Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst zum Engagement Deutschlands im Bereich humanitärer Hilfe. Es ist unbestritten, dass eine bessere Versorgung in den Krisenregionen unserer Welt anzustreben ist und dies auch Auswirkungen auf Migrationsbewegungen nach Deutschland und Europa hat. Daher hat die Bundesregierung bereits seit Jahren ihre humanitäre Hilfe kontinuierlich weiter ausgebaut.
Der wichtigste Hilfsakteur bei der Versorgung von Flüchtlingen und einer der größten humanitären Partner der Bundesregierung ist das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen, kurz UNHCR. Mit einem Unterstützungsbudget in Höhe von 541 Millionen € im Jahr 2022 war Deutschland wiederholt zweitgrößter Geber für das UNHCR hinter den USA.
Die Volksrepublik China unterstützte das UNHCR in diesem Jahr übrigens lediglich mit einer Summe von rund 1,1 Millionen Dollar und damit in etwa in gleicher Höhe wie Monaco. Diese Zahl zeigt, ich sehe nicht Deutschland, sondern eher andere Ländern in der Pflicht, ihre humanitären für das UNHCR auszubauen.
Im Zusammenhang mit der Einführung nationaler Grenzkontrollen erinnere ich daran, dass Sachsen-Anhalt keine Grenzen zu anderen Staaten hat. Mit Blick auf den Schutz und die Kontrolle der europäischen Außengrenzen beteiligt sich Sachsen-Anhalt seit Jahren an Unterstützungseinsätzen zum Schutz der europäischen Außengrenzen im Rahmen der europäischen Küsten- und Grenzschutzagentur Frontex.
Ein wichtiger Baustein zum Schutz der Außengrenzen ist weiterhin die Reformierung des gemeinsamen europäischen Asylsystems. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die von der Europäischen Kommission geplante Einführung sogenannter Grenzverfahren für Asylverfahren hinweisen. Mit solchen Vorprüfungen direkt an den EU-Außengrenzen kann die Zahl jener, die ohne Aussicht auf die Zuerkennung von Schutz nach Europa einreisen, deutlich reduzieren werden.
Über Abschiebungen haben wir gestern schon kurz diskutiert. Daher nur die folgenden drei Anmerkungen zu den Äußerungen des hochgeschätzten Abg. Herrn Kosmehl:
Erstens. Sachsen-Anhalt hat in diesem Jahr mit Stand vom 13. Dezember insgesamt 325 Personen abgeschoben. Das ist ein Anstieg um 25 % im Vergleich zum Vorjahr.
(Zustimmung bei der CDU)
Auch bei den freiwilligen Ausreisen war bis November bereits ein Anstieg um 12 % im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Gleichwohl finde ich diese Zahlen nicht zufriedenstellend. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass Sachsen-Anhalt damit bereits in den absoluten Zahlen im Mittelfeld aller Bundesländer liegt. Und dies gilt erst recht, wenn der Königsteiner Schlüssel zugrunde gelegt wird. Sachsen-Anhalt zählt nämlich zu den sieben Bundesländern, die bei Abschiebungen quotal über ihrem Königsteiner Schlüssel liegen.
Schließlich habe ich auch noch einen Blick auf die gestern von Ihnen angepriesenen Abschiebungszahlen aus Nordrhein-Westfalen geworfen. Danach ist mitnichten eine erhebliche Steigerung der Zahl der Abschiebungen in Nordrhein-Westfalen nach dem Jahr 2018 erfolgt. Vielleicht hat sich die Bundesinnenministerin aus diesem Grund bislang nicht für den früheren NRW-Minister Joachim Stamp als Rückführungsbeauftragten der Bundesregierung entschieden.
(Zustimmung bei der CDU)
Zweitens. Die Passersatzbeschaffung für Indien, für Benin, für Guinea-Bissau für Burkina-Faso, für den Irak und für Niger, um nur die zahlenmäßig besonders wichtigen Herkunftsländer für Sachsen-Anhalt zu benennen, führt zentralisiert der Bund durch. Die Länder sind hierfür nicht zuständig.
Das Ergebnis der Passbeschaffung durch den Bund für diese vorgenannten Herkunftsländer mit zusammen mehr als 2 450 Ausreisepflichtigen allein in Sachsen-Anhalt, ist null. Es wurde im Jahr 2022 bislang kein einziges Passersatzpapier durch den Bund erlangt, sodass keine Abschiebungen in diese Staaten möglich waren.
Drittens. Gestern habe ich darauf hingewiesen, dass Dublin-Rücküberstellungen in bestimmte EU-Mitgliedstaaten wie insbesondere Griechenland, Ungarn, Bulgarien und Italien unter anderem wegen bürokratischer Hindernisse nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich sind. Gestern hat uns das Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr darüber informiert, dass Italien seit dem 6. Dezember Dublin-Überstellungen auf unbestimmte Zeit aussetzt. Damit sind Dublin-Überstellungen nach Italien bis auf Weiteres unmöglich.
Für Dublin-Verfahren ist der Bund zuständig. Die Länder leisten lediglich Vollzugshilfe. Das ist die Realität. Deshalb fordert Sachsen-Anhalt vom Bund, die Rückkehrkooperation der Herkunftsländer in der Europäischen Union deutlich zu verbessern. - Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU)