Tobias Krull (CDU):

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich versuche, jetzt zu dem Gesetzentwurf zu reden und nicht zu einer Integrationsdebatte.

(Zustimmung bei der CDU und von Konstantin Pott, FDP)

Der kulturelle Stand einer Gesellschaft wird auch daran deutlich, wie sie mit dem Thema Tod und Bestattung umgeht. Nicht umsonst sprechen wir über eine Bestattungskultur. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf kommt die Landesregierung der Vereinbarung im Koalitionsvertrag nach. Dazu gehört die interkulturelle Öffnung des Bestattungsrechts sowie der würdige Umgang mit Sternenkindern.

Ich kann bereits jetzt für meine Fraktion zusätzlichen Beratungsbedarf anmelden, z. B. zu der Aufhebung des Sargzwangs. Es ist richtig, die Bestattung in Leichentüchern zuzulassen, soweit es der religiösen Tradition der verstorbenen Person entspricht. Die aktuell gewählte Formulierung lässt aber deutlich mehr Spielraum, als wir das wünschen. Dazu haben wir erhebliche Bedenken.

Die gewählte Überschrift „Grabsteine aus Kinderarbeit“ ist ebenfalls missverständlich. Hierbei könnte der Eindruck entstehen, dass Grabsteine auf der Grundlage unfairer Kinderarbeit der Regelfall und nicht die Ausnahme sind. Die Bestattungsunternehmen sowie die Steinmetzinnen und Steinmetze haben, basierend auf den Regelungen in anderen Bundesländern, bereits Vorschläge unterbreitet, wie ausbeuterische Kinderarbeit verhindert werden kann. Wir müssen hierfür eine Lösung finden, die z. B. ermöglicht, dass einmal aufgestellte Grabsteine nach einer Überarbeitung neu verwendet werden. Der Nachweis, unter welchen Umständen der Grabstein damals hergestellt wurde, dürfte nur schwer möglich sein.

Ein weiteres wichtiges Thema ist der Umgang mit Sternenkindern. Dass diese nunmehr alle unabhängig vom Geburtsgewicht bestattet werden, ist für uns ein Ausdruck der Würdigung jeglicher Form des menschlichen Lebens. Damit haben die Eltern und andere Personen die Gelegenheit, an einen Ort zu gehen, an dem sie ihrer Trauer Ausdruck verleihen können.

Dass den im Einsatz gefallenen Soldaten der Bundeswehr ein dauerhaftes Ruherecht eingeräumt wird, ist aus meiner Sicht ein mehr als wichtiger und richtiger Schritt, auch wenn ich natürlich inständig hoffe, dass die Anzahl solcher Grabsteine in unserem Bundesland nicht weiter steigt und die Angehörigen der Bundeswehr wohlbehalten und unversehrt aus ihren Einsätzen zurückkehren.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und von Konstantin Pott, FDP)

In Sachsen-Anhalt werden mehr als 90 % der Verstorbenen eingeäschert. Hierbei ist die zweite Leichenschau bereits Vorschrift. Die Verpflichtung zu einer zweiten Leichenschau soll nun auf alle Verstorbenen ausgedehnt werden. Wir müssen grundsätzlich darüber nachdenken, ob die dafür notwendigen ärztlichen Kapazitäten vorhanden sind.

Wir werden uns im Rahmen des Verfahrens auch über alternative Bestattungsformen verständigen müssen. Eines möchte ich für meine Fraktion klarstellen: Mit uns wird es keine Aufhebung der Friedhofspflicht geben. Ein solches Ansinnen widerspricht zutiefst unserem Verständnis von Trauer- und Bestattungskultur. Man stelle sich nur vor, dass vor Gericht darüber gestritten wird, wann die Urne einer verstorbenen Person wo stehen darf. Oder man stelle sich vor, dass sich auf einem Privatgrundstück eine Grabanlage befindet und die neue Besitzerin oder der neue Besitzer nicht darüber informiert wird und vielleicht zufällig bei Gartenarbeiten darauf stößt. Oder man stelle sich gar die Beerdigung im öffentlichen Raum vor nach dem Motto: Von dort hatte sie den schönsten Blick, den wollte sie genießen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir beantragen, den Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und zur Mitberatung in den Ausschuss für Inneres und Sport, in den Ausschuss für Bildung, in den Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus, in den Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt, in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz sowie in den Ausschuss für Finanzen zu überweisen.

(Olaf Meister, GRÜNE: Alle außer Petitionen! - Zuruf von Eva von Angern, DIE LINKE)

Außerdem kündige ich an, dass es dazu eine umfangreiche Anhörung geben wird. Der Umfang dieser Anhörung wird mit Sicherheit die Nutzung des Plenarsaals rechtfertigen. Auch eine solch umfangreiche Anhörung ist gerechtfertigt. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, eines ist sicher: Wir alle werden einmal vom Bestattungsgesetz betroffen sein.

(Zustimmung bei der CDU - Sandra Hietel-Heuer, CDU: Richtig!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Krull, warten Sie einmal. Ich wiederhole: zur federführenden Beratung in den Sozialausschuss.


Tobias Krull (CDU):

Zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Ja.


Tobias Krull (CDU):

Zur Mitberatung in den Ausschuss für Inneres und Sport, in den Ausschuss für Bildung, in den Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus, in den Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt, in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz sowie in den Ausschuss für Finanzen.

(Zustimmung bei der CDU)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Jetzt haben wir es. Danke, Herr Krull, Sie sind entlassen.

(Dorothea Frederking, GRÜNE: Landwirtschaft fehlt! - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja! Landwirtschaft! - Da wird Erde gegraben!)

Herr Krull, alles in Ordnung. - Die einzige Frage dazu kam von mir.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)