Dr. Falko Grube (SPD):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden den Antrag überweisen, weil wir Diskussionsbedarf haben, aber nicht, was das Thema Flächenkataster betrifft. Wenn ich Flächen habe, die versiegelt sind, die ich für etwas Neues nutzen kann, dann macht es Sinn, sie zu entsiegeln, vielleicht noch von Altlasten zu befreien und für eine neue Ansiedlungen - Wohnungsbau oder was auch immer gerade an Bedarf vorhanden ist - zu nutzen.
Wir haben Diskussionsbedarf hinsichtlich des Flächenziels in der Nachhaltigkeitsstrategie,
(Guido Kosmehl, FDP: Ja! - Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)
und ich sage Ihnen auch, warum: Wir haben in den letzten 30 Jahren erlebt, dass wir im Osten Arbeitskräfte ausgebildet haben, die dann in den Westen gegangen sind. Dort sind dann Gewerbegebiete entstanden - das ist kein Perfekt, sondern es ist nach wie vor so, dort entstehen Gewerbegebiete. Dann sind noch mehr Menschen dorthin gezogen, und hier sind Wohnungen freigeworden. Und dann dürfen wir uns auch noch anhören, dass wir ein Nehmerland sind. Ich denke, in unserer Arbeitsplatzbeschreibung hier im Landtag steht, das zu ändern. Mein Anspruch wäre, dass Sachsen-Anhalt irgendwann wenigstens die Chance hat, einmal Geberland zu werden.
(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)
Ich hätte gern, dass der Finanzminister irgendwann einmal sagt: So, ich drücke auf den Knopf und Bayern und Berlin bekommen Kohle aus Sachsen-Anhalt. - Ich finde, das ist ein lohnenswertes Ziel.
(Guido Kosmehl, FDP: Bei Berlin schaffen wir das auf jeden Fall!)
Wie komme ich dann auf das Flächenziel? - Wenn Sie sich die Seite 135 in der Nachhaltigkeitsstrategie anschauen, dann sehen Sie die in Zahlen gegossene Ungleichheit zwischen Ost und West. Sie haben die linke Spalte - das ist das, was in Sachsen-Anhalt versiegelt wurde - und Sie haben die rechte Spalte - das ist zwar deutschlandweit, aber der überwiegende Teil ist im Westen versiegelt worden.
Das bedeutet: Diese Zahlen manifestieren wie fast nichts anderes den Entwicklungsunterschied zwischen Ost und West. Das IWH sagt nicht umsonst seit einigen Jahren: Die Schere schließt sich nicht mehr; die Schere öffnet sich. Deshalb finde ich, dass sich die Landesregierung - die Ministerin hat ja bereits gesagt, dass man das noch einmal neu wichten müsse - auf den Weg machen muss, aus der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.
Was ist die richtige Schlussfolgerung dort, wo lange versiegelt wurde? Man kann sich das statistisch anschauen: In den alten Bundesländern sind insgesamt 50 % mehr versiegelt. Was bedeutet es, wenn man nun als Landesregierung sagt, das bleibt so und es wird noch schlimmer? - 0,75 % der Landesfläche von Sachsen-Anhalt würden nicht einmal dem eigentlichen Anteil an den 30 ha entsprechen; das wären nämlich 1,71 %. Das heißt, dies festzuschreiben und zu manifestieren bedeutet jetzt und in alle Ewigkeit: Mein Traum wird nicht Wirklichkeit. Der Finanzminister dieses Landes - egal wie er heißt - wird niemals Geld nach Baden-Württemberg, Bayern oder sonst wohin überweisen, wenn wir es niemals schaffen, diese Entwicklung ohne die Flächen hinzubekommen.
(Zustimmung von Thomas Krüger, CDU)
Im Übrigen ist das beim Thema Flächenkreislauf etwas total Sinnvolles, keine Frage. Wenn wir ab 2050 bundesweit überhaupt nicht mehr versiegeln, auch dann sind wir strukturell im Nachteil, und „wir“ meint den Osten. Denn wenn ich wenig versiegelte Fläche habe, habe ich auch wenig für die Kreislaufwirtschaft. Das heißt, wenn dann neue Ansiedlungen kommen: Wie wahrscheinlich ist es denn, dass sie dann wieder in den Osten kommen? Nein, sie gehen dann auch wieder in den Westen, wo wir Flächen haben, die wir nehmen können. Das kann nicht so bleiben, meine Damen und Herren!
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Zu den Zahlen - ich habe es einmal ausrechnen lassen : Radwege, Windenergieanlagen, dort habe ich angenommen, wir haben 2 800 ha, wir brauchen noch 1 400 ha; das ist so ein Drittel, zwei Drittel. Bundesstraßen, Autobahnen - das sind 2 300 ha. Wenn ich die 0,75 % nehme und das bis 2050 rechne, dann habe ich noch ungefähr 6 300 ha. Dann bleibt nicht mehr so richtig viel. Übrigens: Intel ist noch gar nicht dabei. Wenn wir Intel machen und 0,75 % nehmen, dann haben wir vier Jahre lang nichts anderes. Ich glaube nicht, dass man das dem Rest des Landes erklären kann.
Wir überweisen den Antrag in den Ausschuss. Die Frage Flächenkataster macht auf jeden Fall Sinn, ist aber an dieser Stelle, ehrlich gesagt, gar nicht mein größtes Ärgernis. Ich möchte, dass wir dafür sorgen, dass wir irgendwann einmal den Berlinern Geld geben
(Guido Kosmehl, FDP: Nein!)
oder wem auch immer. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)