Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt natürlich grundsätzlich alles, was dafür sorgt, dass Projekte - egal ob von der öffentlichen Hand oder von Privaten - beschleunigt genehmigt werden können. Dafür stehen wir. Wir wollen in Sachsen-Anhalt dafür sorgen, dass Unternehmensansiedlungen schnell vorangehen, dass Infrastruktur schnell genehmigt werden kann, aber natürlich auch dafür, dass der Bereich der Energiestrukturen möglichst schnell an den Start gehen kann.
(Beifall bei der FDP)
Deshalb gehen wir natürlich auch bei dem Thema Digitalisierung forsch voran. Ich habe mich im Immissionsschutzbereich erkundigt. Sowohl in dem Bereich als auch in dem Bereich, in dem baurechtlich genehmigt wird, gehen wir davon aus, dass im Laufe des Jahres 2023 die Prozesse digital beantragt und umgesetzt werden können.
Kritischer bin ich hinsichtlich der Idee, jetzt eine Servicestelle einzurichten, für die wir den Kommunen ihre Zuständigkeiten wegnehmen und sie in einer zentralen Stelle bündeln.
Jeder, der schon einmal in der Verwaltung gearbeitet hat, weiß, dass, wenn man Zuständigkeiten von einer Ebene auf eine andere Ebene überträgt, dies einer Reihe von Abstimmungsprozessen bedarf. Zudem muss die Verwaltung von einer Stelle auf eine andere Stelle verlagert werden. Selbst wenn dies digital stattfindet, wird dies aus meiner Sicht Zeit brauchen.
So, wie ich Ihren Antrag verstanden habe, ist es genau das, was wir aktuell nicht haben. Wenn man also den Prozess verlangsamen möchte, dann beginnt man jetzt noch eine Zuständigkeitsdiskussion mit all den daran hängenden Prozessen.
Gar nicht verstehen kann ich den Punkt mit den Tagebaurestlöchern. Es gibt Unternehmen, die sich in der Folge des Braunkohletagebaues vorstellen können, jetzt Energie zu gewinnen. Aus meiner Sicht hätte man das auf der Bundesebene eher privilegieren müssen, weil das durchaus Standorte sind, an denen ich keinen hochwertigen Boden nutzen muss und bei denen ich im Augenblick keine anderen Raum- und Interessenskonflikte habe. An dieser Stelle hätte ich mir auf der Bundesebene tatsächlich eine andere Entscheidung gewünscht, sodass wir die Tagebaurestlöcher eindeutig mit in unsere Betrachtung nehmen können. Der Bund hat etwas anderes entschieden, aber wir werden das, was wir möglich machen können, im Rahmen dessen, was der Bund uns vorgibt, auch umsetzen.
(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP, und von Kathrin Tarricone, FDP)
Richtig schwierig ist es geworden bei dem, was Sie unter dem Punkt Abstände nennen. Ich habe so ein ganz bisschen den Eindruck - na ja, wir hatten die Diskussion schon einmal hier , dass das so ein Thema ist, bei dem Sie in Ihrer Fraktion, glaube ich, noch einmal nachjustieren müssen.
(Zurufe von der CDU: Nachholbedarf! - Nicht nur da!)
Ich versuche jetzt noch einmal, die drei Punkte, über die wir an dieser Stelle reden, zu erläutern.
(Zuruf von der CDU: Richtig!)
Erstens. Wir reden über den Abstand, den puren technischen Abstand zwischen den Geräten. Der ist einfach physikalisch vorgegeben.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)
Der muss so sein, dass sich die Geräte nicht untereinander ins Gehege kommen und dass kein Windschatten entsteht. Das ist das, was den physikalischen Abstand begründet.
Dann haben wir, zweitens, das Thema Abstandsregel nach dem Immissionsschutzgesetz zur Wohnbebauung. Dort ist in Ihrem Antrag explizit ausgeführt, dass Sie die gut finden und dass Sie auch bei der bleiben wollen - so habe ich den Antrag verstanden. Wenn ich aber an die Abstände heran möchte, dann gerate ich genau in diesen Bereich, nämlich in die Richtung Wohnbebauung. Dazu sage ich immer ganz klar: Nein, daran werden wir nichts ändern.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)
Wir werden dafür sorgen, dass in Sachsen-Anhalt die entsprechenden Vorrangflächen ausgewiesen werden, aber wir werden Windräder nicht näher als diese 1 000 m an eine Wohnbebauung packen.
(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Aber das steht doch extra drin!)
Und jetzt kommt der dritte Punkt. Dabei geht es um die Baulast. Es ist häufig der Fall, wenn ich z. B. vor einer Fläche stehe, wo ich eine Reihe von Windrädern sehe, dass das dann oft wie eins wirkt. Wenn ich aber einmal in das Kataster schaue, dann sehe ich, dass diese Fläche, die ich dort sehe, einer Vielzahl von Eigentumsstrukturen unterliegt.
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja!)
Hier ist schlicht und ergreifend die Regel so, dass normalerweise, wenn ich ein Windrad baue, dieses aktuell noch in Form seiner gesamten Höhe durch die eigene Fläche abgedeckt sein muss. Wenn das nicht geht, also wenn das Windrad höher ist, als meine Fläche in der Tiefe ist, dann muss ich mit dem Nachbareigentümer in den Diskurs gehen und dann muss ich schauen, ob der bereit ist, auf seiner Fläche eine entsprechende Baulast eintragen zu lassen. Das ist die dritte Ebene, die wir haben. Das ist auch die Ebene, über die wir demnächst diskutieren werden; denn hierbei wollen wir auf die Abstände gehen, auf die Eintragungspflicht zur Baulast gehen, die wir aktuell im Bereich der Musterbauordnung haben. Hierbei wollen wir also eine Vereinfachung haben mit den bundesgesetzlich üblichen Vorgaben.
(Zuruf von der CDU: Genau!)
Das sind die Punkte. Deshalb halte ich den Vorschlag, den Sie an dieser Stelle gemacht haben, noch einmal an die Abstände heranzugehen - auch mit der Interpretation zwischen den Landkreisgrenzen, die gemacht wurde - tatsächlich nicht für sachgerecht. - Ich danke Ihnen.
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das wollen wir doch gar nicht! Dazu steht nichts im Antrag!)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Herr Lizureck, bitte.
Frank Otto Lizureck (AfD):
Danke. - Wenn man sich das Ranking der Länder ansieht, die erneuerbare Energien einsetzen, dann sind vor Deutschland solche wirtschaftlichen Industriegiganten wie Albanien, Nepal, Lesotho, Paraguay, Kongo usw. vertreten. Ich möchte Ihnen jetzt eine weitere Aufzählung ersparen. Deutschland liegt an 63. Stelle. Da könnte man sich einmal fragen: Warum ist das so? - Ich hätte da eine Antwort: weil sich entwickelte Industrieländer nicht allein mit alternativer Energie versorgen können. Ich halte auch die Aussage, dass Intel nach Sachsen-Anhalt kommt, weil wir hier so tolle erneuerbare Energien haben, für eine große Lüge. Aber Sie können diese Lüge entkräften. Wir als Land Sachsen-Anhalt können uns ja dazu verpflichten, Intel zu 100 % mit erneuerbaren Energien zu versorgen. - Danke.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Es gibt noch eine Frage von Herrn Loth. Diese machen wir gleich mit.
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Na gut.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Herr Loth.
Hannes Loth (AfD):
Sehr geehrte Frau Ministerin, zu der Verkürzung der Beteiligung an den Baulasten. Dahin gehend werden mir Kollege Feuerborn und vielleicht auch Kollegin Frederking zustimmen, weil beide auch auf der letzten Veranstaltung des Bauernverbandes und des LEE waren, auf der gesagt wurde, dass es dann möglicherweise zu mehr Konkurrenz und zu mehr Einsprüchen kommen wird, weil die, die da nicht mehr beteiligt werden müssen, sich dann benachteiligt fühlen und vielleicht dann auch die Projekte noch stärker angehen, als es jetzt getan wird. Gibt es Lösungsmöglichkeiten Ihres Hauses, die Sie sich überlegt haben, wie diesem vorgebeugt werden kann?
(Kathrin Tarricone, FDP: Braucht doch gar keine Baulast mehr!)
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Das letzte war eine Frage, denke ich. Die beantworte ich gern. Herr Loth, wir setzen an dieser Stelle auf die Regeln der Musterbauordnung, d. h. auf das, was ansonsten in der Bundesrepublik Deutschland üblich ist.
(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)
Deshalb gehe ich davon aus, dass es vielleicht in dem einen oder in dem anderen Fall an einer Grenze eines entsprechenden Windparks - so bezeichnen wir die Flächen üblicherweise - auch dazu kommt, dass der eine oder der andere sagt: Ich hätte auch schon ganz gern noch einen Ausgleich für meine Fläche. Aber insgesamt gehen wir tatsächlich nicht davon aus, dass es hierdurch zu einer Verlangsamung der Prozesse, darüber haben wir gerade gesprochen, kommen wird.
Zu dem anderen Punkt, der von Herrn Lizureck dargestellt worden ist, muss ich ganz klar sagen: Intel hat sehr deutlich adressiert, dass es auch erneuerbare Energien nutzen will und dass es natürlich - das ist etwas, glaube ich, dass wir gerade alle sehr, sehr stark gemerkt haben - einen Energiemix braucht. Unsere Energieversorgung in Deutschland insgesamt muss in Zukunft unabhängiger von einem Anbieter sein. Energie muss immer aus vielfältigen Quellen gespeist werden, damit wir schlicht und ergreifend eine Sicherheit haben, und - der andere Punkt ist auch wichtig - das Ganze zu bezahlbaren Preisen. Es wird, glaube ich, die Herausforderung für die Zukunft werden, diese beiden Aspekte zu berücksichtigen. Natürlich muss das Ganze auch noch sicher im Sinne des Ordnungsrechtes sein. Das ist eine Diskussion, die wir in der Vergangenheit auch immer wieder hatten.
(Beifall bei der FDP)