Tagesordnungspunkt 15
Beratung
Unterricht absichern! Schulen müssen offen und erreichbar und Schüler*innen müssen gesund bleiben!
Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/143
Einbringer ist der Abg. Herr Lippmann. - Herr Lippmann, ich habe jetzt nicht im Blick, ob das Rednerpult desinfiziert worden ist. Der Wirtschaftsminister sagt, es sei desinfiziert worden. Dann wollen wir ihm mal glauben. Kommen Sie nach vorn, Herr Lippmann. Wir werden die Folgen dann sehen.
(Zuruf von Thomas Lippmann, DIE LINKE)
Herr Lippmann, Sie haben das Wort. Bitte sehr.
Thomas Lippmann (DIE LINKE):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute reichliche 14 Tage her, dass das neue Schuljahr begonnen hat, und wir müssen wieder feststellen, dass der Start genauso schlecht vorbereitet war, wie das alte Schuljahr aufgehört hat. Nichts hat sich über die Sommerferien für die Schulen verbessert.
Dabei waren die Ansagen klar. Es musste alles getan werden, um den Präsenzunterricht vom ersten Schultag an pandemiefest zu organisieren. Die Schulen müssen auch bei weiter anhaltender Infektionslage für alle Schülerinnen und Schüler offen bleiben können, ohne dass Gesundheitsgefahren befürchtet werden müssen.
Für die schon vor dem Sommer erwartete vierte Infektionswelle mussten die Schulen so vorbereitet werden, dass sie nicht zu Orten der Ausbreitung für das Virus werden. Dafür gilt schlicht: erstens verhindern, dass Infektionen in die Schulen hineingetragen werden, und zweitens verhindern, dass sie sich dort ausbreiten können, wenn doch Fälle auftreten sollten.
Wie das geht, ist bekannt. Erstens Impfen und immer wieder Impfen. Es muss das Ziel sein, dass baldmöglichst alle Mitarbeiterinnen in den Schulen über einen vollständigen Impfschutz verfügen. Außerdem müssen nach der Freigabe der Impfstoffe jetzt auch alle Schülerinnen und Schüler zeitnah ein Impfangebot in den Schulen erhalten.
(Zurufe: Niemals! - Nein!)
Zweitens muss man regelmäßig alle Personen testen, die noch keinen vollständigen Impfschutz haben.
Drittens muss man alle Klassenräume mit mobilen Luftfiltern ausstatten, um eine mögliche Virenlast kontinuierlich abzubauen und das Raumklima dauerhaft zu verbessern.
Durch Impfen und Testen bekommen wir gerade so nach und nach unser normales Leben wieder zurück.
(Zustimmung)
Auch die Schulen müssen jetzt schrittweise von den Coronaauflagen entlastet werden. Wenn in einer Schule alle Beschäftigten 2G und alle Schülerinnen 3G erfüllen, dann muss auch dort wieder normal und kontinuierlich gearbeitet werden können.
Längst nicht so klar ist aber, dass die Ausstattung aller Klassenräume mit Luftfiltern eine weitere wesentliche Maßnahme ist, um den Schulbetrieb auch unter anhaltenden Pandemiebedingungen dauerhaft abzusichern.
(Zustimmung)
Bei dem Zirkus um die Anschaffung der Luftfilter hat die Landesregierung wieder einmal gezeigt, wie schnell ihr Interesse an der schulischen Perspektive und an der Gesundheit der Kinder und Jugendlichen erlahmt, wenn es anstrengend und auch wenn es teuer wird.
Mit unserem Antrag soll der Landtag deshalb ein klares Zeichen für mehr Wertschätzung für die Arbeit in den Schulen in der Pandemie setzen. Luftfilter für alle Klassenräume, und zwar so schnell wie möglich, das ist das Mindeste, was wir den Schülerinnen und Schülern und was wir den Beschäftigten schuldig sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Schulen auch unter Pandemiebedingungen zu öffnen und offen zu halten, ist natürlich die erste Pflicht der Landesregierung. Es müssen aber auch die Pädagogen zur Verfügung stehen, die in den Schulen Bildung und Erziehung vermitteln sollen. Auch hier versagt die Landesregierung weiterhin kläglich.
(Beifall)
Die Zahl der Lehrkräfte, die vor den Klassen stehen, sinkt unaufhaltsam von einem historischen Tiefststand zum nächsten. Noch nie waren so wenige Lehrkräfte in unseren Schulen beschäftigt, und das bei immer weiter steigenden Schülerzahlen.
Allein für die Schülerinnen und Schüler, die wegen der Coronaausfälle das Schuljahr zusätzlich freiwillig wiederholen, werden mindestens 150 Lehrkräfte zusätzlich benötigt, die nicht da sind. Allein durch die Coronawiederholungen sinkt die Unterrichtsversorgung für alle um mindestens einen weiteren ganzen Prozentpunkt.
Die ernüchternden Fakten über die Unterrichtsversorgung werden wir wieder einmal erst kurz vor Weihnachten auf dem Tisch haben. Doch dann werden wir genau wissen, an wie vielen Schulen die Unterrichtsversorgung unter 100 %, unter 90 % und sogar unter 80 % liegt und welche Schulformen dabei besonders abgehängt werden. Die Nachrichten über die Proteste von Eltern füllen ja schon wieder die Zeitungen.
Bereits im Schuljahr 2019/2020 waren wir bundesweit in fast allen Schulformen das Schlusslicht beim Unterrichtsangebot. Mit Ausnahme der Gymnasien hatte kein anderes Bundesland so wenig Lehrkräfte für seine Schülerinnen und Schüler eingesetzt wie Sachsen-Anhalt. Das ist eines der ganz konkreten Ergebnisse aus zehn Jahren Regierungsverantwortung von Herrn Haseloff und der CDU.
(Beifall)
Sie werden sich auch in den kommenden fünf Jahren nicht ernsthaft um den Lehrkräftemangel kümmern. Er kommt ja im Koalitionsvertrag nicht einmal mehr vor. Den Personalmangel haben Sie offenbar einfach mal wegverhandelt.
Ihr Schulministerium jedenfalls hat weiterhin keinen Plan, wie es diesen Niedergang wirksam aufhalten will. Wir haben in den letzten fünf Jahren dafür genügend Vorschläge vorgelegt, die auch immer noch aktuell sind.
Heute wollen wir erreichen, dass zumindest für kurzfristige Vertretungen die bürokratischen Hürden endlich beseitigt werden. Wenn immer wieder Bewerberinnen und Bewerber um einen Vertretungsjob am Landesschulamt verzweifeln, dann ist etwas faul in diesem Amt und im Ministerium.
(Beifall)
Solche Hindernisläufe wie jüngst um ein paar Sportstunden an der Grundschule in Hedersleben müssen endlich aufhören.
Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, Schulen müssen nicht nur geöffnet sein und mit Unterricht gefüllt werden, sie müssen für die Schülerinnen und Schüler auch erreichbar bleiben. Deshalb haben wir bereits im Frühjahr einen dringlichen Antrag eingebracht, um der Landesregierung mit Blick auf ihre neue Verordnung zur Schulentwicklungsplanung 2022 in den Arm zu fallen und unsinnige und inakzeptable Änderungen noch zu stoppen.
Unsere Forderungen wurden von der alten Kenia-Koalition zwar rundweg abgelehnt; allerdings finden sich jetzt zwei davon doch im neuen Koalitionsvertrag wieder. Zum einen scheint nach drei Jahren Murks jetzt auch bei der CDU angekommen zu sein, dass ihr einziges Projekt im Schulbereich, die Grundschulverbünde, bisher ein Rohrkrepierer ist. Zum anderen war absehbar, dass die Verschärfung der Zielvorgaben für die gymnasialen Oberstufen abwegig und nicht zu halten ist. Das sind in unserem Antrag im Abschnitt III die Punkte b und c. Diese beiden Korrekturen reichen aber nicht aus.
Wir fordern mit unserem Antrag erneut, dass die gestrichene Regelung für den Bestand kleiner Grundschulen in den besonders dünn besiedelten Regionen wieder in die Verordnung aufgenommen wird.
In diesen Regionen sind Grundschulverbünde wegen der großen Entfernungen zwischen den Standorten und wegen der schlechteren Lehrkräftezuweisung für den Verbund keine akzeptable Alternative.
(Zustimmung)
Wir fordern von der CDU und der neuen Ministerin, dass nicht länger Druck auf kleine Grundschulstandorte ausgeübt wird. Lassen Sie diese kleinen Grundschulen leben! Auch wenn es nur ein oder zwei Hände voll sind, es sind unverzichtbare Standorte in der Region für die Kinder mit den kurzen Beinen.
Letztlich appellieren wir an die Landesregierung und die Koalitionsfaktionen, die absurd hohen Vorgaben für die Eröffnung neuer Schulen deutlich nach unten zu korrigieren. Das Eineinhalbfache der normalen Schulgröße zu fordern, ist eine absolut willkürliche Setzung. Sie macht dringend erforderliche Neugründungen von Schulen vor allem in den beiden Städten Halle und Magdeburg praktisch unmöglich.
Die Schulträger planen jetzt ihre Schulnetze nach den neuen Vorgaben und bekommen dabei die konkreten Probleme unmittelbar zu spüren. Bis zum Ende des Jahres müssen die Kreistage und Stadträte die Planungen beschließen. Es sind also nur noch wenige Wochen Zeit, um die Sünden aus der Verordnung zu tilgen und das Schulangebot in der Fläche des Landes zu stabilisieren, statt es noch weiter einzudampfen.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine Überweisung des Antrages in Ausschüsse auch nicht zielführend. In allen angesprochenen Bereichen läuft die Zeit davon. Hier sind jetzt nicht Debatten mit Beschwichtigungen und hohlen Worten gefordert, sondern Taten. - Vielen Dank.
(Beifall)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Es gibt eine Intervention von Herrn Tillschneider. - Herr Teilschneider, Sie haben das Wort.
Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):
Herr Lippmann - jetzt geht er, aber ich spreche ihn trotzdem an , vor einigen Monaten hieß es, wir müssten die Schulen schließen und dann den Unterricht nur unter rigorosen Eindämmungsmaßnahmen fortsetzen, um die zu schützen, die sich noch nicht schützen können, die Alten und die Kranken, weil es noch nicht genug Impfstoff gibt. So. Jetzt haben wir genug Impfstoff und jetzt heißt es: Wir müssen an den Schulen weitermachen mit diesem Irrsinn, um die Schüler selbst zu schützen.
Wissen Sie, dass es in Sachsen-Anhalt in der Gruppe der unter 25-Jährigen keinen einzigen dokumentierten Todesfall mit oder an Corona in dieser doppeldeutigen Formulierung gab? Selbst nach dieser Statistik gab es keinen einzigen Todesfall.
Bei Kindern zeigt sich diese Krankheit als Erkältung, wenn überhaupt. Und wenn Sie jetzt mit den ominösen Spätfolgen kommen, so kann ich kontern, dass auch die Impfung möglicherweise Spätfolgen hat, man also das Risiko, zu erkranken, nicht reduziert, indem man die Kinder impft.
Jetzt frage ich Sie - das ist die Frage, die ich an Sie richte : Wie wahren Sie eigentlich die intellektuelle Selbstachtung, wenn Sie diesen Unsinn hier vortragen, den Sie hier vorgetragen haben?
(Beifall)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Tillschneider, diese Antwort wird Ihnen offensichtlich von Herrn Lippmann nicht gegeben werden. Ich kann Ihnen allerdings sagen: Achten Sie beim nächsten Mal auf die Zeit. Das war etwas über einer Minute. Sie wissen, bei Interventionen bin ich sehr eindeutig.