Katrin Gensecke (SPD): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Bevor ich auf einige Punkte des Antrags der Kollegin Eva von Angern eingehe, möchte ich Sie auf eine kleine Zeitreise in den Jahreswechsel 2019/2020 mitnehmen. Während wir alle zu diesem Zeitpunkt möglicherweise im Weihnachtsurlaub waren, lautete eine Meldung in diesen Tagen: Ausbruch einer mysteriösen Lungenkrankheit in der zentralchinesischen Metropole Wuhan, bislang 27 Erkrankte. Wenige Tage später heißt es: WHO ist alarmiert. - Und China meldet das erste Virus-Todesopfer.

Die WHO meldet damals   ich zitiere  : Das neuartige Coronavirus kann auch von Mensch zu Mensch übertragen werden. 

Ende Januar 2020 kommt das Virus dann auch nach Deutschland und zum ersten Mal spricht der Virologe Christian Drosten von einer drohenden Pandemie   ich zitiere  : „Wir wissen […], dass soziale Distanzierung durch Krankheitsaufklärung eine sehr gute Interventionsmaßnahme ist, die in Hongkong, Singapur und anderen Städten zum Erfolg geführt hat.“

Im Februar 2020 hat die Krankheit einen Namen: Covid-19 oder Corona. Es sind bereits zahlreiche Menschen in China gestorben, Zehntausende infiziert und die WHO spricht inzwischen von einer weltweiten Pandemie. Im Kampf gegen die Krankheit setzt man auf Fortschritte bei der Diagnose, bei der Therapie und bei der schnellen Suche nach einem Impfstoff.

Ende Februar tagte zum ersten Mal der Krisenstab der Bundesregierung. Im März steigen die Infektionszahlen rasant. Es gibt Reisewarnungen, Absagen von Veranstaltungen und die Empfehlung zur Kontaktbeschränkung. Ab Mitte März ruhte dann das gesamte öffentliche Leben. Schulen und Kitas sind ebenso geschlossen wie Geschäfte und Restaurants. Es finden keine Veranstaltungen mehr statt. Alles, was danach kommt, haben wir alle noch in Erinnerung.

Warum dieser Rückblick? - Weil ich sie noch einmal an diese Situation von damals erinnern wollte: eine weltweite Pandemie mit einem neuartigen und noch völlig unerforschten Virus, deren Verlauf man nicht kennt. Das Virus forderte viele Todesopfer. Wir alle haben noch die Bilder aus der Presse vor uns, aus Italien und Spanien. Und es gab keinen Impfstoff. Unter diesen Bedingungen wurden auch Entscheidungen getroffen, die man, ja, aus heutigem Blickwinkel, zwei Jahre später, und mit dem heutigen Wissen kritisieren darf. Aber hinterher ist man immer schlauer.

Vielleicht sind nicht alle Maßnahmen zum damaligen Zeitpunkt auch richtig gewesen. Einige kamen zu spät, wie das Maskentragen, andere waren viel zu streng, wenn wir an die Alten- und Pflegeeinrichtungen denken, aber auch an die Einrichtungen der Behindertenhilfe. Sie dauerten zu lange, wie auch die Kita- und Schulschließungen.

Aber keine dieser Entscheidungen wurde leichtfertig getroffen oder in der Absicht, Menschen zu schaden oder sie auszuschließen. Im Gegenteil: Den Menschen galt der Schutz, vor allem den vulnerablen Gruppen. Ich kann mich an eine Sozialausschusssitzung erinnern, in der unsere Ministerin Frau Petra Grimm-Benne sagte, wie schwer ihr die Entscheidung gefallen ist, gerade die Kindergärten schließen zu müssen.

Heute leben wir viel besser mit dem Virus. Ja, wir leben mit dem Virus; einige leugnen das noch immer. Aber die allermeisten von uns haben inzwischen die Krankheit durchlebt oder sind geimpft.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Coronapandemie war verheerend für uns alle, für jene, die Angehörige verloren haben, für die Wirtschaft, für die Kultur, aber vor allem für unsere Jüngsten. Mit den Kita- und Schulschließungen fehlten Freunde, der Austausch, das gemeinsame Spielen, der Sportverein und vor allem die Bewegung, das Lernen und auch das Wissen. Entstanden sind Zukunftsängste und Leistungsdruck, die psychischen und physischen Belastungen nahmen zu. Viele Kinder weisen bis heute Defizite in der sprachlichen, der motorischen und der psychosozialen Entwicklung auf. Es gibt Verhaltensauffälligkeiten, Bewegungsmangel und vor allem   das macht mir sehr großes Kopfzerbrechen   eine Zunahme von übergewichtigen Kindern, was aus einem erhöhten Medienkonsum resultiert.

Das ist besorgniserregend. Daher hat der Bund das 2-Milliarden-€-Programm   es wurde schon angesprochen; ich möchte es trotzdem noch einmal nennen   „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ für die Jahre 2021 bis 2022 aufgelegt. Das Programm wurde in Sachsen-Anhalt im Bildungsministerium und im Sozialministerium zur Behebung von Lernrückständen umgesetzt. Es gab aber auch externe Angebote für zusätzliche Lernangebote wie Lerncamps, für Schwimmgutscheine und für Sportcamps. Das Sozialministerium verwendete die Mittel für die Sprach-Kitas, die Frühen Hilfen, Familien- und Ferienfreizeiten, Kinder- und Jugendfreizeiten, den Kinderfreizeitbonus und das Engagement in den Vereinen. Damit konnte viel erreicht werden. Aber die Folgen der Pandemie   das wissen wir   wirken lange nach.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Gensecke, wir haben die Uhr vorhin ein bisschen zu spät angestellt. Sie sind deswegen schon über Ihre Redezeit hinaus. Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Tobias Rausch, AfD: Ein Satz noch!)


Katrin Gensecke (SPD): 

Ein Satz. - All die Dinge sind auch schon angesprochen worden. Auch wir lehnen den Antrag ab. - Vielen Dank. 

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU)