Dr. Katja Pähle (SPD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein Gutes hat der Antrag der LINKEN; das muss ich einräumen. Er bietet nämlich die Gelegenheit, im Plenum die Diskussion über die ersten Ergebnisse des Krankenhausgutachtens zu führen, das Petra Grimm-Benne in Auftrag gegeben hat. Nachdem diese Ergebnisse bereits im Gesundheitskabinett, in der Landespressekonferenz und im Gesundheitsausschuss des Landtages vorgestellt wurden, ist es nun folgerichtig, dass sich damit auch das Plenum beschäftigt.
Dabei geht es um nicht weniger als um die Zukunft der Gesundheitsversorgung und des Gesundheitssystems und vor allem um die Krankenhausversorgung in Sachsen-Anhalt. Damit wurde eine Debatte eröffnet, die auch im Bund auf der Grundlage der Empfehlungen der von Karl Lauterbach eingesetzten Reformkommission geführt wird.
Schon jetzt sind die Veränderungen und auch die Schwierigkeiten im Krankenhaussystem an vielen Orten nicht zu übersehen. Besonders kritisch wirkt die Lage dort, wo Ärztinnen und Ärzte fehlen. Aber der Veränderungsbedarf geht keineswegs nur auf Personalmangel oder auf Bevölkerungsschwund zurück. Die Schwierigkeiten sind auch - diese Erkenntnis vermisse ich in dem vorliegenden Antrag - keineswegs nur auf das DRG-System und auf Profitstreben zurückzuführen.
(Siegfried Borgwardt, CDU: Genau!)
Vielmehr werden viele Krankenhausbetten einfach deswegen nicht mehr gebraucht, weil moderne Behandlungsmethoden und minimalinvasive Eingriffe gar keinen stationären Aufenthalt mehr erfordern. Das ist ein sehr großer Fortschritt. Kinder profitieren ganz besonders davon, wenn sie nach dem Eingriff mit Mama und Papa wieder nach Hause gehen können.
Die Frage, wie weit ist es bis zum Krankenhaus, ist für die Lebensqualität und für das Sicherheitsempfinden von Bürgerinnen und Bürgern von größter Bedeutung. Aber Entfernung ist nicht alles. Für viele Krankheiten und auch Notfälle ist die Qualität der Behandlung ausschlaggebend; diese hängt eben nicht nur von der Erreichbarkeit, sondern von der Zahl der Fälle und der damit verbundenen Erfahrungen der Ärztinnen und Ärzte zusammen.
(Beifall bei der SPD)
Niemand möchte mit einem Herzinfarkt oder mit einem Schlaganfall in das falsche Krankenhaus oder in ein Krankenhaus gebracht werden, in dem nach drei Stunden Behandlung entschieden wird, dass die Expertise fehlt und eine weitere Verlegung notwendig ist. Deswegen wird das Gesundheitssystem der Zukunft anders aussehen als heute. Aber wir müssen dafür sorgen, dass es sicher und in mancherlei Hinsicht besser ist.
Es geht um eine flächendeckende wohnortnahe gute Grundversorgung. Es geht um spezialisierte Behandlungszenten in erreichbarer Nähe. Es geht um mehr Kompetenz auch in der Fläche durch digitale Vernetzung. Es geht um neue Arbeitsteilung und um die Zusammenarbeit von stationärer und ambulanter Medizin. Das Modell Poliklinik lässt an dieser Stelle grüßen. Wir im Osten haben daran sicherlich noch gute Erinnerungen.
(Beifall bei der SPD)
Es geht um schnelle Notfallrettung auch in dünn besiedelten Regionen, unterstützt durch Helikopter und qualifizierte Leitstellen.
(Zuruf von der AfD)
Apropos digitale Vernetzung. Das ist keine Zukunftsmusik. Viele von Ihnen konnten sich sicherlich auch schon davon überzeugen. Die Uniklinik Magdeburg ist führend darin, hochqualifizierte Spezialistinnen und Spezialisten der Operation beratend zuzuschalten. Solche Möglichkeiten lassen sich immer mehr auch schon im Rettungswagen nutzen, damit bereits Notärztinnen und Notärzte sowie Sanitäterinnen und Sanitäter die bestmögliche Unterstützung bekommen. Das sind gute Möglichkeiten, von denen wir vor wenigen Jahren noch nicht einmal zu träumen wagten.
Diskussionen um das Gesundheitssystem sind auch deswegen so komplex, weil der Staat auf diesem zentralen Feld der Daseinsvorsorge nicht von oben irgendetwas verordnen kann. Dies kann nur im Zusammenspiel der verschiedenen Träger, Anbieter etc. passieren. Die Ministerin ist hierzu jederzeit im Austausch und führt diese Diskussion.
Lassen Sie mich am Schluss meiner Rede noch sagen, was mich am Antrag der LINKEN nahezu verstört hat. Dem Profitstreben eine klare Absage zu erteilen, ist das eine; darin sind wir uns alle einig. Aber wirtschaftlich darf und muss ein Standort arbeiten können. Das auch das wichtig bei all den Prozessen, die wir anschieben. Die Wirtschaftlichkeit und die Qualität der einzelnen Standorte dürfen nicht wegen der Nähe der Versorgung aus dem Auge verloren werden. Ich glaube, an dieser Stelle sind wir gut beraten, den vorliegenden Antrag abzulehnen und die weitere Diskussion über das Endergebnis des Gutachtens zu starten. Das ist das, was die Ministerin macht.
Ich schließe meine Worte mit der Bitte, den Antrag abzulehnen. - Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU - Ulrich Siegmund, AfD: Das machen wir, Frau Dr. Pähle!)