Carsten Borchert (CDU):

Vielen Dank, Herr Vorsitzender.

(Guido Kosmehl, FDP: Präsident!)

- Herr Präsident, danke. - Manchmal fällt es einem nicht leicht, Anträge der Opposition zu kommentieren bzw. neu zu bewerten oder anders zu bewerten, wenn man weiß, so wie es meine Vorredner schon gesagt haben, dass wir die Themen vor wenigen Monaten schon einmal behandelt und bewertet haben.

Wenn man das hört, was eben gerade gesagt wurde, denkt man wirklich, unsere Schulen sind alle so schlecht. Das ist nicht so.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Eine kleine Grundschule ist wunderbar. Wenn an einer kleinen Grundschule zwei Lehrer krank sind, dann ist nur noch die Hälfte da. Kein Mensch der Welt kann dann irgendetwas dagegen machen, weil die Lehrer nicht im Schrank stehen, die darauf warten, dann die Vertretung zu übernehmen.

(Zustimmung bei der CDU)

Woher sollen wir sie nehmen, wenn wir diese eine Stunde nicht realisieren dürfen?

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Ausbilden, Herr Borchert, ausbilden!)

Zum Thema. Ich denke, wir haben in Sachsen-Anhalt kein Erkenntnisproblem, wie es Herr Lippmann behauptet, indem er eine weitere Kommission einsetzen möchte. Ich denke, die Herausforderungen im Schulsystem werden von allen schulischen und politischen Akteuren wahrgenommen und auch als solche erkannt. Über die Tatsache, Herr Lippmann, dass wir einen Lehrkräftemangel haben, müssen wir nicht mehr diskutieren. Das wissen wir alle.

Ich sage es immer wieder: Sie haben immer dieselbe Rede; Sie haben immer dieselben Inhalte. Das bringt uns überhaupt nicht vorwärts; das führt nur zu noch mehr Verdruss draußen. Optimismus kennen Sie nicht. Aber Sie behaupten, Sie legten nur die Hände auf die Wunde und dann ändere sich alles. Das ist nicht so.

(Zustimmung bei der CDU - Thomas Lippmann, DIE LINKE: Sie wissen aber nicht, wie groß der Bedarf ist!)

Sicherlich haben wir große Reserven   dazu stehe ich auch   in Bezug darauf, dass wir im Inneren der Schulen Sachen verändern müssen, bei denen es mir zu langsam geht, um den Lehrerinnen und Lehrern die Arbeit in der Schule zu erleichtern. Aber das Problem haben wir heute nicht angesprochen.

Im November des vergangenen Jahres haben wir die Expertenkommission eingesetzt. Diese berät sich im Verlaufe des Jahres zur inhaltlichen Weiterentwicklung des Schulsystems, zur Weiterentwicklung der Lehramtsausbildung, zur Professionalisierung der Lehrkräfte, zu dem Übergang zwischen den Schulformen, zu den zentralen Leistungserhebungen usw. Die Ergebnisse werden uns vorgestellt. Im zweiten Quartal des Jahres 2024 erwarten wir das. Daher frage ich mich, welchen Sinn eine weitere Kommission macht, zumal die bestehende Kommission dafür schon einen Auftrag bekommen hat. Ich kann es nicht verstehen.

An uns liegt es jetzt, die Hochschulen unseres Landes bei der Erarbeitung und Umsetzung eines dualen Lehrerstudiums zu unterstützen. Wir werden sehen, ob das funktioniert. Auch dazu werden wir im vierten Quartal des Jahres 2024 Informationen von der Landesregierung bekommen und gegebenenfalls nachsteuern. - Schauen wir mal.

Ich bin ganz ehrlich und man kennt meine Meinung: Es liegt an uns, den Universitäten dieses Landes zu sagen, dass die Lehrerausbildung nicht mehr den aktuellen Anforderungen an diesen Beruf erfüllt. Ich sage, dass ein Lehramtsstudent, wenn er die Uni verlässt, ein vollständig ausgebildeter Lehrer sein muss und die Praxisanteile im Verhältnis zur wissenschaftlichen Ausbildung stark erhöht werden müssen, und zwar so stark, dass Referendarzeiten irgendwann der Vergangenheit angehören müssen. Dazu müssten unsere Universitäten aber ihre Konzepte und Studienrichtlinien rigoros auf den Prüfstand stellen.

Das machen die aber nicht gern. Und damit gehen sie in meinen Augen nicht mehr mit den aktuellen Anforderungen und mit unseren aktuellen Gesellschaftsbedürfnissen konform. Ich glaube nicht, dass das in Zukunft weiter funktioniert.

Aber das wird hier noch öfter ein Thema werden. Unser Wissenschaftsminister kennt meine Meinung. Wir hatten neulich im Bildungsausschuss einige Herren und Damen da, die dort führend sind. Da hatte ich nicht das Gefühl, dass sie verstanden haben, dass es so nicht weitergehen kann.

Der von den LINKEN geforderte Staatsvertrag zwischen den Ländern   Frau Pähle hat das schon ausführlich erklärt und auch meine Ministerin hat das erklärt   wird die Herausforderungen des Bildungswesens garantiert nicht lösen. Die Länder gehen weiter ihre eigenen Wege, trotz der KMK-Beschlüsse. Und die Lebensplanung der Menschen können wir in die Politik definitiv nicht entscheidend beeinflussen.

(Zustimmung von Kathrin Tarricone, FDP)

Vielleicht können wir ein ganz kleines bisschen steuern mit entsprechenden Dingen. Aber wir können das Leben definitiv nicht beeinflussen.

Ich empfinde es also als unsinnig, einen Staatsvertrag aufzusetzen. Angesichts des Zeitablaufes gehört die Idee eher völlig ins Reich der Träume. Denn wie lange würde es denn dauern, bis so ein Staatsvertrag in Gange gebracht würde. Es müssten ja die Länderparlamente aller 16 Bundesländer zustimmen.

Wir haben eine Bundesbildungsministerin und ein Bundesbildungsministerium.

(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)

Die müssten mehr Verantwortung übernehmen

(Guido Kosmehl, FDP: Machen die!)

und die müssten einheitliche Regelungen für Lehrkräfte im Seiteneinstieg bundesweit festlegen und auch anerkennen lassen. Die müssten dafür sorgen, dass ein Beamter, wenn er von einem in ein anderes Bundesland wechselt, eins zu eins weiterbezahlt wird und dass man endlich damit aufhört, zu schangeln und zu gucken, fängt er wieder von vorne an oder fängt er nicht von vorne an. Das sind Aufgaben, die bundesweit geklärt werden müssen. Und wenn das so wäre, würden wir Erfolg haben.

Mit dem Expertenbericht zum Lehrkräftebedarf haben wir landesintern eine sehr gute Zusammenfassung der Datenlage, die aller zwei Jahren aktualisiert wird. Auch darüber müssen wir nicht weiter diskutieren.

Zum Thema Werbung für das Lehramt. Wer das System Schule     


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Borchert.


Carsten Borchert (CDU):

Damit möchte ich meine Rede beenden.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Das ist genau das Problem.


Carsten Borchert (CDU):

Wer das System Schule auf der großen Bühne immer und immer wieder negativ darstellt   und damit wiederhole ich gerne die Ausführungen meiner Vorredner  , der braucht sich nicht zu wundern, wenn das Lehramtsstudium oder die Bereitschaft, Lehrer werden zu wollen, immer mehr den Bach runtergeht. Und Schuld haben wir


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Borchert.


Carsten Borchert (CDU):

mit solchem Diskutieren selbst. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Warten Sie mal, Herr Borchert. Es gibt noch eine Frage von Herrn Kosmehl. Wollen Sie die beantworten?


Carsten Borchert (CDU):

Natürlich.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Kosmehl, dann können Sie sie stellen. Bitte.


Guido Kosmehl (FDP):

Herr Kollege Borchert, ich habe Ihnen heute auch wieder zugehört, wie ich das sehr häufig bei Ihnen mache. Ich bin immer positiv überrascht über Ihren Ansatz, bei der Frage nach den Bund-Länder-Beziehungen


Carsten Borchert (CDU):

Ich weiß.


Guido Kosmehl (FDP):

voranzukommen. Jetzt hatten Sie die Bundesbildungsministerin und das Bundesbildungsministerium wieder erwähnt. Ich höre nur und nehme wahr, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion weiteren Vorschlägen für ein Kooperationsgebot zwischen Bund und Ländern im Bereich der Bildung eher skeptisch gegenübersteht.

Deshalb lautet meine Frage: Als Bildungspolitiker in Sachsen-Anhalt würden Sie also mehr Bildungskooperation zwischen Bund und Ländern befürworten und würden sich dafür auch vielleicht in Berlin bei den Kollegen im Deutschen Bundestag einsetzen?

(Frank Bommersbach, CDU: Nee!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können antworten, wenn Sie wollen, Herr Borchert.


Carsten Borchert (CDU):

Meine Kolleginnen und Kollegen in Berlin müssen vielleicht noch ein bisschen mehr darüber nachdenken, wie weit wir in Sachsen-Anhalt schon denken.

(Beifall und Lachen bei der CDU - Zuruf von der CDU: Soll ich was sagen?)