Tagesordnungspunkt 23
Beratung
Technisierungsstrategie als Zuwanderungsvermeidungsstrategie
Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/1844
Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/1893
Einbringen wird den AfD-Antrag Herr Dr. Jan Moldenhauer. - Herr Dr. Moldenhauer, bitte.
Dr. Jan Moldenhauer (AfD):
Ich warte noch auf die Zeitanzeige.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Bitte, Herr Dr. Moldenhauer.
Dr. Jan Moldenhauer (AfD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Zu der Frage, wie ein bereits bestehender oder zukünftiger Fachkräftemangel in Sachsen-Anhalt wirksam bekämpft werden soll, hat sich die AfD-Fraktion seit jeher klar positioniert, und zwar wie folgt. Erste Priorität. Die jungen Sachsen-Anhalter, also unsere Zukunft, sollen ordentlich ausgebildet und nach ihrem Berufsabschluss im Land gehalten werden. Außerdem sollen arbeitslose Sachsen-Anhalter weiterqualifiziert und in Arbeit gebracht werden.
Zweite Priorität. Deutsche Fachkräfte aus anderen Bundesländern sollen mit monetären und nichtmonetären Anreizen nach Sachsen-Anhalt gelockt werden. Außerdem sollen ausgewanderte deutsche Fachkräfte mit einem Remigrationsprogramm aus dem Ausland nach Sachsen-Anhalt zurückgeholt werden.
Nun zur dritten Priorität. Damit sind wir bei dem vorliegenden Antrag. Wir fordern die Entwicklung einer Technisierungsstrategie, um einem Fachkräftemangel, der nicht mit den zuvor beschriebenen Maßnahmen behoben werden kann, vorzubeugen. Dazu vorab die folgende Anmerkung. An unserer Prioritätensetzung lässt sich unschwer erkennen, dass es uns nicht darum geht, Arbeitsplätze zum Schaden einheimischer Arbeitnehmer wegzurationalisieren. Kein Sachsen-Anhalter soll dadurch seine Arbeit verlieren.
(Zustimmung bei der AfD)
Diese Feststellung ist uns wichtig. Schließlich wird die Technisierung in der öffentlichen Berichterstattung mitunter als Bedrohung, nicht aber als Chance für unser Land dargestellt.
Warum müssen wir heute über die Technisierung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels sprechen? - Die Hauptursache dafür liegt in der desaströsen Familienpolitik der Altparteien in den vergangenen Jahrzehnten. Aufgrund der daraus resultierenden demografischen Katastrophe müssen wir zumindest bis zur Einleitung der von uns geforderten demografischen Kehrtwende alternative Strategien zur Vermeidung eines Fachkräftemangels verfolgen. Dabei sind Maßnahmen zur Technisierung ein integraler Bestandteil, und zwar aus folgenden Gründen: Erstens können technische Hilfsmittel dazu beitragen, dass ältere Arbeiter länger im Arbeitsleben verbleiben können.
Zweitens können einheimische Arbeitskräfte mit technischen Hilfsmitteln in die Lage versetzt werden, komplexe Arbeitsaufgaben zu bewältigen, zu denen sie ansonsten nicht befähigt wären.
Drittens können Arbeitsplätze, die bspw. nach dem Renteneintritt aufgrund fehlender Fachkräfte nicht neu besetzt werden können, durch Automation substituiert, also ersetzt werden.
Warum sprechen wir in der Überschrift unseres Antrages von einer Technisierungsstrategie als Zuwanderungsvermeidungsstrategie? - Wir tun das, weil wir beim Thema Zuwanderung vor allem auch ethische Aspekte berücksichtigen. Im Gegensatz zu den Altparteien sehen wir außereuropäische Zuwanderung im großen Stil nicht als Beitrag zur Lösung des Fachkräfteproblems. Dabei berufen wir uns unter anderem auf die Forschungsergebnisse des Migrationsforschers Paul Collier von der Universität Oxford. Collier zufolge sind hoch qualifizierte Arbeitskräfte in Entwicklungs- und in Schwellenländern nur in geringer Zahl vorhanden. Nach ihrer Auswanderung in westliche Industrieländer wie Deutschland fehlen sie dann auf dem heimischen Arbeitsmarkt. Dadurch wird ein verhängnisvoller Prozess in Gang gesetzt, den ich nachfolgend beschreibe.
Bekanntlich wanderten deutsche Fachkräfte in den vergangenen Jahrzehnten millionenfach in echte Einwanderungsländer wie Kanada, die USA oder Australien aus. Als Reaktion darauf wollen die Altparteien bei ihrer rastlosen Suche nach billigen Fachkräften nun die Arbeitsmärkte in außereuropäischen Entwicklungs- und Schwellenländern abgrasen. Aufgrund des dadurch entstehenden Fachkräftemangels vor Ort geraten diese Entwicklungs- und Schwellenländer in eine wirtschaftliche Schieflage. Daraus resultiert dann eine massenhafte Armuts- und Unterschichtenzuwanderung in das Sozialstaatsparadies Deutschland.
Infolge dieser globalistischen Migrationsagenda wird der Produktionsfaktor Mensch zur willkürlichen Verschiebemasse. Und genau dieser menschenfeindlichen Politik will die AfD-Fraktion einen Riegel vorschieben.
(Beifall bei der AfD)
Wir wollen diesen durch eine neoliberale Migrationspolitik entfesselten Teufelskreis durchbrechen. Wir fordern Technisierungsmaßnahmen als Alternative zu massenhafter und kulturfremder Zuwanderung.
Ein Blick nach Japan zeigt, dass Technisierung nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis zur Entlastung eines Arbeitsmarktes mit knapp bemessenem Angebot beitragen kann. Schließlich gilt dieses demokratische und exportorientierte Industrieland seit jeher als Pionier der Automation. Japan betreibt seit den 1980er-Jahren eine konsequente Technisierungspolitik. Gleichzeitig richtet das Land sein Augenmerk größtenteils auf den einheimischen und nur in geringem Maße auf den internationalen Arbeitsmarkt.
Dieser Ansatz ist nicht nur, wie eben beschrieben, aus ethischen, sondern auch aus wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten sinnvoll.
Durch das bewusst knappgehaltene Arbeitsmarktangebot setzte und setzt Japan Produktivitäts-, Innovations-, Technisierungs- und Digitalisierungsanreize, die auch der deutschen Volkswirtschaft gut zu Gesicht stehen würden.
(Zustimmung bei der AfD)
In diesem Kontext äußert sich Martin Ruskowski vom Deutschen Forschungszentrum für künstliche Intelligenz wie folgt - ich zitiere :
„Schauen Sie auf die technische Entwicklung und die demografische Entwicklung in vielen Industrienationen. Nur die Volkswirtschaften, die die Digitalisierung und Automatisierung schnell umsetzen, werden am Markt überleben.“
Des Weiteren zitiere ich den Wirtschaftsexperten und Strategieberater Daniel Stelter. Dieser äußert sich wie folgt:
„Die Produktivitätszuwächse haben zuletzt nicht nur hierzulande, sondern weltweit abgenommen. Auch andere Länder haben ähnliche demografische Probleme. Sie werden versuchen, ihre Wettbewerbsfähigkeit über Automatisierung zu sichern.“
Deutschland müsse mitziehen, so Stelter. Weiter sagt er:
„Ansonsten ist unser Sozialstaat mit all seinen Versprechungen künftig nicht im Ansatz zu finanzieren. […] In Japan etwas gibt es Roboter in vielen unterschiedlichen Branchen. Deutschland hat zwar formal eine hohe Zahl, aber vor allem in der Automobilindustrie. Insgesamt besteht in vielen Branchen ein großer Nachholbedarf.“
Im europäischen Vergleich ist die deutsche Wirtschaft zwar am stärksten automatisiert. Im Vergleich zu Japan hat die Bundesrepublik jedoch wie eben beschrieben erheblichen Nachholbedarf. Das gilt insbesondere auch für Sachsen-Anhalt. Schließlich ist unsere hiesige Wirtschaft vor allem durch kleine und mittelständische Unternehmen geprägt.
Im Gegensatz zu zahlreichen deutschen Großunternehmen verfolgen viele kleine und mittelständische Unternehmen noch keine zielgerichtete Technisierungsstrategie. Darum besteht gerade in Sachsen-Anhalt ein erhebliches Potenzial zur Entlastung des Arbeitsmarktes. Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung können in Sachsen-Anhalt bis zum Jahre 2030 bis zu 110 000 Arbeitsplätze durch Technisierung ersetzt werden.
Die AfD-Fraktion unterstützt entsprechende Technisierungen allerdings nur und wirklich nur dann, wenn dadurch jene Arbeitsplätze ersetzt werden, die aufgrund der demografischen Katastrophe absehbar nicht mit einheimischen Arbeitskräften besetzt werden können. An diese Voraussetzung sollen die folgenden Maßnahmen geknüpft werden.
Erstens sollen kleine und mittelständische Unternehmen zur Schließung einer Fachkräftelücke durch Technisierung Fördermittel beantragen können.
Zweitens sollen förderfähige Unternehmen ergänzend durch die Vergabe zinsgünstiger Kredite unterstützt werden.
Drittens sollen Unternehmen durch eine Technisierungskampagne auf die zuvor beschriebenen Fördermöglichkeiten hingewiesen und ggf. kostenfrei beraten werden.
Dass an dieser Stelle massiver Handlungsbedarf besteht, bestätigt der Chefvolkswirt der VP Bank Thomas Gitzel. Ich zitiere:
„Da haben wir auf der anderen Seite den kleineren Mittelstand, für den Industrie 4.0. fast noch ein Fremdwort ist. Der kleine Mittelstand hinkt hier den Trends einfach noch ein gutes Stück hinterher“.
Dieses Hinterherhinken begründet der Chefvolkswirt insbesondere mit den finanziellen Belastungen zur Umrüstung. Hiergegen sollen die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen Abhilfe schaffen. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der AfD)