Matthias Lieschke (AfD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Vielleicht hätte man jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt. Mit diesem Slogan warb das Branchenbuch „Gelbe Seiten“ schon im Jahr 1990.
Mit dem neuen Tariftreue- und Vergabegesetz waren viele Hoffnungen verknüpft, die letzten Endes nicht erfüllt wurden. Die ursprüngliche Zielstellung, das Vergaberecht zu vereinfachen und die darin aufgeführten Vorgaben auf das Wesentliche zu beschränken, wurde nicht erreicht. Die Gründe dafür benenne ich im Folgenden.
Der Geschäftsführer des Allgemeinen Arbeitgeberverbandes der Wirtschaft für Sachsen-Anhalt bemängelte bei der Anhörung am 25. August 2022, dass es bei zukünftigen Erlässen oder Änderungen von Rechts- und Verwaltungsvorschriften zielführender sei, Verbände und Kammern frühzeitig in den Entstehungsprozess einzubinden. Zudem verwies er richtigerweise auf das Mittelstandsförderungsgesetz und den damit verbundenen Leitfaden, welcher zum Gegenstand hat, dass vor dem Erlass von Rechtsvorschriften mittels KMU-Test zu prüfen ist, ob eine Regelung mittelstandrelevant ist und welche Auswirkungen zu berücksichtigen sind.
Die erfolgte Novellierung des Mittelstandsförderungsgesetzes sowie der damit zusammenhängende Leitfaden sollen dazu beitragen, Mittelstandfreundlichkeit und Unternehmensorientierung als grundsätzliches Prinzip in der Gesetzgebung und Verwaltung Sachsen-Anhalts festzuschreiben. Dies wurde erst in der letzten Legislaturperiode genau so beschlossen.
Da aber das Gesetzgebungsverfahren nicht vonseiten der Landesregierung initiiert wurde, dürfe man laut dem Kollegen Hövelmann auf die Prüfung der Mittelstandsfreundlichkeit verzichten. Wenn man bedenkt, dass die Mehrheit der Unternehmen in Sachsen-Anhalt zum Mittelstand zählt, ist das ignorante Ausklammern des Mittelstandsförderungsgesetzes bei diesem Gesetzentwurf seitens der regierungstragenden Fraktion einfach nur widersprüchlich.
Wie der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes kritisierte der Landesgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt in seiner Stellungnahme, dass er zwar von einer der regierungstragenden Fraktionen zu diesem Thema eingeladen worden sei, dass der Gesetzesentwurf zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits fertiggestellt gewesen sei. Weiter führte er aus, dass es mit Blick auf die Bedeutung dieses Gesetzgebungsverfahrens angemessen wäre, Anhörungen möglichst frühzeitig durchzuführen, um den Anzuhörenden die Möglichkeit zu geben, Stellung zu beziehen und möglicherweise sinnvolle Impulse zu geben. Das war in diesem Fall viel zu spät und nicht machbar.
Werte Abgeordnete! Da stellt sich doch die Frage, weshalb diese Verfahrensweise mit Blick auf das Tariftreue- und Vergabegesetz gewählt wurde. Herr Kollege Hövelmann versprach zwar in der Sitzung, dass die vorgebrachten Stellungnahmen der geladenen Gäste zum vorliegenden Gesetzentwurf vonseiten der Koalitionsfraktionen eingehend geprüft und im Einzelfall inhaltlich aufgegriffen wurden, aber Hand aufs Herz: Viel davon ist nicht passiert.
(Ulrich Thomas, CDU: Das ist gelungen, mein Lieber!)
Dass der Gesetzentwurf mit der heißen Nadel gestrickt wurde, belegt auch die Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes. Darin heißt es, dass weite Teile der Gesetzesbegründung einfach aus dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD vom 8. Dezember 2011 abgeschrieben wurden. Wer nachlesen möchte: Drs. 6/644.
Der Umstand, dass weite Teile der Begründung abgeschrieben wurden, bereitet darüber hinaus auch bei der Auslegung des gesetzgeberischen Willens erhebliche Probleme. Teilweise wird laut Gesetzgebungs- und Beratungsdienst nicht deutlich, ob sich der Gesetzgeber mit der geänderten Rechtslage auf Bundes- oder auf EU-Ebene überhaupt befasst hat.
Der Versuch, im Nachgang mit einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen die Mängel im Gesetzentwurf auf die Schnelle zu beheben, ist leider krachend gescheitert.
Ich sehe eine völlige Arroganz gegenüber den Oppositionsparteien, wenn man sieben Seiten mit Paragrafenänderungen während der Sitzung hingeknallt bekommt. Während der Beratung über den Gesetzentwurf, also während wir diskutieren, sollten wir dies dann auch noch prüfen. Das ist in der kurzen Zeit schlichtweg nicht möglich und wir als Opposition haben den Anspruch, ordentlich und gründlich zu arbeiten
(Sandra Hietel-Heuer, CDU: Seit wann!)
und nicht nach einer Diskussion von fünf Minuten solche Dinge zu beschließen; denn schließlich geht es um ein Gesetz. Aber unser Einwand wurde ignoriert, und es wurde gesagt, dass jetzt alles gesetzeskonform sei.
Aber auch die vorliegende Tischvorlage wimmelte vor Fehlern, sodass die Sitzung auf Wunsch der Koalitionsfraktionen sogar kurzzeitig unterbrochen werden musste. Dann liefen die Koalitionsfraktionen und der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hinaus und nach ca. 15 Minuten kamen sie zurück und sagten, jetzt sei alles toll.
(Andreas Silbersack, FDP: Genau! - Ulrich Thomas, CDU, Genau! - Zuruf)
Wer das denkt, der irrt sich. Die Verfahrensweise, wie man mit der Opposition umgeht, ist nicht in Ordnung. Wenn man in einem Ausschuss sitzt, dann möchte man dies gemeinsam ausdiskutieren können. Der richtige Weg wäre gewesen, die Vorlage zurückzunehmen, der Opposition die Gelegenheit zu geben, sich dies gründlich anzuschauen und dann gemeinsam einen Weg zu finden, den möglichst alle Parteien mittragen können.
(Guido Kosmehl, FDP: Ihr tragt ihn doch sowieso nicht!)
Das ist schlichtweg nicht passiert. Das sehe nicht nur ich allein so, sondern das haben auch die GRÜNEN so gesehen. Ich glaube, Herr Meister, war diesbezüglich auch meiner Meinung.
(Oh! bei der CDU und bei der FDP)
Entschuldigen Sie, dass ich Sie in die Pfanne gehauen habe. - Schlussendlich kann ich sagen, die Stellungnahmen der Gäste und der Bürgermeister wurden nicht berücksichtigt.
(Andreas Silbersack, FDP: Natürlich wurden sie berücksichtigt!)
Es ist kein unbürokratisches Gesetz. Es ist weder transparenter noch ist es in Bezug auf die Vergaben einfacher geworden. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der AfD)