Tagesordnungspunkt 7
Beratung
Einsetzung einer Enquete-Kommission „Das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch Transparenz und Reformwillen stärken“
Antrag Fraktionen CDU, SPD, FDP und DIE LINKE - Drs. 8/2144
Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/2177
Die Einbringung wird Herr Markus Kurze vornehmen.
Wir haben gleichzeitig die Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums „Pierre Trudeau“ in Barleben zu begrüßen, die ich kurz vor dem Sitzungsbeginn vor dem Plenarsaal empfangen konnte. Willkommen im Hohen Haus!
(Beifall im ganzen Hause)
Herr Kurze darf einbringen.
Markus Kurze (CDU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der öffentlich-rechtliche Rundfunk begleitet uns schon viele Jahre lang. Wir haben heute etwas ganz Besonderes vor. Wir wollen eine Kommission einsetzen, um mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, den Anstalten und deren Intendanten, und der Politik gemeinsam Vorschläge zu erarbeiten, die letztlich dazu beitragen sollen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu stärken und zukunftsfest zu gestalten sowie das Vertrauen der Beitragszahler, die ihn konsumieren sollen und können, wieder zurückzugewinnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist richtig und wichtig.
(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD, lacht)
Aber an vielerlei Stellen ist er zu groß und zu teuer.
(Zuruf: Ja!)
Er befindet sich in einer der schwersten Vertrauenskrisen seit seiner Gründung. Er wurde in den alten Bundesländern nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um neutral und ausgewogen berichten zu können. Das sollte beitragsfinanziert geschehen, eben nicht abhängig von Werbeeinnahmen.
Dieser öffentlich-rechtliche Rundfunk ist wichtig für unser Land. Aber, wie gesagt, er befindet sich in einer schweren Krise. Das haben wir uns nicht ausgedacht. Das haben die Intendanten selbst in der Öffentlichkeit dargelegt. Ich will nur an Herrn Buhrow als einen von mehreren erinnern. Er hat gesagt: Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk jetzt nicht selbst etwas tut, dann wird es ihn, so wie wir ihn kennen, in zehn Jahren nicht mehr geben.
(Zuruf von der AfD: Ja!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir glauben schon, dass wir im dualen Rundfunksystem einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk als starke neutrale Säule brauchen.
(Zuruf von der AfD: Das weiß ich nicht!)
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eben auch die privaten Anbieter. Auch diese sind wichtig für unsere Demokratie. Wir müssen am Ende schauen, wie beides im Einklang zukunftsfest gestaltet werden kann.
Für uns als Union ist es wichtig festzuhalten - wenn ich mich an die Berichterstattung in den letzten Wochen erinnere, dann stelle ich fest, dass wir uns dabei mittlerweile über alle Farben hinweg einig sind , dass wir hinsichtlich der Beitragsfrage momentan niemandem eine Erhöhung vermitteln könnten.
Deshalb müssen wir uns die Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anschauen. Wir müssen gucken, wo wir Dinge miteinander verbinden können und wo wir auch Dinge einsparen können; denn Sie wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es viel Gleiches vom Gleichen gibt. Das kann man ändern.
Natürlich braucht man auch einen gewissen Druck, um sich selbst zu erneuern. Aber den haben nun einmal - ich sage das, auch wenn es die Anstalten vielleicht nicht gern hören - viele Anstalten selbst erzeugt mit den Dingen, die wir in der Öffentlichkeit wahrnehmen konnten. Der Beitrag ist an manchen Stellen nicht so transparent eingesetzt worden, wie man sich das als Beitragszahler, der verpflichtet ist, diesen Beitrag zu zahlen, wünscht.
(Daniel Roi, AfD: Vorsichtig formuliert!)
- Ja, Sie wissen ja, dass man es vorsichtig angehen kann. Man kann natürlich auch einmal etwas direkter werden. Aber wir wollen ja nicht populistisch sein,
(Zuruf von der AfD: Warum nicht?)
sondern wir wollen uns sachlich und konstruktiv als Partner empfehlen,
(Zustimmung bei der CDU)
und zwar als Partner für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und natürlich auch als Partner für den Beitragszahler. Das ist für uns als Politik nicht immer einfach. Aber wenn es einfach wäre, könnten es ja auch andere machen.
(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD, lacht)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir als Koalition haben uns zumindest erst einmal für den Einsetzungsbeschluss Partner gesucht, mit denen wir schon länger Schnittstellen hinsichtlich der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Thematik hatten.
Uns ist es wichtig - wir leben in Sachsen-Anhalt und damit in einem neuen Bundesland , dass wir natürlich auch in der Berichterstattung vorkommen. Das passiert so bei unserem eigenen Sender. Der MDR hat steigende Zuschauer- und Zuhörerzahlen zu verzeichnen. Das kann er am Ende nur mit einem guten Programm erreichen.
Das Programm muss nicht jedem gefallen. Aber den Zuschauern und Zuschauerinnen und Zuhörern gefällt es. Darin unterscheidet sich der MDR als junge Anstalt auch von anderen Anstalten, also von den schweren Kolossen, die wir in den alten Bundesländern haben, die am Ende an der einen oder anderen Stelle aufgebläht sind und an ihrer Struktur etwas machen müssen.
Auch wir sind in Mitteldeutschland bereit, darüber nachzudenken, wie man hier vielleicht etwas verschlanken kann. Aber der MDR - das will ich noch einmal ganz klar sagen - hat geringere Personal- und Produktionskosten und ist natürlich in der Anstalt selbst aufgrund seines jüngeren Alters etwas moderner als andere Anstalten in Deutschland aufgestellt. Und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, will ich hier einfach einmal betonen.
(Zustimmung bei der CDU)
Wir müssen aber gemeinsam, auch mit den anderen Ländern, an diese Frage herangehen. Ich meine, wir bohren ja an dem Brett schon mehrere Jahre lang, und das mit unserem Staatsminister und unserem Ministerpräsidenten vorweg. Wir haben gedacht, wir versuchen, ein normales Eichenbrett anzubohren. Aber es stellte sich heraus, dass es doch eher ein Mammutbaum ist, an dem wir uns dabei abarbeiten.
Aber es lohnt sich, sich an dem Mammutbaum abzuarbeiten. Genau das wollen wir mit der Enquete-Kommission machen. Wir wollen also gemeinsam mit Fachleuten, mit der Politik und mit den Anstalten Vorschläge erarbeiten, über die man dann in Gesamtdeutschland nachdenken kann.
Sie wissen, dass es die Rundfunkkommission der Länder gibt. Diese ist sicherlich richtig und wichtig. Aber sie hat ein Problem: Sie hat das Einstimmigkeitsprinzip. Das ist wie mit einem Spielplatz: Alle wollen einen Spielplatz, aber bloß nicht vor der eigenen Haustür.
(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)
So ist es vielleicht an uns, gemeinsam mit der Rundfunkkommission, der Enquete-Kommission und auch im Begleitzug mit der Verabschiedung des Dritten Medienänderungsstaatsvertrages genau diese Struktur- und Auftragsreform jetzt so ernsthaft mit allen Partnern anzugehen, wie man es sich wünscht; denn nur wenn man ernsthaft an die Sache herangeht, kann man am Ende den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schlanker gestalten. Und nur wenn wir ihn schlanker gestalten, können wir auch den Beitrag stabil halten.
Es gibt halt viel Gleiches vom Gleichen. Sie kennen den Vorschlag, der mittlerweile in Deutschland doch Gehör findet. Vor einem Jahr sah das noch ganz anders aus. Das ist der Vorschlag, wenn wir die ARD einmal näher betrachten, die Produktionen der Länder stärker in dem Vollprogramm Das Erste unterzubringen und nicht alle Inhalte von dem Vollprogramm noch einmal extra produzieren zu lassen.
Wir haben ja die Länderanstalten. Wir haben die regionalen Aspekte. Ich glaube, wenn es uns gelingt, dieses Schaufenster der Regionen - so wurde es einmal genannt - so umzugestalten, dann könnte man die Struktur insgesamt auch schmaler machen. Aber wir wissen natürlich auch, dass man dafür Mehrheiten in Gesamtdeutschland braucht.
Aber mittlerweile gibt es, was Reformen angeht, einen Überbietungswettbewerb, auch durch alle Farben der Parteien hinweg. Wir wollen uns hier nicht an einem Überbietungswettbewerb orientieren. Wir wollen konstruktiv die Vorschläge unterbreiten, die wir auch schon seit Längerem in die Debatte mit einbringen. Aber wir sind auch offen für neue Vorschläge. Denn wir haben Partner, mit denen wir die Kommission dann ausgestalten wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben schon über das Programm gesprochen. Ich habe es eben angerissen. Wir hören natürlich auch von vielen Menschen und vielen Beitragszahlern, dass sie manchmal das Gefühl haben, wenn sie öffentlich-rechtliche Angebote konsumieren, dann werden sie nicht informiert, sondern missioniert.
(Zuruf von der AfD: Richtig!)
Das ist an der einen oder anderen Stelle so. Sonst würden es uns die Bürger nicht sagen. Deshalb muss man auch über diese Frage das hat etwas mit dem Auftrag zu tun reden dürfen. Für eine neutrale und ausgewogene Berichterstattung gibt es einen Beitrag. Man ist unabhängig. Aber man sollte eigene Überzeugungen nicht in die Berichterstattung einfließen lassen. Dafür gibt es auch Beispiele. Denn im Pressegesetz ist ganz klar geregelt: Was für die Printmedien gilt, gilt am Ende auch für die anderen Anbieter. Berichterstattung ist Berichterstattung und Kommentar ist Kommentar.
Darauf, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen wir hinarbeiten, damit das vielleicht auch wieder etwas ausgeglichener wird. Denn der Vertrauensverlust muss irgendwo herkommen. Der Vertrauensverlust hat sicherlich etwas damit zu tun, dass mit dem Beitrag an manchen Stellen nicht so umgegangen wurde, wie man sich das wünscht. Es wurde am Ende auch nicht entsprechend kontrolliert. Deshalb wollen wir mit dem Dritten Medienänderungsstaatsvertrag auch das Vertrauen und die Rechte der Gremien stärken.
Aber auch im Programm Ich will nicht die Beispiele aufzählen, die die Gemüter manchmal erhitzen.
(Zustimmung von Andreas Schumann, CDU, und von Lars-Jörn Zimmer, CDU)
Natürlich gibt es die Freiheit des Journalismus, keine Frage. Aber es kann auch nicht immer alles unter dem Begriff Satire oder Comedy abgebildet werden. Der gute Geschmack sollte schon erhalten bleiben.
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Was auch immer das ist!)
- Das sieht natürlich jeder anders. Wir kennen den guten Geschmack der GRÜNEN.
(Dr. Andreas Schmidt, SPD: Oh!)
Der hat natürlich wenig mit unserem Geschmack zu tun.
(Lachen und Zustimmung bei der CDU - Olaf Meister, GRÜNE: Es wollen nicht alle Silbereisen hören!)
Aber wir wollen trotzdem gemeinsam an einem Tisch sitzen und über Vorschläge diskutieren. Dass wir unterschiedliche politische Ansichten vertreten, ist so. Ansonsten wären wir alle in ein- und derselben Partei. Das hatten wir schon einmal. Das wollen wir eigentlich nicht wieder.
(Beifall bei der CDU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin gespannt auf die Debatte zu unserem jetzigen Thema. Ich werde mir die einzelnen Standpunkte sehr genau anhören; denn ich bin am Schluss noch einmal an der Reihe und kann dann unseren Kommentar dazu abgeben. - Vielen herzlichen Dank.
(Beifall der CDU - Zustimmung bei der SPD und bei der FDP - Zuruf: Ich dachte, das war’s!)