Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist ein sehr wichtiges Thema direkt nach der Mittagspause: Chemie, chemische Industrie. Wenn man es einmal genau nimmt, ohne chemische Industrie, direkt oder indirekt, hätten viele von uns heute kein Mittag gehabt. Die Chemie- und Pharmabranche sorgt auch dafür, wenn das Mittagessen einmal nicht so bekommt, dass es einem schnell wieder bessergeht. Deshalb, aber auch aus vielen anderen Gründen ist das Thema Chemie enorm wichtig.
Die chemische Industrie ist gerade im Süden Sachsen-Anhalts das Rückgrat unserer Wirtschaft. Die aktuelle Lage, gerade im Bereich Energie - daraus sollten wir keinen Hehl machen , sorgt dafür, dass die Wettbewerbsfähigkeit unserer Chemie bedroht ist. Deshalb ist es richtig und wichtig - dafür bin ich der FDP dankbar , dass wir heute diese Debatte im Landtag von Sachsen-Anhalt führen. Dann können wir den Wert dieser Branche für Sachsen-Anhalt etwas konkreter skizzieren.
Die Chemieindustrie sorgt in unserem Land für ein Fünftel des Umsatzes und für ein Zehntel der Beschäftigung in Sachsen-Anhalt. In Ostdeutschland stellt die Chemieindustrie aus Sachsen-Anhalt 37 % des Chemieumsatzes, 35 % der Beschäftigten und 40 % der Sachanlageninvestitionen innerhalb der chemischen Industrie. Das heißt, Sachsen-Anhalt ist in Ostdeutschland das Topland im Bereich Chemie. Man kann es vielleicht auf den Punkt bringen, indem man sagt: Für Sachsen-Anhalt gilt, wenn es der chemischen Industrie nicht gut geht, dann geht es auch unserem Land nicht gut.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP)
Für mich ist wichtig - das will ich als Wirtschaftsminister sagen : Im Süden Sachsen-Anhalts gibt es sehr viele, sehr bekannte Chemieunternehmen. Dort ist die chemische Industrie ganz groß, aber sie ist im ganzen Land vertreten. Ich nenne bspw. den Chemiepark Genthin und andere Standorte in Sachsen-Anhalt. Wir sind im ganzen Land mit der chemischen Industrie vertreten. Das Jahr 2022 hatte deshalb für mich persönlich eine große Priorität im Bereich Chemie.
Ich möchte einige Punkte nennen, die in den letzten Wochen passiert sind. Wir haben in Leuna einen großen Chemiedialog veranstaltet, der durch mein Ministerium initiiert wurde. Dort waren die wesentlichen Player der Chemieindustrie Sachsen-Anhalts vor Ort. Der Verband der Chemischen Industrie war dabei, die Europäische Kommission war vor Ort. Wir haben im Ausschuss der Regionen in Brüssel das Thema der Ostchemie wieder auf eine neue Ebene gehoben. Wir haben - das ist gut - auch überparteilich und überregional mit meinem Kollegen Jörg Steinbach, dem Wirtschaftsminister aus Brandenburg, in der vergangenen Woche den ersten ostdeutschen Europadialog für den Bereich der Chemieindustrie in Brüssel ins Leben gerufen. Der zweite Dialog dieser Art wird in der Landesvertretung Sachsen-Anhalts im nächsten Jahr stattfinden. Dazu sind Sie alle herzlich eingeladen.
Wichtig ist - das ist auch der Wunsch der chemischen Industrie Sachsen-Anhalts , dass wir uns in Berlin verstärkt einsetzen. Am Anfang des nächsten Jahres veranstalten wir in der Landesvertretung in Berlin ein großes Event. Warum? - Weil zuweilen - das hat Kollege Silbersack schon angesprochen - die ostdeutsche Chemieindustrie noch nicht überall, auch nicht überall in Berlin, im Detail angekommen ist.
Ich möchte auf das zeitweise vorhandene Ungleichgewicht im Bereich des Energiekostendämpfungsprogramms unserer Chemieparks hinweisen. Dabei mussten wir massiv auch Einfluss im Kanzleramt nehmen. Ich bin dem Ministerpräsidenten Reiner Haseloff sehr dankbar, der Gespräche direkt im Kanzleramt mit Vertretern der chemischen Industrie organisiert hat. Das war enorm wichtig, damit man auch auf die einzelnen Punkte entsprechend eingehen konnte.
Das Thema Energiekostensenkung ist für die chemische Industrie im Moment das Thema Nr. 1. Wir sind, so glaube ich, auf einem guten Weg. Dazu wird sicherlich auch der Energieminister etwas sagen.
Ein weiterer Punkt ist mir wichtig, nämlich der globale Wettbewerb. Das, was gerade in den USA passiert, der Inflation Reduction Act, ist ein sehr großes Thema für unsere Industrie. Denn dort werden im Moment viele Anreize für Unternehmen, dort zu investieren, geschaffen. Die bereits vor ein oder zwei Jahren angekündigten Investitionen und auch die Investitionen, die jetzt diskutiert werden, finden auch weiterhin in Deutschland statt. Aber wenn wir an Investitionen in den Jahren 2030 und 2035 denken, dann haben wir es mit einem großen Wettbewerber zu tun, auch mit China. Auch das wird ein sehr großes Thema werden. Wir werden uns also sehr anstrengen müssen.
Das Thema Wasserstoff ist ein großes Thema im Bereich der chemischen Industrie. Ich bin sehr dankbar, gemeinsam mit dem Landrat Götz Ulrich in dieser Woche die Wasserstoffpipeline und das H2-Cluster im Burgendlandkreis nicht nur vorgestellt zu haben, sondern auch eine große Förderung angekündigt zu haben.
(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)
Es ist enorm wichtig, dass wir die Voraussetzungen schaffen, dass das Thema Wasserstoff dort vorangebracht wird. Das machen mein Ministerium und ich auch.
Das Thema Großforschungszentrum wurde bereits angesprochen. Das ist ein sehr großer Erfolg für Sachsen-Anhalt und auch für die chemische Industrie selber. Ein solches Forschungszentrum bedeutet nicht nur Forschung und Entwicklung, sondern es gibt auch Anreize für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, nach Sachsen-Anhalt zu kommen, hier tätig zu werden und hier zu investieren. Dabei geht es nicht nur um die Summe von mehr als 1 Milliarde €, die bis 2038 hierher fließen wird - das ist gut angelegtes Geld , sondern es geht auch um die Investition in Köpfe sowie in Forschung und Entwicklung. Das wird unsere chemische Industrie weiter nach vorn bringen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD und bei der FDP)