Sebastian Striegel (GRÜNE):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Heuer, ich nehme Ihre Bitte um Entschuldigung selbstverständlich an.
(Zustimmung bei der CDU)
Ich bin vor zwölf Jahren PGF geworden und hatte damals das große Glück, dass ich von dem Kollegen Frank Thiel ins Amt eingeführt wurde. Ich habe dieses parlamentarische Amt immer als Ehre und Aufgabe empfunden. Wir sind als PGF nicht nur Einpeitscher - das merkt man manchmal im Plenum; im Englischen gibt es dafür die Bezeichnung Whips , sondern auch Garanten für das Funktionieren dieses demokratischen Verfassungsorgans.
Parlamentsreformen können dabei Zeugnis unserer guten Arbeit sein. Ich durfte zwei Reformvorhaben mit erdenken, reifen lassen und an demokratisch breit getragenen Beschlüssen dazu mitwirken. Dafür bin ich den Kollegen und der Kollegin - die Sozialministerin ist jetzt auch wieder da, sie war damals noch PGF , die daran mitgewirkt haben, ebenso dankbar wie den klugen Köpfen in unserer Verwaltung, die in den Jahren bis 2020 umfassend in die Entwicklung von Reformideen eingebunden waren.
Das heutige Machwerk allerdings steht doch in einem beträchtlichen Gegensatz dazu. Von den Mehrheitsfraktionen einsam entwickelt, auf den Vorteil weniger im Parlament ausgerichtet, fachlich nicht entscheidungsreif, übereilt und ohne große Debatten beschlossen - das ist eben keine Parlamentsreform, das ist eine Zumutung.
Zu dem Thema Regierungsbefragung. Sie fallen noch hinter die Regelungen der Fragestunde aus dem Jahr 2015 zurück. Ihr sehr fürsorgliches Behandeln der Regierung wird deren Unzulänglichkeiten nicht bemänteln können. Die lebendigere Befragung der Regierung brauchte keine neuen Regeln. Wir haben das heute sehr gut sehen können. Die SPD hat heute von einem Recht Gebrauch gemacht, das sie zukünftig nicht mehr haben wird. Es ist schade, dass das dann nicht mehr passiert. Wir brauchen bei der Regierungsbefragung vor allem ein Parlament, das sich selbst ernst nimmt. Niemand hier im Raum muss Ministern die Fragen vorab soufflieren. Warum machen wir uns so klein? Auch langatmiges Antwortgeschwurbel von einigen Kabinettsmitgliedern ließe sich durch eine souveräne Sitzungsleitung schnell beenden. Ich sage nur das Stichwort „Order!“.
Die zukünftigen Regelungen zur Gewährleistung von Öffentlichkeit und zur digitalen Teilnahme von Dritten an den Ausschüssen sind notwendig, aber fachlich nicht ausgegoren. Sie werden sich in vielen Fällen als nicht sauber anwendbar erweisen.
Ihr Gesetz zur Änderung parlamentsrechtlicher Vorschriften bricht auch mit einer Tradition, nämlich dass Änderungen an den Regeln für unsere Arbeit im Verfassungsorgan Landtag, der ersten Gewalt im Staate, möglichst im Konsens und nur nach intensiver und fachlich überzeugender Debatte passieren. Parlamentarismus lebt davon, dass sich die Mehrheiten regelmäßig ändern. Sie tun sich als zukünftige Minderheit mit diesem Gesetz keinen Gefallen. Sie tun uns als zukünftiger Mehrheit keinen Gefallen.
(Lachen - Zuruf von der AfD: Was? - Unruhe)
Sie tun vor allem dem Parlament als Ganzem keinen Gefallen; denn wir alle sind darauf angewiesen, miteinander in parlamentsrechtlichen Dingen gut umzugehen.
(Unruhe)
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Ich erlebe in den letzten Wochen und Monaten, eigentlich in dieser Legislaturperiode insgesamt, keinen fairen parlamentsrechtlichen Umgang miteinander mehr. Ich nehme wahr, dass die Runden der Parlamentarischen Geschäftsführer zu reinen Abnickveranstaltungen verkommen sind. Ich halte das für ein Problem.
(Zuruf: So ein Schwachsinn!)
Ich bin davon überzeugt, Ihr Tun schadet dem Parlament langfristig mehr, als es den Mehrheitsfraktionen kurzfristig nutzt. Wir als GRÜNE lehnen den Gesetzentwurf ab. - Herzlichen Dank.
(Beifall bei den GRÜNEN)