung auf Freiheit, auf Demokratie - in Magdeburg, in Halle, in der ganzen ehemaligen DDR.
Damals war es so, dass sich der Staat noch nicht so richtig orientiert hatte, in welche Richtung er agieren würde. Mit dem Tag des 17. Juni hat er sich entschieden. Er hat sich entschieden, einen Überwachungsstaat zu entwickeln, der seinesgleichen suchte. Jeder, der Verwandte hatte und hat, die Gegenstand der Prozesse, die danach folgten, wurden, kann sich ungefähr vorstellen, was ein Überwachungsstaat bedeutete. Damals wurden Spionageurteile gefasst, und zwar nicht nur aufgrund der Geschehnisse des 17. Juni, sondern auch danach, in den 50er-, 60er-Jahren, die das Unrecht zementierten, die das Unrecht der DDR und den Überwachungsstaat zementierten.
Insofern wurde der 17. Juni 1953 nicht nur ein Symbol für den Widerstand, sondern er hat diese beiden deutschen Staaten, die eben nicht vereint waren, zusammengehalten. Ich bin all denjenigen in den alten Bundesländern dankbar, die sich dagegen zur Wehr gesetzt haben, dass es in den 80er-Jahren zu einer Anerkennung der DDR kam. Denn der Widerstand vom 17. Juni 1953 war ein Symbol für die folgenden Jahrzehnte.
Die DDR hat in den Folgejahrzehnten nichts stärker versucht als anerkannt zu werden, staatlich anerkannt zu werden. Aber genau die Vorkommnisse des 17. Juni 1953 führten dazu, dass man sagte: Nein, dieser Staat, dieser Überwachungsstaat darf nicht anerkannt werden. Deshalb blieb es in der Verfassung der Bundesblick Deutschland auch so erhalten, wie es war, nämlich dass man für eine Wiedervereinigung kämpft.
Genauso wie der 20. Juli 1944 zu einem Symbol des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus wurde, wurde der 17. Juni 1953 zu einem Symbol des Widerstandes gegen das DDR-Unrecht. Deshalb bin ich unglaublich dankbar dafür, dass Frau Neumann-Becker mit ihrer Arbeit zur Aufarbeitung des DDR-Unrechts so aktiv war, ist und sein wird in der nächsten Zeit, in den nächsten Jahren entweder sie oder ein Nachfolger , dass uns klar wird: Der 17. Juni 1953, das Jahr 1956 in Ungarn, das Jahr 1968 in der Tschechoslowakei - das sind Daten, die am Ende des Tages dazu geführt haben, dass die Freiheit gesiegt hat.
(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)
Symbole tragen länger, als wir uns das in unserem Alltag vorstellen können. Deshalb ist dieser 17. Juni ein Symbol der Verbundenheit der Menschen in Ost- und Westdeutschland.
Ich kann mich gut an meine eigenen Geschichtsbücher in der DDR erinnern, in denen immer von Konterrevolution am 17. Juni 1953 die Rede war, in denen versucht wurde, dieses Datum zu negieren. Doch irgendwo in der Gesellschaft gab es immer den 17. Juni. Man hat über ihn gesprochen. Er war da, in den 70er-, in den 80er-Jahren. Das ist etwas, das die Gesellschaft eben auch zusammenhält.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Herr Silbersack.
Andreas Silbersack (FDP):
Genau deshalb war es auch wichtig, dass beide Gesellschaftsformen in Ost und West das so geteilt haben. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)