Olaf Meister (GRÜNE):
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kaum ein anderes Bundesland leidet so sehr unter dem demografischen Wandel und dem damit verbundenen Fachkräftemangel wie Sachsen-Anhalt. Wir haben mit einem Durchschnittsalter von 48,1 Jahren bundesweit die älteste Bevölkerung. Diese Situation, die nicht neu ist, geht an den Kern unserer Wirtschaft. Es betrifft das Handwerk einerseits, aber es betrifft auch Industrie, Dienstleistungen, Landwirtschaft, die ganze Palette. Insofern ist es ein wenig schade, dass Herr Keindorf in seiner Einbringungsrede maßgeblich die Heizungsdebatte aufmachte. Die kann man auch führen, aber ich finde, sie hat hiermit wenig zu tun.
Es ist wichtig, die Berufsbildung in Sachsen-Anhalt zu stärken. Wir können es uns schlicht nicht leisten, irgendjemanden ohne Abschluss zu lassen, auch wenn es vielleicht schwieriger war in der Schule oder jemand erst kurz bei uns ist. Wir brauchen auch die Berufsorientierung an allen weiterführenden Schulformen, insbesondere auch an den Gymnasien, um so den jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, vielfältige praktische Erfahrungen bereits während der Schulzeit zu sammeln. Eine berufliche Ausbildung ist dabei genauso wertvoll wie ein Studium. Die gesellschaftliche Wertschätzung für eine Berufsausbildung und den damit eingeschlagenen Berufs- und Karriereweg muss steigen. Dies wird - das ist eine notwendige Folge des Fachkräftemangels - auch durch steigende Löhne und Ausbildungsvergütungen bewirkt werden.
Die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems, also eine abgeschlossene Berufsausbildung als Möglichkeit, auch weiterführende Bildungswege zu beschreiten, tut ein Übriges zur Attraktivität. Auch Diversität und Inklusion sind beständige Aufgaben, um die Berufsausbildung in der Zukunft erfolgreich zu machen.
Der vorliegende Antrag der Koalition nimmt einige organisatorische Teilaspekte der Berufsausbildung im Land in den Fokus und fordert einige Prüfungen und Evaluierungen. Ich finde es gut, dass dieses Thema im Plenum gesetzt wird. Wir werden der Prüfung mit dem Ziel der Verbesserung der Ausbildung zustimmen.
Ich kann allerdings die Sorge von Herrn Lippmann verstehen, was die Substanz angeht. Wir sind tatsächlich hierbei in breiter Front im Bereich von Prüfungen und Evaluierungen. Es wäre auf Dauer zielführend, dass man zu konkreten Entscheidungen kommt. Insofern unterstütze ich auch den Geschäftsordnungsantrag, das Thema in den Bildungsausschuss zu überweisen und dort zu diskutieren. Ich habe schon gehört, dass es dafür keine Mehrheit geben wird, aber ich halte den Versuch für sinnvoll.
Der Punkt Gastbeiträge ist auch nur eine Prüfung. Dabei halte ich die Prüfung allerdings für berechtigt. Mir ist nicht klar, was das im Einzelnen heißt, welche Summen wir dabei bewegen werden und wie sich das auf die einzelnen Kommunen auswirken wird. Eine Prüfung ist dennoch sinnvoll. Vielleicht muss man über Pauschalierungen nachdenken. Sie haben ja das FAG angesprochen.
Wir würden gern einen weiteren Teilaspekt hinzufügen, und zwar die Schulgeldfreiheit für alle schulischen Ausbildungsberufe in Sachsen-Anhalt, egal ob im pädagogischen, im sozialen oder im gesundheitlichen Bereich. Die Erhebung von Schulgeldern trägt naturgemäß gerade in Konkurrenz zu anderen Berufsfeldern nicht zur Attraktivität dieser fraglichen Berufe bei. Die Auszubildenden in diesen für unsere Gesellschaft auch so wichtigen Feldern gehören für ihren Berufswunsch nicht bestraft. Das ist finanztechnisch nicht ganz trivial, das ist klar. Wir sollten uns dazu aber auf den Weg machen. Wir Bündnisgrüne fordern aus diesem Grund mit dem vorliegenden Änderungsantrag, die Schulgeldfreiheit für alle Ausbildungsberufe anzugehen. Indem wir Anreize statt Hürden setzen, können wir dem Fachkräftemangel in diesen Berufsfeldern entgegentreten. - Vielen Dank.
(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Henriette Quade, DIE LINKE)