Hendrik Lange (DIE LINKE):

Heute nicht. - Meine Damen und Herren! Man kommt um das Schauspiel des Herrn Tillschneider, das er hier abgeliefert hat, kaum herum, aber es ist schon spannend, welche Konstruktionen er bemüht, um zu erklären, warum Menschen den CO2-Ausstoß und den damit einhergehenden Klimawandel vielleicht doch als gefährlich empfinden.

Ich sage es einmal so: Um sich diese Wahrnehmung zu erklären, muss man wohl an viel Met denken, der in diesem komischen Institut in Schnellroda geflossen sein muss oder vielleicht eine nichtletale Dosis von Amanita muscaria. Das mag alles so sein.

Meine Damen und Herren! Am Abend des 9. Januar 2023 wurde das Auditorium Maximum an der Martin-Luther-Universität durch Klimaaktivist*innen besetzt.

(Oliver Kirchner, AfD: Die waren drin! Das stimmt! - Ulrich Siegmund, AfD, lacht - Weitere Zurufe)

Herr Minister, und     Alle, die nicht in der Lage sind, sprachliche Fortentwicklung zu akzeptzieren:

(Ulrich Siegmund, AfD: Rückentwicklung!)

Es ist eine durchaus akzeptierte gendergerechte Sprache, die ich benutze.

(Zustimmung bei der LINKEN-  Oliver Kirchner, AfD: Schwachsinn ist das!)

Sie können gerne darüber lachen und damit wieder vom Inhalt ablenken.

(Ulrich Siegmund, AfD: Machen wir! - Zuruf von der AfD: Nicht nur darüber!)

- Machen Sie das! Klug ist es nicht; aber das waren ja Ihre bisherigen Einlassungen auch nicht.

Ihre Forderung bestand in der schnellstmöglichen Klimaneutralität der Universität und der Etablierung von Bildungsangeboten zu Klimagerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Nach entsprechenden Verhandlungen und der Veröffentlichung einer Erklärung vonseiten der Universitätsleitung wurde die Besetzung nach fünf Tagen beendet. Nach Angaben der Universitätsleitung verliefen sämtliche Aktionen friedlich, konnten Lehrveranstaltungen online abgehalten werden, waren die Verhandlungen teils hart, aber stets fair, gab es keine Beschädigungen und die Liegenschaft wurde in einem sauberen, aufgeräumten Zustand verlassen.

(Ulrich Siegmund, AfD: Oh!)

So weit und nüchtern die Situationsbeschreibung. Und eigentlich könnte man an der Stelle den Redebeitrag beenden.

(Zustimmung bei der CDU)

- Das Brüllen und Johlen kommt immer von der gleichen Seite. Das nehme ich auch wahr. Gleiches gesellt sich offensichtlich zu Gleichem.

(Ulrich Siegmund, AfD, lacht - Oh! bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Allerdings gilt es, zu dem hier Gesagten und zu den vielen Zwischentönen rund um die Besetzung auch Stellung zu beziehen. Es ist klar: Wer zu Mitteln des zivilen Ungehorsams greift und einen Hörsaal besetzt, der möchte auch eine gesellschaftliche Debatte auslösen.

Meine Damen und Herren! Der Beitrag der AfD dazu hat jedoch weniger mit einer Debatte als mit purer Hetze zu tun. Das ist bei einer Partei und ihren Protagonist*innen

(Lachen bei der AfD)

nicht neu, jedoch vollkommen unangemessen. - Ja, auch Sie haben Frauen in Ihren Reihen; wenige, aber Sie haben sie.

(Zuruf von der CDU: Die möchten aber nicht „*innen“ genannt werden!)

Sie versuchen zu kriminalisieren, wo nichts Schlimmes passiert ist. Denn in einem sind sich sämtliche Berichte einig. Die einzige, die sich aggressiv verhalten hat, ist die Gruppe der AfD gewesen, die sich Zutritt zur Liegenschaft verschaffen wollte.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Olaf Meister, GRÜNE)

Ihre künstliche Aufregung darüber, dass Sie von Aktivist*innen

(Oh! bei der AfD)

als das erkannt wurden, was Sie sind, nämlich als der parlamentarische Arm gewaltbereiter Neonazis,

(Ulrich Siegmund, AfD, lacht)

ist doch ein kläglicher Versuch zu skandalisieren, wo Sie selbst der Skandal sind.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Meine Damen und Herren! Dass sich Menschen nicht von denjenigen ablichten lassen wollen, die nichts als Hetze verbreiten, deren gewaltbereite Freunde schon oft Tatsachen haben folgen lassen, die mit widerlichen Hassreden versuchen, die Gesellschaft zu spalten, und deren Ruf nach Rechtstaatlichkeit und Demokratie nur verlogene Ablenkung ist, da sie diese Gesellschaft durch Autoritarismus ablösen wollen, sollte doch niemanden wundern.

(Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD)

So ist auch die eigene Opferrolle nichts als die Instrumentalisierung einer harmlosen Situation. Denn nicht einmal die eigenen Videos bestätigen die eigenen Behauptungen.

(Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD)

Meine Damen und Herren! Der Fingerzeig der AfD auf vermeintliche Kriminelle der Klimabewegung ist doch nur eine Ablenkung von der eigenen Aggressivität und dient dem Narrativ, dem Klimawandel nichts entgegensetzen zu müssen, und dient dazu, Hass gegen diejenigen zu schüren, die hier auf die gesellschaftlichen Notwendigkeiten hinweisen.

(Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Dass hier die Konservativen wenig anders sind, verwundert nicht. Wortprägungen von CDU und CSU wie „Klimaterroristen“ und „Sozialtourismus“ wurden nicht umsonst zu Unwörtern des Jahres gekürt. Dass der staatspolitische konservative Verstand zwar bei Steuerhinterziehung Milde walten lässt, bei zivilem Ungehorsam aber „Law and Order“ schreit, ist nicht neu. Während die Hochschulleitung im besten Sinne liberal, deeskalierend und besonnen reagiert hat, stoßen die Jungen Liberalen und ihr parlamentarischer Protagonist in dasselbe Horn wie die parlamentarische Rechte. Ich meine, das muss jetzt auch nicht mehr verwundern. Wir haben hier auch schon mehrere Reden seitens der Liberalen gehört, die den Applaus der AfD sicher in der Tasche hatten.

(Ulrich Siegmund, AfD: Sie auch schon öfter!)

Das Gesellschaftsverständnis eines Gerhart Baum schwindet in der FDP leider immer mehr.

(Zuruf von Konstantin Pott, FDP)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich am Ende noch ein paar Worte zu zivilem Ungehorsam sagen.

(Guido Kosmehl, FDP: Jetzt bin ich gespannt!)

Dieser ist ein legitimes Mittel unserer Demokratie.

(Guido Kosmehl, FDP: Aber nicht straffrei!)

- Kommt noch. - Wo ständen wir ohne einen Mahatma Gandhi, einen Martin Luther King oder eine mutige Frau wie Rosa Parks,

(Lachen und Oh! bei der AfD)

die in einem Bus einfach einmal sitzen geblieben ist und die Rassentrennung nicht mehr akzeptiert hat.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Lachen bei der AfD - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Dem zivilen Ungehorsam ist gemein, dass er selbstlos und gewaltfrei ist.

(Guido Kosmehl, FDP: Ja! Ja!)

Es werden zwar Gesetze übertreten, aber die eigene Strafe wird von den Akteur*innen in Kauf genommen, um auf einen gesellschaftlichen Zustand aufmerksam zu machen.

(Guido Kosmehl, FDP: Aber Hausfriedensbruch ist Rechtsbruch!)

Meine Damen und Herren! Die Besetzung des Audimax zu kriminalisieren, geht schon durch das Handeln der Unileitung ins Leere. Darum regen Sie sich ja auch so über die Unileitung auf. Von Menschen, die sich auf Straßen kleben, um den Staat und die Gesellschaft zu mehr Klimaschutz zu bewegen, geht ebenso kaum Gefahr aus.

(Zurufe von der CDU, von der AfD und von der FDP: Nein! Nein! - Weiterer Zuruf: Überhaupt nicht!)

Im Gegensatz zum feigen Nazischläger ertragen diese Menschen Festnahmen und Gerichtsverhandlungen.

(Zurufe von Kerstin Godenrath, CDU, und von Anne-Marie Keding, CDU)

Übrigens sind die Anschläge auf Kunstwerke auch in meiner Fraktion umstritten und werden kritisiert. Es bleibt aber Fakt, dass die Aktivist*innen der Letzten Generation für das geradestehen, was sie tun, und dass ihr Anliegen nicht weggewischt werden kann, selbst wenn man die Aktionsform für nicht richtig hält.

Meine Damen und Herren! Diese Generation hat verstanden, dass es nur noch wenige Jahre des Handelns gibt,

(Jan Scharfenort, AfD: Das haben Sie vor 20 Jahren auch schon erzählt! Sie wiederholen sich!)

bevor die Menschen den Planeten in die Klimakatastrophe geritten haben werden. Dem kindischen „ich will Spaß auf der Autobahn“ setzt diese Generation der Fridays for Future eine ernsthafte Debatte um das Überleben der Menschheit und ihrer Angst vor der Zukunft, die unser Handeln besiegelt, entgegen. Es ist an uns allen, dieses Handeln zu ändern. In diesem Sinne ist es richtig, wenn ziviler Ungehorsam zur Debatte anregt. Es ist wichtig, nicht vom eigentlichen Kern abzulenken. Lassen Sie uns in diesem Sinne über Klimaschutz und Klimagerechtigkeit reden und dafür handeln. Lassen wir uns nicht von Unworten wir „Klimaterroristen“ ablenken. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Olaf Meister, GRÜNE)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Lange. Es gibt eine Frage und zwei Interventionen. - Herr Kirchner, bitte.


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Nein, ich möchte keine Fragen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Sie möchten keine Fragen beantworten? - Okay.

(Oliver Kirchner, AfD: Es ist eine Intervention!)


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Wenn er intervenieren will, dann kann er das machen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Dann ist es eine Intervention.


Oliver Kirchner (AfD):

Sehr geehrter Herr Lange! Falls die heutige Generation denkt, sie wäre klüger als die vorherige: Vor 50 Jahren stand in der Automobilbedienungsanleitung, wie man das Ventil einstellt. Heute wird davor gewarnt, den Inhalt der Batterie zu trinken. - Denken Sie einmal darüber nach. Ohne Hirn und Arbeitgeber wird man einfach Klimakleber. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der AfD)


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Es passt zu dem bisherigen Niveau, das Herr Kirchner an den Tag gelegt hat. Das haben wir hier schon des Öfteren erlebt. Ich sage dazu: Der blödeste Spruch wird nicht besser, wenn er im Parlament vorgetragen wird.

(Zustimmung bei der LINKEN)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Frau Schüßler, Sie möchten auch eine Intervention tätigen?


Xenia Sabrina Schüßler (CDU):

Genau, ich möchte etwas zur Gendersprache sagen. - Sie sagen, sie ist mehrheitsfähig. In einer MDR-Umfrage haben 86 % von 26 000 befragten Menschen es abgelehnt. Das nur einmal zur Kenntnis.

(Zustimmung bei der CDU, bei der AfD und bei der FDP - Sebastian Striegel, GRÜNE: Nicht repräsentativ!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Wollen Sie das kommentieren oder die Intervention von Herrn Tillschneider hören?


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Um mit dem aufzuräumen, was ich hier gesagt habe: Ich habe erläutert, warum ich die gendergerechte Sprache nutze. Inwieweit diese mehrheitsfähig ist, wird sich zeigen. Eines ist aber sicher: Sprache ist immer ein dynamisches System.

(Oliver Kirchner, AfD: Richtig!)

Sprache verändert sich. Wissen Sie: So tolle deutsche Begriffe wie „Engagement“ würden Sie gar nicht verwenden, wenn sich die deutsche Sprache nicht ihren Bedingungen angepasst hätte.

(Zuruf von der AfD)

- Nein, dann müssten Sie von Engagierten und Engagiert*innen sprechen.

Wissen Sie: Diese künstliche Pause, der Glottisschlag   wie das wohl heißt  , finden Sie auch in so einem etablierten Wort wie „geimpft“.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Oder auch „Spiegelei“!

Da machen Sie das ganz unbewusst

(Guido Kosmehl, FDP: Nein! Nein! - Zuruf: So ein Schwachsinn!)

und haben das schon verinnerlicht. Sie mögen das vielleicht ablehnen und Sie mögen sich darüber lustig machen. Aber den Anspruch, der hinter dieser Idee steht, werden Sie nicht diskreditieren. Sie diskreditieren sich lediglich selbst.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Wolfgang Aldag, GRÜNE - Zurufe: Oh!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Es gibt noch eine Intervention von Herrn Tillschneider.


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Wenn er intervenieren will.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Und zwar kann ich Ihnen die Dreistigkeit,


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Ui!


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

dass ausgerechnet Sie Mahatma Gandhi erwähnen und sich auf ihn berufen, nicht durchgehen lassen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Der steht sogar auf dem Unicampus!)

Denn Mahatma Gandhi war ein indischer Patriot, der seine Nation von dem englischen Joch befreit hat und der gegen die Ausbeutung Indiens durch internationale Eliten gekämpft hat. Würde Gandhi heute leben und wäre er Deutscher, dann würde er gegen den Klimairrsinn kämpfen, gegen den Migrationsirrsinn kämpfen und er wäre AfD-Mitglied.

(Beifall bei der AfD - Zurufe von der AfD: Jawohl! - Daniel Roi, AfD: Und er würde nicht gendern! - Lachen)


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Der konnte ja Englisch. Der hätte auch gendern gesagt. Wie dem auch sei. - Wissen Sie, Herr Tillschneider,

(Felix Zietmann, AfD: Dr. Tillschneider!)

Sie reden von Instrumentalisierung.

(Zuruf: Machen Sie doch auch!)

Ich würde z. B. nie auf die verwegene Idee kommen, dass ein Mahatma Gandhi vielleicht in meiner Partei wäre.

(Zuruf von der AfD: Hätte er ja auch nicht! - Weitere Zurufe von der AfD)

Denn das ist tatsächlich eine Instrumentalisierung. Sie haben gezeigt, dass sie erstens keinen Stil haben und dass Sie zweitens eine Wahrnehmung von Dingen haben, die dermaßen verschroben ist, dass man sie hier gar nicht weiter kommentieren muss.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Dorothea Frederking, GRÜNE - Zurufe von der AfD)