Hannes Loth (AfD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Alle fünf Minuten - wir haben es gehört - stirbt weltweit eine Pflanzen- oder Tierart aus. Pro Tag beträgt dieser Verlust 150 Arten. In der Erdgeschichte ist dieser Prozess das sechsgrößte Massensterben, jedoch mit dem Unterschied, dass diesmal der Mensch ein entscheidender Zerstörungsfaktor ist.
(Frank Bommersbach, CDU: Gut recherchiert! - Zuruf von den GRÜNEN: Ah!)
- Ich komme gleich zu euch. - Die Flächenumwandlung und Versiegelung sind die größten Treiber des Artensterbens. Dieser Verlust ist dem menschlichen Ressourcenhunger geschuldet. Die globale Entwaldung ist Realität und nun auch in Europa und in Deutschland angekommen. Wenn tropischer Regenwald für Tagebaue, Viehweiden und den Sojaanbau unwiderruflich verschwindet, ist das zwar jedermann bekannt und wird gern zitiert, aber niemand ändert etwas daran. Die Abholzung geht munter weiter und mit ihr das Artensterben.
Die bequemen Zeiten, in denen wir uns im Fernsehsessel über die Zerstörung von Korallenriffen, über Buschbrände in Australien und die Wilderei in Afrika echauffiert haben, sind längst vorbei; diese Entwicklung hat uns überrollt.
Zu lange wurde sich in Deutschland wie in vielen anderen Bereichen auch auf einigen Erfolgen beim Erhalt von sogenannten Flaggschiffarten im Naturschutz ausgeruht. Die Warnungen des Ökosystems wurden ignoriert.
Dabei liegen uns über Jahrzehnte vorgenommene akribische Erfassungen von Ehrenamtlichen vor, die ganz genaue Aussagen darüber treffen, worin die Probleme bestehen und wie sich die Bestände bereits verringert haben.
Für diese Problemkreise soll die Umweltkonferenz Lösungsansätze bieten. Die erste Artenschutzkonferenz fand 1994 in Nassau statt. Bis zur Unterzeichnung des Dokuments traf man sich noch neun weitere Male in allen erdenklich schönen Regionen der Welt - immer schön mit dem Flieger hingeflogen und kein CO2 gespart.
Im Jahr 2010 beschlossen die Vertragsstaaten der CBD das Übereinkommen über biologische Vielfalt in Nagoya in Japan, einen umfangreichen Aktionsplan, der den Erhalt der biologischen Vielfalt in den Jahren 2011 bis 2020 sichern sollte. Doch schon mit der Konferenz in Cancún im Jahr 2016 wurde klar, dass die Ziele, die sich die Länder gesteckt hatten, nicht erreicht werden können.
Ich möchte heute über die Realisierung dieser Ziele sprechen und nicht über die ungelegten Eier der Konferenz, zu der Frau Steffi Lemke erst am morgigen Donnerstag eintreffen wird, bei der sie die Restverhandlungen tätigen und dann vielleicht ein Ziel unterschreiben wird oder nicht. Man streitet sich noch immer noch darüber, ob 30 % der weltweiten Landes- und Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen sind oder nicht, ob das wissenschaftlich bewiesen ist oder nicht, ob mehr oder weniger richtig oder nicht. Wir wissen es nicht bis Donnerstag.
Das erste Ziel, das in den Jahren 2011 bis 2020 erreicht werden sollte, war, dass der Mensch erkennen sollte, welchen Wert die biologische Vielfalt hat und wie Schritte dorthin zu gehen sind. In Sachsen-Anhalt haben wir als einzige Fraktion genau diesen Weg erkannt und den Erhaltungszustand vieler Arten sowie die Arbeitsweise der Ehrenamtlichen im Bereich Umwelt- und Naturschutz hinterfragt sowie mit Anträgen und Haushaltsmittel hinterlegt. Dazu gab es leider viel Häme und Gelächter, vor allem aus den Reihen der GRÜNEN, die der Meinung waren, wir würden den Landtag überfordern, indem wir in unseren Dringlichen Anfragen nach zu vielen Arten fragten, Herr Aldag.
All denen sage ich jetzt: Schauen Sie sich bitte die Verbreitungskarten des Feldhamsters in der Antwort auf unsere Große Anfrage an und vergleichen Sie diese mit dem kläglichen Rest von heute. Diese Verantwortungsart unseres Landes ist jetzt auch weltweit vom Aussterben bedroht.
Ein weiteres Ziel war es, den Wert der biologischen Vielfalt in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung einzuplanen. Auch das hatten wir als AfD thematisiert und den Umweltminister zur These des monetären Wertes von Arten befragt, zumal viele Abgeordnete den monetären Werten von Arten nicht kennen, dieser Aspekt in unser Handeln aber eingeplant werden muss.
Eine Nachberichterstattung bzw. überhaupt eine Berichterstattung zu diesem Thema konnte der Minister bis heute nicht geben.
Ein weiteres Ziel war es, Subventionen, die anregen sollen, den Artenreichtum zu minimieren, zu streichen. Dennoch vergibt das Land Sachsen-Anhalt Fördermittel an Umweltsünder, die bereit sind, Arbeitsplätze nur noch vorzuhalten, nicht einmal neue zu schaffen, also nur bestehende zu erhalten und nicht abzubauen, die aber nicht gewillt sind, die Beseitigung ihrer Abprodukte nach dem Stand der Technik zu arrangieren.
Es sollten Schritte eingeleitet worden sein, um den Konsum nachhaltig zu gestalten. Dazu passt natürlich nicht ins Bild, dass für die riesigen Windkraftanlagen bei uns im Land Balsaholz benötigt wird und für die Akkus von E-Autos seltene Erden geplündert werden. Selbst vor der eigenen Haustür macht die FDP nicht Halt und fordert, mittels Fracking das letzte Erdgas aus der Altmark zu pressen.
Der Verlust von natürlichem Lebensraum inklusive der Wälder soll auf die Hälfte reduziert werden, besser gar eingestellt werden. In Sachsen-Anhalt geht der Flächenfraß unvermindert weiter und wird durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Waldgesetz noch forciert, indem der zuständige Umweltminister immer wieder von neuen Windkraftanlagen statt von Bäumen im Wald träumt.
Das Landwirtschaftsministerium kann sich mit Methapern zum Wert des Bördebodens im weltweiten Vergleich nicht bremsen, aber die Fläche von 400 ha für die Ansiedlung von Intel ist für unser Land endgültig verloren.
Die Land- und Forstwirtschaft sowie die Aquakulturen sind in Gänze dem Gesichtspunkt der biologischen Vielfalt zu unterwerfen. An dieser Stelle möchte ich einmal etwas Positives sagen: Ich bedanke mich bei allen Land-, Forst- und Fischwirten, die ihre Betriebe trotz der Voraussetzungen in unserem Land, in Deutschland und auch in Europa noch nicht aufgegeben haben, sich den einseitigen Schuldzuweisungen von „Experten“ der „Letzten Generation“ entgegensetzen und unser Land weiterhin mit guter, richtiger und wichtiger Arbeit und Nahrung versorgen. Dankeschön dafür.
(Beifall bei der AfD - Zurufe von der AfD: Jawohl!)
Die Verschmutzung der Umwelt insbesondere durch Nährstoffeintrag soll auf ein unschädliches Niveau gebracht werden. Aber regelmäßig blicken wir auf die Bode, die Saale oder die Elbe; denn in Sachsen-Anhalt dürfen die einen oder anderen ihre Abwässer noch in die Flüsse einleiten und tragen somit zum Fischsterben und zu ökologisch toten Flussabschnitten bei.
An eine Wiederansiedlung von verlorenen Fischarten ist nicht zu denken. Wir sind weit davon entfernt, dieses Ziel unter den verantwortlichen Ministern - seit 2011 CDU-Minister Dr. Aeikens, dann die grüne Ministerin Dalbert und jetzt Minister Willingmann - zu erreichen.
Invasive Arten sollen erfasst und bekämpft werden. Dazu passt doch, dass das zuständige Ministerium jetzt der Koordinierungsstelle Invasive Neophyten in Schutzgebieten Sachsen-Anhalt die Finanzierung gestrichen hat. Auf einmal ist man mit der Arbeit des Vereins unzufrieden. Aber eine vergleichbare Datenbank hält das Land nicht vor. Dankeschön für diese Nichtarbeit.
Ein Anteil von 17 % der Binnengewässer und von 10 % der Küstengebiete ist zu schützen. Den desolaten Zustand unserer Binnengewässer kann man schnell zusammenfassen; denn weder Ministerin Dalbert noch Minister Willingmann konnten vermitteln, wie der gute chemische und ökologische Zustand unserer Gewässer jemals erreicht werden soll. Die EU freut sich schon auf die Strafzahlungen aus Sachsen-Anhalt, die wir leisten müssen, wenn die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie nicht erreicht werden.
Das Aussterben bekannter und bedrohter Arten soll gestoppt werden. Der Erhaltungszustand soll verbessert werden. Zur Freude von Herrn Aldag brauchen wir nicht mehr über Schwarzstirnwürger, Blauracke und Goldregenpfeifer trauern; denn diese Arten können wir in Sachsen-Anhalt nicht mehr beobachten, da sie still und heimlich verschwunden sind.
Mittlerweile sind ganz bekannte Arten, wie Feldlerche, Star, Haussperling und Rauchschwalbe, bedroht. Früher flogen diese Arten noch durch Stadt und Land, heute aber ist die Anzahl der Brutpaare dramatisch eingebrochen. Wir werden auch an dieser Stelle nicht vorankommen.
Das Beste allerdings ist eines der letzten Ziele des gesamten Plans. Die Wissenschaftsbasis und die Technologien im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt, ihren Werten und Funktionen, ihrem Zustand und ihren Trends und den Folgen ihres Verlustes sind zu verbessern, umfassend zu verbreitern, weiterzugeben und anzuwenden.
Zu den Roten Listen haben wir eine Anhörung im Ausschuss durchgeführt. Nahezu alle Fachkräfte in Sachsen-Anhalt gehen in Rente oder müssen ihre Arbeit langsam einstellen, weil sie schon lange Rentner sind. Es rücken kaum Wissenschaftler mit Artenkenntnissen nach; denn die Ausbildung der Unis im Bereich der Taxonomie wird vernachlässigt. In einigen Fällen muss der verantwortliche Projektleiter in diesem Bereich auch noch einen Teil seiner Stunden abgeben, um andere Mitarbeiter, die auch Stunden abgeben mussten, zu bezuschussen, damit diese überhaupt unter persönlichen Abstrichen Arbeit für die Erfassung der Roten Liste leisten können.
(Zuruf von der AfD: Skandal!)
Leider haben Sie, Herr Minister, die denkwürdige Anhörung damals verlassen. Nun meinen Sie, mit einem Ansatz von 20 000 € das Monitoring zum Artenschutz finanzieren zu können. Das, Herr Minister, zeigt, dass Sie völlig an der Realität vorbei agieren. Biologische Vielfalt zum Schnupperpreis gibt es nicht. Diesem Denken müssen wir abschwören.
Fassen wir kurz zusammen: Die Ziele waren klar formuliert. Die Bundesrepublik Deutschland ist diesem Abkommen im Jahr 2010 beigetreten. In Sachsen-Anhalt passierte weder etwas unter Dr. Aikens, CDU, noch unter Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE. Ich denke, dass es auch für den Umweltminister Herrn Prof. Dr. Willingmann sehr schwer wird, so umzusteuern, dass eine Verbesserung der Biodiversität in Sachsen-Anhalt zustande kommt.
Die Zerschlagung eines funktionierenden Landwirtschafts- und Umweltministeriums führte nämlich zu einem Kompetenzgerangel. Die Delegierung von Verantwortung zwischen zwei Ministerien, die von Waldverlust, von Artensterben, von invasiven Arten und von Gewässerzerstörung überrollt werden, tragen nicht zu einer guten Arbeit bei.
Ich bedanke mich bei der Fraktion der GRÜNEN für die Möglichkeit, die Umweltpolitik der vergangenen zwölf Jahre anhand dieses Vertrags ein bisschen zu analysieren, und die Defizite, die von den Parteien, die an der Macht und in Entscheidungskompetenz waren, hier aufzuzeigen.
Wir werden auf jeden Fall weitere Arten immer wieder thematisieren, ob man sie in diesem Haus nun kennen oder hören will oder nicht. Sie können gern darüber lachen, aber wir werden weiterhin, gerade auch im Landwirtschafts- und Umweltausschuss, Vorschläge unterbreiten, um die Finanzierung der Ehrenamtlichen zu verbessern.
Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich nicht nur beim BUND und beim LAV bedanken, sondern auch bei der kleinen Bürgerinitiative „Bode-Lachs“, die bis vor dem Europäischen Gerichtshof dringt, um gegen die Genehmigung der Einleitung von Schadstoffen in Flüsse zu klagen. - Danke schön.
(Beifall bei der AfD)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke, Herr Loth. Einen Augenblick bitte. Herr Gallert wollte Sie gern etwas Interessantes fragen.
Wulf Gallert (DIE LINKE):
Herr Loth, da Sie hier die epochale Erkenntnis geäußert haben - zumindest für ein Mitglied ihrer Fraktion , dass wir es zurzeit mit einem menschengemachten Artensterben zu tun haben,
(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)
habe ich den Mut zusammengenommen, um Ihnen einmal die Frage zu stellen: Sind Sie soweit, die Erkenntnis zu unterstützen, dass wir es bei dem aktuellen Klimawandel mit einem menschengemachten Klimawandel zu tun haben?
(Oliver Kirchner, AfD: Das ist ja falsch, Herr Gallert! - Zuruf von der AfD: Nein! - Weitere Zurufe von der AfD)
Hannes Loth (AfD):
Sehr geehrter Herr Gallert, Sie werden natürlich nicht in Abrede stellen, dass dann, wenn in Sangerhausen das MIFA-Werk 100 ha versiegelt, man 100 Hamster retten wollte, aber nur zwei davon findet, klar ist, dass die anderen 98 Hamster vergraben wurden und tot sind. Da haben wir also ein Artensterben.
Sie werden auch nicht in Abrede stellen, dass man, wenn verschiedene Industrieunternehmen ihre Abwässer in die Bode, in die Saale und in die Elbe leiten können, dazu beiträgt, fischgiftige Stoffe einzubringen, die zum Artensterben bei Fischen führen werden. Sie werden sicherlich erkennen, dass das menschengemachte Probleme sind, die wir da haben.
(Zustimmung bei der AfD - Olaf Meister, GRÜNE: Und beim CO2 in der Atmosphäre nicht? Aber das CO2 in der Atmosphäre, das wäre doch logisch, warum da nicht?)
Dahin gehend verstehe ich Ihre Frage nicht.
(Wulf Gallert, DIE LINKE: Das war doch nicht meine Frage, Herr Loth!)
Sie sagten, dass es gut ist, dass ich erkannt habe, dass Artensterben menschengemacht ist. Ihre Frage war, ob ich jetzt den Klimawandel für menschengemacht halte. Ich muss dazu sagen, das Klima auf der Welt wandelt sich seit Anbeginn. Wir haben Hoch- und Tiefzeiten,
(Zustimmung bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl! - Lachen von Olaf Meister, GRÜNE)
Kalt- und Warmzeiten. Wir haben alles Mögliche. Wir befinden uns gerade in einer epochalen Zeit.
(Zuruf von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE)
Wir haben aber auch die Möglichkeit, uns die Evolution anzuschauen. Wir wissen, dass sich viele Individuen anpassen können. Aber der Druck, der durch diese wirtschaftlichen Herausforderungen, die wir haben, entsteht, dadurch, dass Arbeitsplätze vor Umweltschutz gehen - Herr Minister, wie Sie das so eindeutig im Fall der Bode gesagt haben , wird unser Ökosystem zerstören. Daran sind die Altparteien schuld, die das seit mindestens zwölf Jahren gemacht haben. - Danke schön.
(Beifall bei der AfD - Ulrich Siegmund, AfD: Bravo! - Olaf Meister, GRÜNE, lacht - Wulf Gallert, DIE LINKE: Damit kannst du die nächsten 20 Reden der AfD erledigen! - Zuruf von Daniel Roi, AfD: Herr Meister! Jedes Land braucht CO2! Das müsst ihr doch einmal verstehen! Sonst wächst doch nichts! - Weitere Zurufe von der AfD)